Wassermelone: Roman (German Edition)
beunruhigen.
»Aha«, murmelte sie und nickte wissend, als hätte sie täglich mit diesen Zutaten zu tun.
»Als Erstes wird das Basilikum sehr fein gehackt«, erklärte ich ihr, ungefähr so, wie ein Chirurg seinem Patienten erklärt, wie er sich die dreifache Bypass-Operation vorzustellen habe. Freundlich, gründlich, ohne jede Geheimnistuerei.
(»Als Erstes durchtrenne ich Ihr Brustbein.«)
»Dann gebe ich das Olivenöl zu«, fuhr ich fort.
(»Dann öffne ich Ihren Brustkorb.«)
»Dann zerkleinere ich die Pinienkerne hier aus der Tüte«, sagte ich und raschelte mit den Kernen.
(»Als Nächstes entnehme ich Ihrem Bein einige Venen – sehen Sie es sich einmal auf der Abbildung an.«)
»Schließlich füge ich den zerstoßenen Knoblauch und den Parmesan hinzu«, endete ich. »Ganz einfach!«
(»Zum Schluss nähen wir wieder alles zusammen, und in einem Monat können Sie jeden Tag drei Kilometer gehen!«)
Meine Mutter schien all diese Erklärungen recht gelassen aufzunehmen. Ich war stolz auf sie.
»Nimm nicht zu viel Knoblauch«, sagte sie. »Es ist auch so schon schwer genug, dass Anna nach Hause kommt. Wir wollen dem armen kleinen Vampir nicht den Eindruck vermitteln, dass wir es auf sie abgesehen haben.«
»Anna ist kein Vampir.« Ich lachte.
»Woher willst du das wissen?«, fragte meine Mutter. »Jedenfalls sieht sie oft ganz so aus, mit ihren langen Haaren, den scheußlichen langen lila Kleidern und dem grauenhaften Make-up. Kannst du nicht mal mit ihr reden, damit sie sich ein bisschen netter herrichtet?«
»Aber sie sieht doch aus, wie sie ist«, antwortete ich, während ich das Basilikum in eine Schüssel gab. »Wenn sie anders aussähe, wäre sie nicht Anna.«
»Ich weiß«, seufzte meine Mutter. »Aber wie sie rumläuft. Bestimmt glauben die Nachbarn, dass wir dem Kind nichts zum Anziehen kaufen. Sie sieht aus wie eine Landstreicherin. Und diese Schuhe! Am liebsten würde ich sie wegwerfen.«
»Tu das bloß nicht, Mum«, sagte ich besorgt, denn ich war überzeugt, dass es Anna das Herz brechen würde, wenn sie ihre Doc Martens nicht mehr hätte, die sie so liebevoll mit Sonnenaufgängen und Blumen bemalt hatte.
Ich machte mir außerdem Gedanken, was Anna anziehen würde, wenn man ihre Stiefel fortwarf. Ich fürchtete um meine Schuhe.
»Mal sehen«, drohte meine Mutter finster. »Und was machst du jetzt?«
»Ich gebe das Olivenöl hinzu«, erklärte ich.
»Wieso hast du Öl gekauft?«, wollte sie wissen. Offensichtlich war sie überzeugt, dass ihre Töchter allesamt Idioten waren. »Die Ausgabe hättest du dir sparen können. Ich hab ’ne Flasche Öl, die ich für Pommes nehme.«
»Äh … danke. Beim nächsten Mal weiß ich Bescheid«, sagte ich.
Es war völlig sinnlos, ihr den Unterschied zwischen kaltgepresstem Olivenöl extra vergine aus der Toskana und schon zehnmal verwendetem billigem Sonnenblumenöl zu erklären, in dem verkohlte Kartoffelstückchen schwammen.
Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll, wenn es ums Essen geht, aber zum Teufel, man kann auch in der anderen Richtung übertreiben.
»Gut!«, sagte ich. »Jetzt das nächste Kunststück. Ich werde ohne Netz und doppelten Boden den Parmesan reiben.«
Ich nahm das große Stück Käse aus dem Kühlschrank, wo er so ziemlich alles andere in Angst und Schrecken versetzt hatte. Beim Anblick dieses exotischen Neuankömmlings hatten sich die Scheibletten-Packungen ängstlich an die Rückwand des Kühlschranks gedrängt.
Den Käse zu reiben war leichter gesagt als getan. Ich durchsuchte die ganze Küche, fand aber keine Reibe. Schließlich fand ich etwas, das einer Reibe ähnelte, auch wenn man es kaum zu dieser Familie zählen durfte. Es war nicht einmal eine halbrunde, die zumindest von selbst stehen kann, und schon gar keine elektrische. Es war einfach ein Stück Metall mit scharfen Kanten daran.
Wer den großen Käseklotz auf diesem vorsintflutlichen Gerät reiben wollte, musste geschicktere Hände haben als ich. Immer wieder rutschte ich ab und rieb einen beträchtlichen Teil meiner Knöchel zusammen mit dem Käse.
Während ich fluchte, gab meine Mutter missbilligende Laute von sich. Als schließlich der typische Duft des Parmesans die Küche zu füllen begann, schnaufte sie beunruhigt.
Aus der Diele ertönten Stimmen und Gelächter. Meine Mutter sah auf die Küchenuhr, deren Zeiger seit Weihnachten vor zwei Jahren unverrückbar auf zehn vor vier standen.
»Sie sind da«, sagte sie.
Obwohl es meinenVater einen Umweg
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