Watermind
Kraft ihrer Feindseligkeit zog sie ein winziges Stück näher zusammen, und wenn sich in diesem Moment das Boot bewegt hätte, wären sie in eine heftige Rempelei verwickelt worden. Doch stattdessen legte Peter nur unverschämt den Kopf schief und ging davon.
» Cabrón «, zischte Roman.
CJ interessierte sich nicht für ihr Kampfgebaren. Sie kniete sich vor den CD-Tower und glitt mit dem Finger die Reihe grünleuchtender LEDs entlang. Sie zählte zwanzig aktive Laufwerke. Peter spielte zwanzig CDs gleichzeitig ab!
Es handelte sich nicht um Max' einfache Lektionen. Sie setzte den Kopfhörer auf und hörte kubanischen Salsa, Dixieland, Reggae, Hip-Hop, Calypso, Memphis-Blues und Zydeco. Alle Musikrichtungen mischten sich im überfluteten Feld. Peter hatte sogar einen Verstärker angeschlossen, der genügend Leistung hatte, um den Louisiana Superdome zu beschallen, und er hatte den Regler auf maximale Lautstärke gestellt. Endlich erkannte CJ, woher die verzerrte Radiomusik stammte, die sie gehört hatte. Sie kam aus dem Wasser.
»Das ist …« Viel zu laut, hätte sie beinahe gesagt. Zu chaotisch. Das Kolloid wird davon überzeugt sein, dass wir es wieder angreifen wollen. Es wird erneut fliehen.
Aber sie sagte nichts. Sie erinnerte sich, wie Roman sie am Bassin hintergangen hatte. Sie glaubte ihm nicht, dass er wirklich eine lebensfähige Probe nehmen wollte. Sie musste sich allein darum kümmern, das Kolloid zu retten.
Verschwinde, sendete sie ihren stummen Wunsch zur glitzernden Schlammwolke im Fluss. Flüchte. Mach, dass du von hier wegkommst.
»Die Musik ist gut«, sagte sie. »Passend und laut genug.«
Roman nickte.
Er drehte den Computerbildschirm aus der Sonne, damit sie sich die neuesten Satellitenbilder ansehen konnten. Die frostige Wolke des Kolloids schimmerte dunkelviolett am gegenüberliegenden Ufer. Und es war schon wieder gewachsen.
Roman gab ihr sein Fernglas, das sie auf das irisierende Wasser richtete, das gegen das betonierte Ufer schwappte, wo gerade der letzte der drei Trawler versank.
Roman schlug nach einem Moskito. »Wozu braucht dieser pícaro so viel Eisen?«
CJ beobachtete die dunklen Farben, die in flüssigen Moiremustern am rostigen Rumpf leckten. »Ich glaube, damit bewegt es seine Masse. Es steuert die gelösten Eisenionen mit seinem Magnetfeld.«
Romans Mundwinkel verzogen sich zu jenem verstörenden Gesichtsausdruck, der nicht ganz ein Lächeln war. »Ich darf nicht zulassen, dass der bastardo erneut tötet«, flüsterte er.
Sie folgte seinem Blick zu den Rennbooten, die rund um Manchac Point stationiert waren. Alle waren mit großen EMP-Generatoren ausgestattet, die auf den Flussarm zielten. CJ wusste nicht, wie Roman so schnell so viele Generatoren hatte auftreiben können, aber er hatte schon oft Erstaunliches in die Wege geleitet. Sie konnte beinahe die Schockwellen spüren, die das Netzwerk des Kolloids durchbrennen ließen.
»Wird es kommen?«, fragte er, und ein anderer Gesichtsausdruck verdüsterte seine Augen. Er wirkte beinahe verzweifelt.
79
Freitag, 18. März, 13.15 Uhr
Ziegelrotes Wasser schwappte schäumend gegen die Steinschüttung am Ufer, in einer trägen Abfolge von Wellen, stetig, aber nicht ganz regelmäßig. Max trommelte nervöse Synkopen mit den Fingern. Moskitos wimmerten, und ein Schwarm aus Blasen sprudelte am Fiberglasrumpf seines Jetboots, das im seichten Wasser bei Manchac Point vor Anker lag. Knackend und knirschend wand sich der klobige EMP-Generator in seiner Befestigung. Planschend und tröpfelnd wankte das Jetboot an der Ankerleine. Ab und zu benutzte Max ein Gaff, um es von der Uferböschung wegzustoßen. Sacony hatte ihn angewiesen, diese Position zu halten, aber es war keine gute Stelle zum Ankern.
Max beobachtete, wie der Flussschlamm immer wieder andere Muster bildete, in denen er Seesterne, Berge und Gesichter erkannte. Er versuchte an seinem neuen Song zu arbeiten, aber er war viel zu aufgeregt. An diesem Abend hatte seine Band einen Auftritt, ein gutbezahltes Konzert im Zydeco Palace. Vergiss es, sagte er sich. Nichts zu machen. Wieder stieß er sich von den Steinen ab.
Dann stieg er barfuß auf den Bug, damit er die Chasseur sah, die im überfluteten Feld lag. Ceegie musste an Bord sein. Er stellte sich vor, wie sie sich konzentriert mit ihrer Wissenschaft beschäftigte, auf Geister starrte und eine Locke ihres rotblonden Haars zwischen den Fingern drehte. Schweiß brannte ihm in den Augen, und die ferne Yacht flimmerte
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