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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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fuhr er fort, »ein gründlicher Mensch, das zeigt sich ja auch bei der Betrachtung seines physikalisch-biologisch-chemischen Werkes. Er erkannte daher sehr bald, daß am Beginn dieser seiner kommunikationswissenschaftlichen Untersuchung die geistige Erfassung des theoretischen Überbaus liegen mußte. Er klassifizierte also seine weitere Vorgangsweise nach der jeweiligen Betrachtungsweise, die einer Antwortfindung zugrunde liegen mußte.
    Mit wissenschaftlichem Scharfblick erkannte er, daß sich bei allem, was ihm an ›Öffentlicher Meinung‹ gegenübergetreten war, immer wieder um eine …« – D’Ummél trat an seine Elektronikwand, schob eine Diskette in den Schlitz, drückte EXECUTE – »… a) gesellschaftstheoretische, und … b) sozialpsychologische Betrachtungsweise.«
    a) Gesellschaftstheoretische Sicht
    erschien in überdimensionalen Lettern auf dem Bildschirm hoch über ihm, und
    b) Sozialpsychologische Sicht.
    Die Studenten notierten eifrig. »Aus a) …« – D’Ummél unterstrich seine Worte, indem er beschwörend auf den Bildschirm wies – »aus a), der gesellschaftstheoretischen Sicht, stellte sich ihm die ›Öffentliche Meinung‹ als ein Element des politischen Systems dar – wir sehen, wie früh sich das bereits entwickelt hat. Die ›Öffentliche Meinung‹ also als ›Ausdruck des Volkswillens‹, wie das so schön genannt wurde, der von den Herrschenden als mehr oder weniger gewichtige Entscheidungsgrundlage in Betracht gezogen wurde. Ich gebe Ihnen auch dazu gerne einen Literaturhinweis …« – wieder tippte er etwas in seine Schaltwand – »zum bereits erwähnten Korreferat gibt es die ›Überarbeitete Fassung eines Korreferats zu Elisabeth Noelle-Neumann‹, Sie finden das ebenso unter dem Titel ›Öffentliche Meinung als wissenschaftlicher Begriff‹, gehalten auf der Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft und der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in Zürich am 7. und 8. Mai 1981. Für Frankenstein, den baronalen Erben, war dieser Aspekt der ›Öffentlichen Meinung‹ selbstverständlich ein lange zu vernachlässigender Faktor gewesen. Wie nämlich schon die Begriffsgeschichte zeigt, wurde erst mit der Entwicklung der Demokratiemodelle und dem Wandel der realen gesellschaftlichen Herrschaftsformen eine allgemeingültige Umschreibung der ›Öffentlichen Meinung‹ problematisch.« – Wieder tippte er etwas in seine Schaltwand: Habermas, Jürgen, flammte grün auf Grau auf, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied/Berlin 1962. Otto, Ulla, Die Problematik des Begriffs der Öffentlichen Meinung, in: Publizistik 11 (1966) S. 99-130.
    »Frankenstein kam nie auch nur in die Nähe einer Gefahr, sich mit einer – mit irgendeiner! – Art von ›Öffentlichkeit‹ auseinandersetzen zu müssen: zu hoch thronte sein Geschlecht über der Masse des Volks, zu wenig konnte das Volk – dem gegebenenfalls ja nicht nur Strafen hier auf Erden drohten, sondern gleichzeitig auch ewige Verdammnis im Jenseits – von ihm ›Antworten‹ oder gar ›Verantwortung‹ fordern.
    Sowohl Bürgertum als auch -meister waren stets fest in der Hand derer von Frankenstein, und gerade diese aufsteigende Schicht des Bürgertums war im 18. Jahrhundert und in der ländlichen Kommune derer von Frankenstein auch noch später aufgrund ihres wirtschaftlichen und kulturellen Führungsanspruchs und ihrer relativ homogenen ideologischen Position eindeutig als Träger der ›Öffentlichen Meinung‹ zu identifizieren. Sie finden das …« – er deutete nach oben – »bei Habermas, Jürgen, und Otto, Ulla.
    Dasselbe Problem stellte sich – Sie werden dies, wie Sie dem Anschlag und Ihrem Vorlesungsverzeichnis vielleicht schon entnommen haben, in einer weiteren Untersuchung zum Thema ›Öffentliche Meinung‹, da aber noch deutlicher hinsichtlich der Manipulation derselben, bereits in Kürze hier an diesem Ort hören dürfen – dem Grafen Dracula: Auch er wurde, da er seine Leute fest in der Hand hatte, in einer bestimmten Phase seines Wirkens ausschließlich von ignoranten Ausländern, insbesondere Engländern, belästigt.
    Für Frankenstein also, um das völlig klarzustellen, ergab sich mit dem Begriff ›Öffentliche Meinung‹ erst dann ein unüberbrückbares Maß an Schwierigkeit, als seine Schöpfung Unheil stiftete, als also zutiefst irrationale Elemente wie Rache, Haß, Furcht und so weiter ins Spiel kamen.
    Und noch etwas

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