Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
unserer Abreise war ich mit Anna und Kate im Garten. Es war nach wie vor schön. Anna hatte gerade, äh, wie soll ich sagen, eine Stelle aufgegeben und noch keine neue gefunden, und so hatten wir beide die vergangene Woche damit zugebracht, mit verschiedenen Bikini-Oberteilen und abgeschnittenen Shorts im Garten herumzuliegen, um braun zu werden.
    Ich hatte die Nase vorn. Meine Haut wurde leicht braun, die von Anna aber nicht. Dafür war Anna zierlich und zerbrechlich und sah im Bikini so bezaubernd aus, dass ich mir daneben wie eine Elefantenkuh vorkam. Ich war zwar nicht mehr dick, aber sie war so zartgliedrig, dass ich im Vergleich kolossal wirkte. Ich hatte nichts dagegen, kräftig zu sein, wollte aber nicht unbedingt aussehen wie eine Kugelstoßerin aus dem Ostblock.
    Wenn ich also im Bräunungskrieg die Oberhand behielt, war das nur recht und billig.
    Als die Gene verteilt wurden, hatte sie den zierlichen, schmalen Leib bekommen und ich die glatte, goldene Haut.
    Sie hatte dünne Beine, ich nicht. Ich hatte einen Busen, sie nicht. Gerechtigkeit muss sein.
    Unsere Aufmerksamkeit wurde mit einem Mal auf das Küchenfenster gelenkt. Mum hatte den Store gehoben, gestikulierte und klopfte an die Scheibe.
    »Was will sie?«, fragte Anna schläfrig.
    »Ich glaube, sie winkt uns«, sagte ich, während ich träge den Kopf von meiner Liege hob, um zu ihr hinzusehen.
    »Hallo«, sagten wir beide und wedelten müde mit den Armen. Mum klopfte weiter. Ihre Gesten wirkten jetzt viel heftiger und eindeutiger.
    »Geh du«, sagte ich zu Anna.
    »Ich kann nicht«, sagte sie. »Geh du.«
    »Ich bin zu müde«, sagte ich. »Du musst gehen.«
    »Nein, du«, sagte sie und schloss die Augen.
    Mum kam in den Garten marschiert.
    »Telefon, Claire!«, brüllte sie. »Und wenn ich das nächste Mal ans Fenster klopfe, kommst du rein. Ich tu das nicht für meine Gesundheit, musst du wissen.«
    »Tut mir leid, Mum.«
    »Pass auf Kate auf«, sagte ich zu Anna, während ich ins Haus rannte.
    »Hmmm«, knurrte sie.
    »Und reib sie noch mal gut mit Sonnenmilch ein«, rief ich über die Schulter.
    Als ich in die Küche stolperte, sah ich im Dämmerlicht des Hauses nach der grellen Sonne im Garten fast nichts.
    Ich nahm den Hörer in die Hand. »Hallo«, sagte ich.
    »Claire«, sagte James.
    »Ah, hallo, James«, sagte ich und fragte mich, was zum Teufel er wollte. Wenn er mich nicht anrief, um zu sagen, dass er die Wohnung verkauft hatte, wollte ich nichts von ihm hören.
    »Wie geht es dir?«, fragte er höflich.
    »Gut«, sagte ich kurz angebunden und hoffte, dass er schnell zur Sache kommen würde.
    »Claire«, sagte er mit großem Nachdruck. »Ich muss dir was sagen.«
    »Nur zu«, forderte ich ihn freundlich auf.
    »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, aber ich hab jemand kennengelernt.«
    »Oh«, sagte ich. »Und was soll ich jetzt sagen? Herzlichen Glückwunsch?«
    »Nicht nötig«, sagte er. »Aber ich dachte, ich sag es dir besser, weil du doch beim vorigen Mal so ein Theater gemacht hast.«
    Mit übermenschlicher Selbstbeherrschung brachte ich es fertig, nicht aufzulegen.
    »Vielen Dank, James«, sagte ich. »Sehr aufmerksam von dir. Wenn du jetzt bitte entschuldigen möchtest, ich muss aufhören.«
    »Aber willst du denn nicht alles über sie erfahren?«, sagte er rasch.
    »Nein«, sagte ich.
    »Macht es dir nichts aus?«, fragte er besorgt.
    »Nein.« Ich lachte.
    »Sie ist viel jünger als du«, sagte er anzüglich. »Erst zweiundzwanzig.«
    »Gut für dich«, sagte ich gelassen.
    »Sie heißt Rita«, sagte er.
    »Hübscher Name«, erklärte ich.
    »Sie ist Versicherungskauffrau«, sagte er. Es klang ein wenig verzweifelt.
    »Wie wunderbar«, rief ich aus. »Da habt ihr bestimmt viel gemeinsam!«
    »Was zum Teufel stimmt mit dir nicht?«, brüllte er.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, gab ich zurück.
    »Warum tust du so, als wär dir das alles egal?«, donnerte er. »Ich hab dir gerade erzählt, dass ich eine neue Freundin habe.«
    »Ich nehme an, dass ich deshalb so tue, als wäre mir das alles egal, weil es mir tatsächlich egal ist«, war das Einzige, was mir einfiel. »Ach, übrigens, James«, fuhr ich fort.
    »Ja?«, sagte er hoffnungsvoll.
    »Kate geht es gut«, sagte ich. »Ich hoffe, das hast du nur aus Versehen nicht gefragt. Jetzt muss ich aufhören. Großartige Neuigkeit! Ich freu mich für dich. Hoffentlich ist die Sache von Dauer und so weiter. Tschüs.« Ich knallte den Hörer auf die Gabel.
    Wie erbärmlich! Was

Weitere Kostenlose Bücher