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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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war.
    »Die sind mit dem Zeug aus der Mikrowelle vollkommen zufrieden«, fuhr sie fort. »Du kennst doch hoffentlich den Spruch ›Was nicht kaputt ist, muss man auch nicht reparieren‹?«
    Sie tippte auf ein Zellophantütchen mit frischen Basilikumblättern, das sie misstrauisch herumdrehte: »Was ist das?«
    »Basilikum, Mum«, sagte ich und eilte an ihr vorbei, um Pinienkerne im Schrank zu verstauen.
    »Und wozu sind die gut?«, fragte sie mit einem Blick, als wären die Blätter radioaktiv.
    »Es ist ein Gewürz«, antwortete ich geduldig. Arme Mum. Ich konnte verstehen, wie unsicher und bedroht sie sich fühlte.
    »Besonders weit kann es mit dem Würzen ja nicht her sein, wenn die das nicht mal in ein Glas tun können«, folgerte sie triumphierend.
    Und wenn sie sich zehnmal unsicher und bedroht fühlt, sie sollte keine so dicke Lippe riskieren, dachte ich erzürnt.
    Sofort tat mir das wieder leid. Zum Teufel, ich war fast glücklich, doch war das kein Grund, auf den anderen herumzuhacken oder ihnen feindselig gegenüberzutreten.
    »Mach dir keine Sorgen, Mum«, sagte ich in sanfterem Ton. »Ich mach nichts Besonderes. Es würde mich gar nicht wundern, wenn die den Unterschied zu dem tiefgefrorenen Zeug nicht mal merken.«
    »Vielleicht machst du es heute mal nicht so großartig wie sonst«, sagte sie schmeichelnd.
    »Mal sehen«, erwiderte ich freundlich. Ich öffnete und schloss Schränke, um zusammenzusuchen, was ich für die Basilikumsauce brauchte.
    Bald zeigte sich, dass unsere Küche, von Kühlschrank, Gefrierschrank und Mikrowellenherd abgesehen, in jeder Hinsicht den Anschluss an die Gegenwart verpasst hatte.
    Es war, als wäre ich wie Alice im Wunderland durch einen schmuddeligen Spiegel geschritten oder als hätte mich eine Flutwelle in ein abgelegenes Tal gespült, das nicht die geringste Beziehung zur Außenwelt hatte.
    Einer der Schränke enthielt einen riesigen, schweren, beigefarbenen Keramik-Mörser, auf dem über zwei Zentimeter dick der Staub lag. Er sah völlig unbenutzt aus. Ich schätzte, dass ihn meine Mutter vor fast dreißig Jahren als Hochzeitsgeschenk bekommen hatte.
    Außerdem fand sich da ein bezaubernder Schneebesen – aus der Bronzezeit, wenn er nicht noch älter war. Angesichts seines ehrwürdigen Alters war er in ausgezeichnetem Zustand.
    Sogar ein Kochbuch von 1952 fand sich, in dessen Rezepten noch Eipulver auftauchte und auf dessen verblassten sepiafarbenen Abbildungen sich viktorianische Sandwiches in allen Variationen darboten. Absolut prähistorisch.
    Es hätte mich nicht im Geringsten gewundert, wenn ein paar Dinosaurier durch die Küchentür gestapft gekommen wären, im Stehen ein Butterbrot und ein Glas Milch verzehrt, Teller und Glas in die Spülmaschine gestellt, mir freundlich zugenickt hätten und wieder hinausgestapft wären.
    Schmerz durchzuckte mich beim Gedanken an meine nach dem neuesten Stand der Technik ausgestattete Londoner Küche. Mein Schnellmix, der alles konnte, außer lustige Geschichten erzählen, mein Entsafter, der nicht einfach eine elektrische Zitruspresse war, sondern wirklich aus jedem Obst Saft machte. So etwas hätte ich jetzt gut brauchen können.
    »Hast du denn überhaupt nichts zum Zerkleinern?«, fragte ich meine Mutter verzweifelt.
    »Wie wäre es damit?«, fragte sie unsicher. Mit diesen Worten hielt sie mir einen Eierschneider hin, der noch originalverpackt war.
    »Danke, Mum, das nicht«, seufzte ich. »Womit soll ich das Basilikum hacken?«
    »Ich hab das hier früher immer ganz nützlich gefunden«, sagte sie mit leicht sarkastischem Unterton; offensichtlich hatte sie von meinem hochgestochenen Getue allmählich genug. »Man nennt es ein Messer. Wenn wir lange genug herumtelefonieren, finden wir bestimmt einen Laden in Dublin, der so was führt.«
    Zerknirscht nahm ich es entgegen und begann das Basilikum feinzuhacken.
    »Und was machst du damit?«, fragte meine Mutter, die sich hingesetzt hatte, um mir halb vorwurfsvoll, halb fasziniert zuzusehen, als könne sie nicht glauben, dass in ihrer Küche etwas so Ausgefallenes wie Kochen vor sich gehe.
    »Eine Basilikumsauce zu den Spaghetti«, sagte ich, während ich weiterhackte. »Man nennt sie auch Pesto.«
    Sie saß schweigend da und sah mir bei der Arbeit zu. Nach einer Weile fragte sie, offensichtlich gegen ihre eigentliche Absicht: »Und was kommt da rein?«
    »Basilikum, Olivenöl, Pinienkerne, Parmesan und Knoblauch«, antwortete ich gelassen und nüchtern. Ich wollte sie nicht

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