Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
überlebt. Alle drei.“
„Vielleicht hatten sie einfach nur Glück.“
„Oder der Täter wusste genau, was er tat.“
„Sie behaupten also, Cain hätte seinen eigenen Stiefbruder getötet, mich beinahe zweimal umgebracht und Amy erschossen?
„Das haben Sie gesagt.“
„Und warum sollte er all das getan haben?“
„Er hat aus Eifersucht auf Sie und Jason geschossen.“
Sie verdrehte die Augen, doch er hob die Hand, während er fortfuhr. „Damit ist er durchgekommen. Was Sie damals der Polizei erzählt haben, reichte nicht, um ihn in Schwierigkeiten zu bringen, und dann sind Sie fortgezogen. Es war vorbei. Ende. Aber jemand hat dieses Gewehr gefunden, womit er wahrscheinlich nie gerechnet hat, und Sie sind zurückgekommen. Es ist nur logisch, anzunehmen, dass er es mit der Angst zu tun bekommen hat.“
„Und warum hat er mich dann nicht endgültig erledigt, als er mich im Wald zusammengeschlagen hat?“, fragte sie herausfordernd.
„Er hat etwas gesehen oder gehört, das ihn glauben ließ, dass er entdeckt worden ist, also tat er stattdessen so, als hätte er Sie gerettet.“
„Wer hätte ihn sehen können?“
„Ein Jäger. Ein Camper. Ein Wanderer.“ Er hielt inne. „Vielleicht sogar Amy.“
Sheridan sprang auf. „Wie bitte? Amy patrouilliert zufällig um Mitternacht im Wald in der Nähe von Cains Haus und stolpert quasi über ihn, während er mich zusammenschlägt?“
„Sie war ständig da oben. Gestern Nacht auch.“
„Weil sie sich vergewissern wollte, dass derjenige, der mich angegriffen hat, nirgendwo herumlungert. Das hat sie Cain erzählt. Warum sonst sollte sie so spät noch unterwegs sein?“
Er hob eine Augenbraue. „Sie kennen doch Cain. Was glauben Sie denn?“
Sie machten vor nichts Halt, um ihn schlecht zu machen. „Er hat nicht mir ihr geschlafen.“
„Wie können Sie sich da so sicher sein?“
„Weil Amy es mir erzählt hat. Außerdem war sie Polizistin. Wenn sie gesehen hätte, dass Cain etwas Unrechtes tut …“
„Sie war ein Cop, aber vor allem war sie eine Frau. Möglicherweise wissen Sie nicht, wie sehr sie Cain geliebt hat.“
Sheridan wusste es tatsächlich nicht. Doch bedauerlicherweise wusste sie, dass Amy nicht die Einzige war. „Sie meinen also, sie hätte ihn gedeckt.“
„Genau das meine ich. Bis gestern Nacht. Vielleicht hat sie gedroht, mit der Wahrheit herauszurücken, und deswegen hat er sie umgebracht.“
16. KAPITEL
Als Peterson und Sheridan aus Neds Büro kamen, sah Sheridan alles andere als glücklich aus. Sie warf ihm einen warnenden Blick zu, aber Cain ahnte bereits, dass sich die Dinge erst noch verschlechtern würden, ehe es wieder aufwärts gehen konnte.
Sein Stiefvater verhielt sich distanzierter und förmlicher als je zuvor. Und offensichtlich war er aus einem ganz bestimmten Grund aufs Revier gekommen.
„Cain, würde es dir etwas ausmachen, kurz mitzukommen?“ John deutete auf das jetzt leere Büro. „Ich würde dich gerne unter vier Augen sprechen.“
Cain machte es etwas aus. Wenn es um John Wyatt ging, waren seine Gefühle so vielschichtig, dass er sich nicht einmal sicher war, was er die meiste Zeit über empfand. In der Vergangenheit hatte es Phasen gegeben, in denen Cain ihm gefallen und endlich die Liebe und Akzeptanz erfahren wollte, die seine Stiefbrüder für selbstverständlich hielten. Doch als seine Mutter krank wurde, änderte sich alles. Beinahe von dem Tag an, an dem sie die Diagnose erhielt, benahm John sich, als würde sie nicht existieren. Alle anderen mochten ihn vielleicht für einen Heiligen halten, aber Cain wusste, wer er wirklich war.
Mit einem knappen Nicken ging er ins Büro und beobachtete, wie sein Stiefvater nach ihm hereinkam und Neds Platz hinter dem Schreibtisch einnahm.
„Setz dich!“, forderte John ihn auf.
Cain wollte sich nicht setzen, dazu stand er zu sehr unter Strom. Zuerst hatte man das Gewehr in seiner Blockhütte gefunden. Dann war Sheridan in die Stadt zurückgekommen und beinahe umgebracht worden. Und Amy – oh Gott, Amy! Jetzt, wo der Schock langsam nachließ, empfand er nur noch bittere Trauer und ein Gefühl von Sinnlosigkeit.
„Ich stehe lieber.“ Er verschränkte die Arme, lehnte sich gegen die Wand und wartete darauf, womit sein Stiefvater es diesmal auf ihn abgesehen hatte.
„Ned hat mich heute Morgen angerufen“, sagte John.
„Warum?“ Cain hasste den trotzigen Unterton, der sich in seine Stimme geschlichen hatte.
„Er meinte, ich sollte mit dir
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