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Wasserwelten

Wasserwelten

Titel: Wasserwelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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zog an der Ankerleine und brach den Anker aus dem Grund. Dann setzte er sich auf eine Ducht. Der Mann hatte sich angezogen und sah blaß und müde aus. Sie saßen einander gegenüber, sie saßen reglos unter der sengenden Sonne, und die Strömung erfaßte das Boot und trieb es lautlos gegen die Halbinsel.
     
     
     
     
    Regeln für Taucher
     
    Dein Helm ist aus getriebenem Kupfer, er besteht aus dem Kopfstück und aus dem Schulterstück, die durch Schraubenbolzen miteinander verbunden werden. Damit kannst du schon irgendwie anstoßen. Dein Kopfstück hat vier luftdicht schließende Fenster ... Rechts ist das Luftauslaßventil ... Merk dir das ... es ist ein Überdruckventil, das du selbst betätigen kannst ... Wenn du sinken willst, drückst du mit dem Schädel auf den Knopf ... Wenn du raufwillst, drehst du an der Kapsel. Aber paß auf, daß du nicht das Helmventil öffnest, wenn ein Unterdruck da ist ... Wenn du bewußtlos wirst und das Helmventil mit dem Kopf offenhältst, kannst du ertrinken ... Und merk dir das: du mußt dich immer nach dem Boden richten ... Wenn du auf Sand arbeitest, oder auf Felsboden, dann darfst du nur wenig Luft im Anzug haben ... Wenn du Schlick unter den Füßen hast, mußt du mehr Luft drin haben, damit du immer etwas Auftrieb hast ... Und das wichtigste: wenn du unten arbeitest, fließt dein Blut schneller und du bekommst eine Menge Sauerstoff rein ... Der Stickstoff ist dein größter Feind, er hat schon viele fertiggemacht ... Sei vorsichtig beim Aufstieg ... das Runtergehen ist nicht so gefährlich wie der Aufstieg ... laß dich immer langsam rauf oder, wenn du schon oben warst, nochmals auf halbe Tiefe zurück …
    Die Nacht des Tauchers, 1954
     
     
     
     
    Er wälzte sich in das ölige, schwarze Wasser des Hafenbeckens, er drückte mit dem Kopf auf das Überdruckventil, er sank. Es ging langsam und sanft und ohne Geräusch, und als er hinaufsah, entdeckte er gegen das Licht die Silhouette des Prahms; er sah für kurze Zeit die Köpfe der Männer, die ihm nachstarrten, aber sie verschwanden, sie zerliefen, und jetzt wurde auch der Umriß des Prahms ungenau, wurde grob, und schließlich war nichts mehr da als die kalte, lichtlose Tiefe, ihr Schweigen und ihr Druck.
    Zuerst landete er neben der Bordwand, er tastete sich an ihr entlang, Hand über Hand, er suchte alles ab, aber er konnte kein Loch entdecken. Der Dampfer saß nahezu senkrecht auf Grund, es war keine große Beschädigung festzustellen, und der Mann dachte, daß der Dampfer sich selbst geflutet haben mußte. Und er ließ sich hinauftreiben zu den Aufbauten und zur Brücke, er wollte ins Kartenhaus rein, aber das Schott hatte sich versetzt, und er konnte es nicht aufbrechen. Und er schwebte wieder zurück auf das Deck des Dampfers, stieß gegen ein Luk, bückte sich und öffnete das Luk und lauschte hinab. Er spürte sein Herz und den Druck des Wassers, und er machte schnelle Schluckbewegungen, um den Druck des Wassers auszugleichen, dann tauchte er in das Luk ein. Er wußte, daß es der erste Laderaum war; obwohl er nichts sah, kannte er das Schiff, wußte jederzeit, wo er sich befand, er trug genau das Modell im Kopf, und das führteihn. Langsam ließ er sich hinab auf den Boden des vorderen Luks, schritt es aus, fühlte und spürte, und seine linke Hand glitt unentwegt über die Ladung, die linke Hand machte ihn sehend: er sah, obzwar er nichts sehen konnte, den grauen Berg von 15-cm-Granaten, liebevoll gestapelt, behutsam verteilt mit der unendlich gewissenhaften Sorgfalt, die man nur für 15-cm-Granaten aufbringt. Und Hinrichs wußte, daß sie hier nicht schneiden konnten. Sie würden einen Teil der Ladung mit Stahlnetzen bergen, sie würden den Dampfer mit Trossen unterfangen müssen, das war die einzige Möglichkeit.
    Der Mann im Strom , 1957
     
     
     
     
    Regeln für Taucher
     
    Merk dir eins: die 13-Meter-Tiefe ist die wichtigste Gren - ze für einen Taucher. Wenn du tiefer als 13 Meter runtergehst, mußt du besondere Vorsichtsmaßregeln treffen. Du darfst auf keinen Fall rasch an die Oberfläche zurück, sonst bist du bald fertig. In deinen Muskeln und Gelenken, in deinen Brust- und Bauchorganen bilden sich Blasen, und du kannst dir eine Sache wegholen, die dich in kurzer Zeit kaputtmacht. Wenn du über die kritische Tiefe hinabtauchst, darfst du keinen reinen Sauerstoff verwenden. Und paß auf: wenn du unten bist und du hörstdas klopfende Geräusch einer Schiffsschraube –, dann ist es der Puls

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