Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
richtig interpretierst? Es könnte sein, dass Amy etwas gegen ihn in der Hand hatte. Aber genauso gut könnte es sein, dass sie gedroht hat, ihn in Schwierigkeiten zu bringen, die er nicht verdient hat. Um Himmels willen, jetzt leg die Waffe weg!
„Er hat ihr den Kopf weggeschossen“, sagte Ned, aber er schrie nicht länger. Mit Tränen in den Augen ließ er schließlich die Waffe sinken.
Peterson stürzte sich nach vorn. „Komm her, und setz dich hin, Chief!“
Sheridan drehte sich zu Cain um. Es war Zeit zu verschwinden. Ned brauchte die Gelegenheit, um mit dem Tod seiner Schwester klarzukommen, und Sheridan wollte Cain hier raushaben. Was, wenn Ned plötzlich seine Meinung änderte?
Aber als sie an Cains Arm zerrte, reagierte er nicht. Er starrte seinen Stiefvater an, dessen Miene bei ihr einen harten Knoten in der Brust hervorrief. Vielleicht hatte es nur eine Sekunde gedauert, aber selbst für sie war es offensichtlich, dass John auf einen anderen Ausgang gehofft hatte.
Cain saß vor dem Fernseher und versuchte, sich auf das Baseballspiel zu konzentrieren, das er eingeschaltet hatte, während Sheridan geschlafen hatte. Sie war noch nicht kräftig genug, um es ohne ein gelegentliches Nickerchen über den Tag zu schaffen. Aber jetzt war sie wieder wach und saß am anderen Ende des Sofas. Alles, woran er denken konnte, war, dass er sie an sich ziehen und sein Gesicht in der Mulde über ihrem Schlüsselbein vergraben oder die Lippen über ihre glatte, weiche Haut gleiten lassen wollte. Sie konnte ihn dazu bringen, alles zu vergessen – seine Abneigung gegenüber seinem Stiefvater, Amys blutigen Leichnam, Neds zitternde Hand und seine Sehnsucht, den Abzug zu ziehen. Alles. Als sie sich in der letzten Nacht geliebt hatten, hätte die Welt um sie herum untergehen können, und er hätte es nicht gemerkt. Oder sich deswegen aufgeregt.
Er sehnte sich nach mehr von diesem überaus wirksamen Schmerzmittel. Aber er würde sie nicht anfassen. Sie hatte klargemacht, dass sie das nicht wollte.
„Wo warst du?“, fragte sie.
Er gestattete sich, sie anzusehen, obwohl er allein bei ihrem Anblick hart wurde. „Wann?“
„In der Nacht, als Jason umgebracht wurde.“
Er wollte nicht über Jason reden, doch zumindest würde dieses Thema sein Verlangen, mit ihr zu schlafen, ausradieren. „Ich war am Rocky Point. Eine Zeitlang.“
„Das wusste ich bereits. Ich habe dich dort gesehen. Aber dann bist du mit jemandem weggegangen, bevor …“ Er sah, wie sie tief Luft holte. „Bevor die Schüsse fielen.“
Er war weggegangen, ja. Aber er war allein gewesen. Er hatte sie mit Jason zusammen gesehen und angenommen, dass sie rumknutschen würden oder sogar mehr. Diesen Gedanken hatte er nicht ertragen. Also hatte er seinen Freunden erzählt, dass er nach Hause fahren würde. Da er mit jemandem gekommen war, der noch bleiben wollte, hatte Amy angeboten, ihn zu fahren, doch er hatte abgelehnt. Er wusste, was sie von ihm wollte, wusste, dass er ihr das nicht geben konnte – nicht solange allein die Vorstellung ihn aufbrachte, Jason könnte Sheridan küssen. Also war er nach Hause gelaufen. Er hatte nichts von der Schießerei gewusst, bis er nach Hause kam, gerade rechtzeitig, um den Anruf der Polizei entgegenzunehmen.
„Ich bin allein nach Hause gelaufen“, sagte er. Und er hatte eine Abkürzung durch den Wald genommen, damit niemand ihn sah, wie er hundeelend die Straße entlangschlich – ein weiterer Grund, weshalb er kein Alibi hatte.
„Wo waren Amy und deine anderen Freunde?“
„Sie sind am Rocky Point geblieben.“
„Warum bist du so früh gegangen?“
Er musterte sie. Er wollte nicht verraten, wie sehr er den Gedanken gehasst hatte, sie in Jasons Armen zu wissen. Es bewies, dass jeder, der behauptete, er sei eifersüchtig gewesen, recht hatte. Und es würde ihr zeigen, dass sie Erfolg gehabt hatte und dass er tatsächlich das empfunden hatte, was sie ihn spüren lassen wollte. Aber damals waren sie Kinder gewesen, inzwischen war er zu alt für solche Spielchen. „Das fragst du noch?“
Sie hob die Hände, als wollte sie sich verteidigen. „Mit mir kann das nichts zu tun haben.“
Er stellte den Ton des Fernsehers aus. „Woher weißt du das?“
„Weil du dich absolut nicht um mich gekümmert hast. Ich verstehe das … jetzt, wo ich nicht mehr so dumm und naiv bin.“
„Du hast also mit genügend Männern geschlafen, um eine Expertin darin zu werden?“
„Nein, aber ich habe genug Erfahrung, um zu
Weitere Kostenlose Bücher