Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
sie könnte ihn an der Stimme wiedererkennen. Das musste es sein. Sie sah deutlich, dass er etwas sagen wollte. Die Art und Weise, wie er sie herumstieß und jede Gelegenheit nutzte, um ihr wehzutun, zeigte seine höhnische Verachtung.
„ Warum tun Sie das? Wer sind Sie?“, fragte sie.
Erfüllt von einem fast greifbaren Hass, starrte er sie mit funkelnden Augen an. Doch er antwortete immer noch nicht. 7,um zweiten Mal schlossen sich seine Hände um ihre Kehle und raubten ihr den Atem. Sie würde sterben. Sie … konnte … sich … nicht… befreien. Er … war … zu … stark. Keine …
Luft. KEINE … LUFT! Und dann ließ er sie los.
Keuchend geriet sie ins Taumeln. Er trat nach ihr und warf sie zu Boden. In diesem Moment begann sie zu kämpfen. Es war ihre einzige Chance. Sie benutzte vor allem ihre Füße und Zähne, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab. Sie setzte sogar ihren Kopf als Rammbock ein und schaffte es einmal, ihn damit aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Das war ihr einziger Sieg. Trotzdem gelang es ihr, sich zu befreien. Seit sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, hatte sie an dem Seil gezogen und gezerrt, mit dem er ihr die Hände auf den Rücken gefesselt hatte. Er glaubte, er könne ihr das antun und damit durchkommen? Nein! Sie kämpfte jeden Tag für die Rechte der Opfer. Sie war entschlossen, für ihr eigenes zu kämpfen und jedem Schlag zu widerstehen.
Und dann, wie durch ein Wunder, löste sich das Seil und fiel ab. Sie schnappte nach Luft – das war alles, wozu die Zeit reichte –, trat ihm, so kräftig sie konnte, ins Gesicht und machte einen Satz auf die Bäume zu.
Aber sie war nicht weit gekommen. Er erwischte sie an den Haaren und zerrte sie zurück. Und dann sprach er, doch es war so ein tiefes Brummen, dass sie die Stimme nicht erkannte. „Blöde Schlampe! Dafür wirst du bezahlen!“
Und sie hatte bezahlt, aber nicht so, wie sie erwartet hatte. Er versuchte nicht, sie zu vergewaltigen. Er begann nur, sie zu schlagen, und schien nicht wieder damit aufzuhören …
„Und? Weißt du’s?“ Ned holte sie zurück in die Gegenwart. „Willst du mir nicht antworten?“
Sheridan hatte zu zittern begonnen. Sie wollte sich dem nicht länger aussetzen. Aber sie musste. Wenn sie den Mann schnappen wollte, der ihr das angetan hatte, musste sie Ned mehr Informationen geben.
Wenn sie sich doch bloß an irgendein Detail über den Körper oder die Bewegungen des Angreifers erinnern könnte! Doch die ganze Episode verschwamm zu einem Furcht einflößenden Schleier. Er war einfach ein schwarz gekleideter Mann mittlerer Größe. „N…nein.“
„Woher willst du dann wissen, dass es nicht Cain war?“, fragte er.
Der Herzmonitor zeigte, wie sehr ihr Herz raste. Piep … piep … piep, piep, piep …
Cain telefonierte immer noch. Ich komme heute Abend vorbei und sehe mir den Generator mal an. Aber es kann spät werden …
„Ich werde darüber nachdenken“, versprach sie. Sie wünschte, der Lärm möge aufhören und dass sie wieder Luft bekäme. Dass Ned endlich verschwände. Ihre Kehle schmerzte, als hielten die Hände des Angreifers sie immer noch umklammert …
„Wann?“, drängte Ned. „Wann denkst du darüber nach?“
„Bald.“
Er verstärkte den Griff um ihren Arm. „Hör mir zu!“, sagte er, aber in diesem Moment betrat jemand das Zimmer. Eine Krankenschwester.
„Ist alles in Ordnung?“
Er ließ sie los. „Alles bestens. Ich habe nur versucht, ein paar Infos über den Überfall zu bekommen, der sie hierhergebracht hat.“
„Dafür ist es zu früh. Sie sollten sie noch nicht damit quälen.“
„Sie wollte selbst darüber reden“, sagte er, als Cain gerade auflegte.
Sheridan versuchte nicht, ihm zu widersprechen. Körperlich und emotional erschöpft, schaffte sie es nicht einmal mehr, die Augen zu öffnen.
„Es tut mir leid, aber ich muss Sie beide bitten, das Zimmer zu verlassen“, sagte die Krankenschwester.
„Ich schaue am Nachmittag noch einmal vorbei“, flüsterte Cain ihr zu.
Kurz darauf waren beide Männer fort. Die Schuhsohlen der Krankenschwester quietschten leise, als sie um das Bett herumging und das Laken gerade zog.
Die Anwesenheit und Sachlichkeit der Schwester beruhigten sie, und Sheridan ließ die Realität davongleiten. Das blendende Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel, schien zu verblassen, und Angst und Verwirrung lösten sich auf. Doch Ned musste noch einmal den Kopf ins Zimmer gesteckt haben, denn sie hörte erneut seine
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