Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
kniff die Augen zusammen, als der Lauf des Gewehrs vor ihrem inneren Auge auftauchte. Stopp! Stopp! Stopp! Sie war nicht bereit, diesen Albtraum noch einmal zu durchleben.
„Sheridan?“, drängte Ned.
Zwischen ihren Brüsten bildeten sich Schweißperlen. „Ich … ich bin noch nicht wieder ganz da“, murmelte sie. „Vielleicht … vielleicht solltest du später noch einmal wiederkommen.“
Cain drehte sich um. Sie spürte, dass er sie aufmerksam beobachtete und mit seiner stillen, wachsamen Art die Situation einschätzte. Er hatte sich verändert, war reifer geworden, härter und kantiger und noch schroffer. Doch in seiner geheimnisvollen distanzierten Art war er ganz der Alte geblieben.
Ned begann, die Hutkrempen aufzurollen. „Wann?“, fragte er. „Ich bin mir nicht sicher, ob du dir dessen bewusst bist, aber dieses Krankenhaus ist siebzig Meilen von Whiterock entfernt, Darling …“
„Hör auf, sie Darling zu nennen!“, knurrte Cain. „Du willst doch nur nicht warten, weil du dann noch einmal fahren müsstest. Aber das Letzte, was sie braucht, ist, dass du sie unter Druck setzt. Es ist auch so schon schwer genug für sie.“
Sie war erleichtert, dass jemand Partei für sie ergriff. Aber Neds Ungeduld konnte sie ebenfalls verstehen. Er führte die Ermittlungen, und er erwartete von ihr, dass sie sich wie der Profi verhielt, als der sie sich ihm vorgestellt hatte – und nicht wie das Opfer, zu dem sie geworden war.
So beunruhigend und schmerzhaft es auch war: Sie musste sich in die verschwommenen Erinnerungsfetzen vertiefen, die den letzten Überfall umhüllten. Aber sie konnte keine Klarheit erzeugen, die nicht dort war. „Kannst du mir mehr erzählen, irgendwelche Einzelheiten, die mir auf die Sprünge helfen könnten?“, bat sie.
„Cain hat dich neben einem halb ausgehobenen Grab gefunden, im Wald in der Nähe seiner alten Blockhütte. Du warst so übel zugerichtet, dass er zuerst dachte, du seist tot.“
Seine Worte weckten tatsächlich ihre Erinnerungen. Sie konnte kaum noch atmen. „Ich … ich …“
Cain mischte sich ein. „Verdammt, Ned, gönn ihr eine Pause!“
Der Rest von Neds Fassade als guter alter Kumpel verschwand. „Damit du zuerst an sie rankommst?“, schnauzte er, und sein näselnder Akzent wurde stärker. „Damit du ihr Gedanken und Erinnerungen einpflanzen kannst, die nicht ihre eigenen sind? Zum Teufel, nein!“
Wenn Sheridan mehr sie selbst gewesen wäre, hätte sie argumentieren können, dass niemand ihre Erinnerung auf diese Weise manipulieren könnte. Die Wahrheit war da, sie war nur vorübergehend in ihrem Kopf gefangen. Aber sie fühlte sich zu schwach, um über irgendetwas zu streiten. „Ich brauche etwas Zeit“, murmelte sie.
Ned war nicht erfreut über ihre Antwort, aber der Großteil der Anspannung in dem Raum hatte nichts mit ihr zu tun. Ned und Cain schienen einander herauszufordern. Aber warum? Sie kannten sich seit der Highschool, aber sie hatten nie zusammen rumgehangen. Sie hatten kaum …
„Du hast sie geheiratet“, sagte Sheridan und hatte damit endlich ein kleines Rätsel gelöst.
Cain wusste genau, von wem sie sprach. Sein Gesichtsausdruck verriet es ihr. Aber Ned war immer noch so darauf aus, seine eigenen Antworten zu bekommen, dass er nicht so schnell schaltete. „Wie bitte?“, sagte er und runzelte die Stirn.
„Amy“, erklärte sie. „Tina Judd hat es mir geschrieben, ein Jahr nachdem ich die Stadt verlassen hatte.“ Bevor ihre Mutter von ihr verlangt hatte, selbst diese Verbindung zu lösen. „Sie sagte, Cain würde deine Schwester heiraten. Ihr beide seid Schwager …“
„Wir waren Schwager“, unterbrach Cain sie. „Amy und ich sind geschieden.“
Das überraschte Sheridan nicht. Amy war nie die Richtige für Cain gewesen. Sie war sich nicht sicher, ob überhaupt irgendeine Frau die richtige für ihn war. In jeder Beziehung übernahm er rasch den dominierenden Part, zumindest soweit sie mitbekommen hatte.
„Du bist nicht für die Ehe geschaffen.“ Kaum hatte sie das gesagt, begriff sie, dass sie das wahrscheinlich nicht laut hätte aussprechen sollen. Doch unter dem Einfluss der Medikamente hatte ihr Verstand ihren Mund nicht rechtzeitig gebremst. Und jetzt war es raus.
Cain sah sie an und hob eine Augenbraue, während Ned spöttisch auflachte. „Sie scheint dich besser zu kennen, als ich dachte.“
Egal, ob ihre Bemerkung passend gewesen war oder nicht: Sheridan war erleichtert, dass sie sich der
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