Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
wissen, wann es etwas Ernstes ist und wann ich besser loslassen sollte.“
Nichts wusste sie. Wie sein Vater und alle anderen ging sie einfach vom Schlimmsten aus.
Er schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem Fernseher zu. „Erzähl mir nicht, was ich fühle.“
„Ich will gar nicht anfangen zu raten, wie du dich gefühlt haben könntest. Ich versuche nur herauszufinden, wie wir beweisen können, dass du nicht in der Nähe warst, als die Schüsse fielen“, beharrte sie.
„Es gibt keine Möglichkeit, es zu beweisen.“
„Warum nicht?“
„Weil niemand mich gesehen hat, von dem Zeitpunkt an, wo ich gesagt habe, dass ich gehe, bis zu dem Moment, als ich zu Hause ankam und alles schon vorbei war.“
Das Telefon klingelte. Er nutzte die Gelegenheit, um die Unterhaltung zu unterbrechen, und schnappte sich das Telefon. „Hallo?“
„Cain? Hier ist Tiger.“
Das war nicht gerade jemand, mit dem er sprechen wollte, so kurz nach dem, was geschehen war. Tiger musste ebenso fertig sein wie Ned. Er hatte sich um Amy gesorgt, hatte sie vielleicht sogar geliebt. „Tiger“, erwiderte er und unterdrückte einen tiefen Seufzer.
„Ich wollte nur, ich meine …“ Tigers Stimme überschlug sich, „… ich wollte dich etwas fragen.“
Cain packte das Telefon fester. Nicht schon wieder! „Was?“
„Hast du Amy letzte Nacht angerufen? Hast du sie gebeten vorbeizukommen?“ „Nein.“
„Das hatte ich mir gedacht.“ Tiger lachte freudlos. „Würdest du glauben, dass sie mir eigentlich nur Bier holen wollte? Ich saß auf ihrer Couch und sah mir einen Film an, während sie um dein Haus herumschlich.“
Cain antwortete nichts. Nichts, was er sagen würde, würde die Situation besser machen.
„Warum?“, fragte Tiger. „Vielleicht kannst du mir das sagen?
„Möglich, dass jemand ihr einen Tipp gegeben hat, sie sollte mal hier vorbeischauen.“
„Nein.“ Tiger klang entschlossen. „Hier hat niemand angerufen.“
„Sie könnte die Nachricht bekommen haben, nachdem sie aufgebrochen ist. Vielleicht per SMS.“
„Darauf gibt es keinen Hinweis. Ned hat das überprüft. Sie ist auf ihrem Handy weder angerufen worden, noch hat sie eine SMS bekommen.“
Cain stützte den Kopf auf. „Worauf willst du hinaus?“
„Warum hat sie einen perfekten gemütlichen Abend mit mir geopfert, um zu deinem Haus zu fahren und sich dort erschießen zu lassen?“
„Das kann ich dir nicht beantworten, Tiger. Ich habe keine Ahnung.“
Tiger ließ ein weiteres bitteres Lachen hören. „Tu nicht so, als ob du es nicht wüsstest. Bitte.“
„Ich habe nicht mit ihr geschlafen, wenn es das ist, was du im Sinn hast. Schon vor unserer Scheidung habe ich Amy nicht mehr angerührt.“ Cain sah sich einer Vielzahl von Zweifeln und Anschuldigungen ausgesetzt, doch irgendwie war es ihm wichtig, dass Tiger ihm in diesem Punkt glaubte.
„Ich weiß“, erwiderte der.
Überrascht, dass Tiger die Wahrheit so einfach akzeptierte, hob Cain den Kopf, doch Tiger fuhr fort, ehe er etwas erwidern konnte: „Unglücklicherweise weiß ich auch, dass es nicht daran lag, dass sie nicht gewollt hätte. Sie wäre in dem Augenblick mit dir ins Bett gegangen, in dem du ihr die Chance gegeben hättest.“
Cain sagte nichts. Das war nicht nötig.
„Ich dachte, ich könnte sie am Ende schließlich rumkriegen. Ich dachte, sie würde kapieren, dass du deine Meinung nicht ändern würdest und dass ich der Beste bin, den sie je bekommen könnte. Aber sie war so eine dumme Kuh!“ Seine Worte klangen barsch, aber seine Stimme war brüchig.
„Es tut mir leid, Tiger! Ich wünschte, die Situation wäre anders.“
„Das ist ja das Verrückte. Das glaube ich dir ebenfalls.“ Tiger lachte erneut, doch dann schien er sich zusammenzureißen. „Ich muss dir etwas erzählen.“
Cain warf einen Blick auf Sheridan, die ihn aufmerksam beobachtete. „Was?“
„Gestern Nachmittag habe ich ein zerknittertes Foto von Sheridan in der Fahrerkabine von Owens Truck gesehen.“
Cains Herzschlag beschleunigte sich. „Von Sheridan als Teenager?“
„Sheridan als Erwachsene. So, wie sie jetzt aussieht. Und jemand hat mit einem Stift oder so etwas auf ihr Gesicht eingestochen.“
„Wo warst du?“
„Auf dem Baseballplatz. Ich wollte mir das Spiel meines Neffen bei der Little League ansehen und traf Owen zufällig auf dem Parkplatz. Wir haben uns unterhalten, während sein Sohn ausgestiegen ist. Das Foto ist fast auf den Asphalt gefallen, zusammen mit ein
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