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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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ihm liegt, schwenkt er nach links ab. Ein paar Meilen weiter taucht Ediths weiß-rotes Haus auf, beinahe genau auf der Grenze zwischen Manitoba und Saskatchewan.
    Edith öffnet ihm selbst. John folgt ihr in den Salon und setzt sich neben sie auf das Sofa. Edith lächelt. John ergreift ihre Hand und streichelt sie.
    »Edith«, fängt er an. Aber er weiß nicht, was er sagen soll. Deshalb spricht er vom Wetter, der Kälte, dem Schnee, der bald fallen wird.
    »Ja«, bestätigt Edith. »Viktor mag den Schnee. Aber wir werden trotzdem nicht ausgehen.«
    John beobachtet sie aufmerksam. Ihre Augen sind klar und lebhaft. Sie hat nicht den schlaffen, leeren Gesichtsausdruck der Wahnsinnigen.
    »Es geht dir doch gut?« Er spricht mit ihr wie mit einem Kind. »Wenn du etwas brauchst, sag es mir!«
    »O nein, es ist alles in Ordnung«, antwortet Edith und greift mit der freien Hand nach ihren Haaren. »Auch Viktor geht es gut. Du erkundigst dich nie nach ihm.«
    John räuspert sich. »Du hast recht, Edith. Wie geht es Viktor?«
    Das Gesicht der Frau leuchtet auf. »Sehr gut, John.«
    Jetzt klingt ihre Stimme glücklich, weich und melodisch. »Ach John, besuch ihn doch! Er ist drüben im Studio und würde sich sehr freuen, dich zu sehen.«
    Es ist immer das gleiche, jedes Mal, wenn er sie besucht. In einem bestimmten Augenblick erfolgt die absurde, unsinnige Aufforderung: mit Viktor sprechen, Viktor die Hand geben, die sinnlose, erbärmliche Komödie mitspielen.
    »Nur zwei Minuten«, sagt er widerstrebend.
    Viktors Studio befindet sich am Ende des Korridors.
    »Vik«, sagt Edith, als sie eintreten, »sieh doch, wer dich besucht!«
    Eine große, breitschultrige, kräftige Gestalt, die sich langsam umwendet. Er hält einen merkwürdigen Gegenstand in den Händen, John kann nicht genau erkennen, was es ist.
    »Wie geht es dir, Viktor?« Er spricht gezwungen, seine Stimme hat auf einmal einen fremden Klang.
    Viktor legt den Gegenstand auf den Tisch und streckt ihm die Hand entgegen. Sie ist warm und trocken, während Johns Hand vor Aufregung schweißnaß ist. Er bemerkt, daß Viktor sich die Hand an der Hose abwischt. Eine unangenehme Reaktion, aber John versucht, nicht daran zu denken.
    »Was tust du da, Viktor?« fragt er, indem er auf den Gegenstand auf dem Tisch zeigt.
    »Nichts …«
    Viktor greift wieder nach dem Gegenstand. Er sieht aus wie eine kleine Schwimmweste aus Plastik.
    »Was ist es denn?« fragt John.
    »Geometrisch gesehen handelt es sich um einen Torus.«
    »Vik befaßt sich mit Topologie«, erklärt Edith. Auf dem Tisch befinden sich noch weitere Gegenstände. »Das hier ist die Klein’sche Flasche, und das da … Vik, erklär du John, was das ist!«
    Edith hat einen langen, verschlungenen Ring in die Hand genommen, einen Papierstreifen, dessen Enden zusammengeklebt sind, aber verdreht. Viktor nimmt ihn ihr sanft aus der Hand, greift nach einer Schere und beginnt, den Streifen der Länge nach zu zerschneiden.
    »Es ist eine Möbiusschleife«, sagt er. »Sie hat nur eine Oberfläche.«
    Als Viktor fertig ist, hat er statt zwei getrennten Ringen einen einzigen in der Hand, der nur halb so breit, aber doppelt so lang ist wie der ursprüngliche.
    Viktor lächelt. John mustert verlegen den langen Papierstreifen. Er fühlt sich bei dem Zauberkunststück unbehaglich, nicht Edith gegenüber, sondern … Mein Gott, denkt er, ich nehme ja das Ganze zu ernst.
    Er sieht sich um. Im Kamin brennt ein Feuer, es ist viel zu warm im Raum.
    »Warum hast du Feuer gemacht?« fragt er Edith. »Funktioniert die Heizung vielleicht nicht?«
    »O nein, aber der Kamin ist gemütlicher. Und außerdem hat Viktor es gern.«
    Edith tritt zum Kamin, ergreift eine kurze, scharf geschliffene Axt und spaltet ein Holzscheit.
    »Hör mal, Edith, können wir nicht in den Salon zurückgehen? Ich …«
    John wirft Viktor einen Blick zu und senkt unwillkürlich die Stimme: »Ich muß mit dir sprechen, Edith.«
     
    Sobald sie wieder allein sind, bricht es aus John heraus: »Edith! So kann es nicht weitergehen.«
    Stille. Der Blick der Frau ist auf einen unsichtbaren Punkt auf der gegenüberliegenden Wand gerichtet.
    »Du wirst noch den Verstand verlieren«, fährt John fort. »Du sprichst mit ihm, lächelst ihm zu, behandelst diesen Dingsda, als wäre er … Edith! Warum willst du dich nicht damit abfinden? Dein Mann ist tot. Wie lange, glaubst du, kannst du so weitermachen? Viktor ist tot, verstehst du mich? Er ist tot!«
    Edith zuckt mit keiner

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