Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
geschickt abgewehrt.
„Jemand könnte deine Hunde erschießen. Was machst du dann?“, wollte Amy von Cain wissen.
„Jeder, der meine Hunde erschießt, sollte besser beten, dass ich ihn nicht erwische.“
Ned berührte Sheridan am Arm. „Mit einem Wachmann wärst du sicherer.“
„Dein Arzt ist bereit, dich zu entlassen. Du brauchst Neds Erlaubnis nicht“, sagte Cain.
„Mein Bruder weiß, wovon er spricht.“ Die Verzweiflung in Amys Zügen erweckte beinahe Sheridans Mitleid. Diese Frau wollte Cain so sehr, dass sie nicht einmal ertrug, wenn er ihr, Sheridan, aus Mitleid half.
Doch solange Sheridan nicht zurück nach Sacramento konnte, war Cain alles, was sie hatte. Sie kannte niemanden, der besser für ihre Sicherheit sorgen konnte als er. Er war derjenige, der sie aus dem Wald geholt und ihr das Leben gerettet hatte. Außerdem hatte sie zu viele Kämpfe ausgefochten, seit sie Whiterock verlassen hatte, als dass sie vor diesem davonlaufen könnte.
„Ich habe keine Angst vor Cain“, sagte sie. Doch selbst nachdem ihre Entscheidung gefallen war, fragte sie sich, ob sie sich nicht gerade denselben Liebeskummer aufhalste, unter dem Amy seit der Highschool litt. Sie hatte nie aufgehört, an Cain zu denken – nicht einmal, wenn sie mit dem Mann im Bett gewesen war, den sie fast geheiratet hätte.
War sie womöglich nie über ihre eigene Schwärmerei für ihn hinweggekommen?
Cain stand in der Eingangstür des Hauses, das Sheridans längst verstorbenem Onkel gehört hatte. Die Einrichtung sah noch genau so aus wie an dem Tag, an dem er gestorben war, obwohl es zwischenzeitlich vermietet gewesen war. Die Tür war verschlossen gewesen, aber der Schlüssel hatte unter der Fußmatte gelegen, sodass jeder hätte hereinkommen können. Er sah keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens. Wer immer sich Sheridan geschnappt hatte, hatte sie entweder überfallen, nachdem sie die Tür aufgeschlossen hatte, oder er hatte so wie Cain einfach den Schlüssel benutzt. Oder sie hatte ihn selbst hereingelassen.
Als Sheridan im Krankenhaus gelegen hatte, hatten Ned und Amy oder einer der anderen beiden Polizisten von Whiterock dem Haus einen Besuch abgestattet und es eingestaubt, um Fingerabdrücke zu nehmen. Puder in den unterschiedlichsten Farben bedeckte beinahe jede Oberfläche, aber sie hatten nichts Brauchbares gefunden. Das hatte Ned ihm erzählt, als Cain ihn angerufen hatte, um sich nach Sheridans Handtasche zu erkundigen. Sie hatten sie gefunden, doch der Inhalt war über den ganzen Küchenboden verstreut gewesen.
Jetzt, wo die Polizei fertig war, wollte Cain ihre Besitztümer zusammensuchen und zu seinem Haus bringen, wo Owen während seiner Abwesenheit auf sie aufpasste.
Im Schlafzimmer lief ein Radio. Cain nahm an, dass es seit Sheridans Ankunft eingeschaltet war. Vielleicht hatte sie gehofft, das Haus würde dadurch nicht so leer wirken. R’n’B-Musik durchbrach die Stille, doch in Anbetracht der abgestandenen Luft und der bedrückenden Atmosphäre des Hauses wirkte die Musik eher verloren als tröstlich.
Mehrere Fliegen entwischten, als er die Tür öffnete. Bienen schwirrten über dem Kudzu, der inzwischen den gesamten Vorgarten überwucherte, und es roch nach warmer Erde. Von der Küche hingegen ging ein wesentlich unangenehmerer Geruch aus. Dort entdeckte er eine braune Papiertüte auf dem Tresen. Ihr Boden war blutgetränkt.
Nach dem, was er in der Nacht, als er Sheridan gerettet hatte, gesehen hatte, bereitete der Anblick ihm Unbehagen. Sicherlich hatte derjenige, der sie hier herausgeschleppt hatte, keine wie auch immer gearteten widerlichen Geschenke hinterlassen …
Nein, die Polizei hätte es inzwischen gefunden. Anscheinend hatte er zu viele Horrorvideos gesehen.
Eine rasche Untersuchung des Inhalts förderte nichts Schlimmeres als ein Pfund verdorbenes Hackfleisch zu Tage. Der Angreifer hatte Sheridan überrascht, als sie gerade vom Einkaufen zurückgekommen war. Vielleicht war er ihr bis nach Hause gefolgt.
Als er die Blutspritzer am Küchenfenster entdeckte, runzelte er die Stirn. Er wusste sofort, dass das nichts mit dem fauligen Fleisch zu tun hatte. Hier hatte ein Kampf stattgefunden. Ein Stuhl war umgefallen, und der gesamte Inhalt von Sheridans Tasche war über den Küchenboden verstreut. Der Kühlschrank stand sperrangelweit offen. Der ratternde überarbeitete Motor schaffte es tatsächlich, noch einen kühlen Lufthauch im ansonsten stickigen Raum zu erzeugen, doch die Eiscreme im
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