Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
„Robert.“
„Mein Stiefbruder war damals dreizehn Jahre alt.“
„Alt genug, um zu wissen, was ein Streit ist.“
Cain machte einen Schritt nach vorn. „Er war an dem Abend nicht einmal zu Hause. Er war mit meinem Stiefvater unterwegs.“
Amy schnipste einen Fussel von ihrer Uniform. „Du meinst also, dein Stiefvater würde deine Aussage bestätigen?“
Die Sekunde des Zögerns verriet Cains mangelndes Vertrauen, dass sein Stiefvater ihn unterstützen würde. „Andernfalls müsste er lügen.“
„Komisch, dass das ausgerechnet von dir kommt.“
„Was soll daran komisch sein?“
„Du hast mir gesagt, du hättest in der Highschool nicht mit Sheridan geschlafen. Du sagtest, ihr hättet keinen Sex miteinander gehabt.“
Cain verzog den Mund zu einer harten Linie, und Sheridans Herz begann zu rasen. Sie wollte nicht, dass ihr intimes Zusammensein ans Licht gezerrt wurde.
„Behauptest du das immer noch?“, fragte Amy herausfordernd.
Es gelang ihm, starrköpfig zu nicken.
„Und was sagst du dann dazu?“ Sie zog ein Blatt Papier aus der Tasche und strich es auf der Kommode glatt, ehe sie es Cain reichte. Er las laut vor.
„Ein paar Wochen vor Jasons Tod lag ich in unserem Etagenbett. Owen lag im Bett über mir, und wir haben uns über Mädchen unterhalten. Er sagte, er wüsste alles über Sex, aber ich glaubte ihm nicht. Er hatte noch nie eine Freundin, und er war erst vierzehn. Also sagte ich ihm, er sollte nicht so einen Schwachsinn verbreiten. Da erzählte er mir, dass er zugesehen hat, wie Cain …“
Cain hörte auf, aber Amy machte an seiner statt weiter, als wüsste sie jedes Wort auswendig. „… auf einer Party mit einem Mädchen geschlafen habe. Dieses Mädchen war Sheridan Kohl. “ Sie lächelte vergnügt. „Robert hat das unterschrieben. Es ist eine rechtmäßige Aussage.“
Sheridan wurde so heiß, dass sie meinte, jeden Moment spontan in Flammen aufzugehen. Owen hatte jemandem davon erzählt. Und jetzt erzählte Robert es allen anderen.
„Amy, was soll das?“ Cain sprach mit leiser Stimme, seine Worte waren eher eine Warnung als eine Frage.
Vor Eifersucht und Hass wurden ihre Augen schmal. „Warum hast du gelogen?“
„Weil ich sie nicht verletzen wollte. Verstehst du das nicht?“
„Dir ist es doch egal, ob du irgendjemanden verletzt.“
„Es war eine einmalige Sache. Es hatte nichts mit Jasons Tod zu tun.“
„Mach dir doch nichts vor! Es gib dir das beste Motiv, das wir bisher haben.“
Sie streckte die Hand nach dem Blatt Papier aus, aber Cain hielt es außerhalb ihrer Reichweite.
Ihr Lachen klang spröde. „Auch gut. Behalt es ruhig. Ich brauche es nicht. Ich kann Robert jederzeit noch einmal fragen.“ Sie wandte sich an Sheridan, den Mund spöttisch verzogen. „Du streitest es doch nicht ab, oder?“
Sheridan wollte es, aber es war sinnlos. Sie war sicher, dass ihr Gesicht sie bereits verraten hatte. „Nein.“
10. KAPITEL
Karen Stevens saß John im Ruby’s Hideaway Steak & Seafood gegenüber, dem nettesten Restaurant in Whiterock. Bei der dunklen Wandtäfelung und dem gedämpften Licht konnte sie seinen Gesichtsausdruck kaum erkennen, aber sie fand, dass er etwas blass aussah.
„Stimmt irgendetwas nicht?“, fragte sie.
Er hielt kurz beim Fleischschneiden inne und blickte auf. „Nein, warum?“
„Du wirkst in letzter Zeit so … abwesend. Ruhelos.“ Sie wusste, dass es etwas mit Cain und dem Gewehr, das man in seiner Blockhütte gefunden hatte, zu tun haben musste, denn seitdem war John so verschlossen. Der Waffenfund hat seinen ganzen Schmerz über den Verlust Jasons wieder neu aufleben lassen. Und es belastete die Beziehung zwischen ihm und Cain. Sie verstand das alles, aber das Gefühl, dass John sie ausschloss, gefiel ihr gar nicht. Sie wollte, dass John ihr zumindest mitteilte, was er empfand.
„Robert hat wieder angefangen zu trinken.“ Er schüttelte resigniert den Kopf. „Ich glaube, ich muss ihn zur Reha schicken.“
Das hatte gerade noch gefehlt! Aber Karen musste aufpassen, was sie über Robert sagte. Sie war nicht damit einverstanden, wie John seinen jüngsten Sohn behandelte, genauso wenig, wie es ihr gefiel, wie er mit Cain umging – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Robert musste es allein schaffen und aufhören, sich immer auf seinen Vater zu stützen. Cain brauchte Liebe, aber aus irgendeinem Grund konnte John ihm die nicht geben.
„Hast du mit ihm darüber gesprochen?“, fragte sie.
„Du weißt doch, wie
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