Watermind
Kreolen?«
»Ja«, sagte er, als er begriff. Meir hatte ihr offenbar schon erzählt, dass sie Max Pottevents' Boot gefunden hatten.
CJ lag reglos in der Koje. »Es war Max, der die Musiklektion ausgearbeitet hat, nicht ich. Er hat die CDs bespielt. Er hat mir gesagt, in welcher Reihenfolge sie abgespielt werden sollten. Das Ganze war seine Idee. Er …«
»Halt.« Roman versuchte ihren Arm zu streicheln, doch sie schüttelte ihn ab.
»Max hat mir das Leben gerettet. Ich hatte vor, ihn zu verlassen.«
Als Roman sie trösten wollte, schlug sie nach ihm, sprang aus der Koje und stürmte aus der Kabine, wobei sie fast in der Luke gestolpert wäre.
Wenig später ging Roman zur Dusche und drehte den Hahn voll auf.
92
Samstag, 19. März, 15.15 Uhr
CJ fühlte sich seekrank. Die Chasseur pflügte mit Höchstgeschwindigkeit den Fluss hinunter, und auf dem Achtersteven zog sie den Reißverschluss von Romans Windjacke zu, um die Kälte abzuwehren. Max' Tod kam ihr so unwirklich vor. Sie konnte nicht fassen, dass ein so starker, warmblütiger junger Mann einfach … nicht mehr da sein sollte.
Hätte sie Max nur nicht fortgeschickt. Hätte sie nur zugelassen, dass Roman ihn feuerte, wäre er in Sicherheit gewesen. Ich hätte nie in sein Leben treten dürfen. Ich hätte ihn mehr lieben müssen. Ich hätte …
Als Dan Meir sie fand, beugte sie sich über die Heckreling und übergab sich in den Fluss. Er trat neben sie und rieb ihr den Rücken, bis sie fertig war. Dann reichte er ihr sein Taschentuch, damit sie sich den Mund abwischen konnte. »Meine Liebe, möchten Sie einen Schluck Wasser?«
Sie schüttelte den Kopf.
Sie blickten auf die Medienboote, die ihnen folgten. Seit der Druckwelle waren es weniger, und sie hielten jetzt größeren Abstand. Dafür folgte eine ständig anwachsende Zuschauermenge der Regatta. Kleintransporter, Limousinen und SUVs fuhren auf den Deichkronen an beiden Flussufern.
»Max hat Ihnen sehr viel bedeutet. Mir ist nicht entgangen, wie Sie sich angesehen haben. Ich weiß, wie schwer es ist«, sagte Dan.
Sie wandte sich ab, um ihr Gesicht vor ihm zu verbergen.
Der Wind wurde heftiger. Das Schiff fuhr um eine Biegung. »Gehen wir nach steuerbord«, sagte Dan. »Da ist es nicht so windig.«
CJ folgte ihm mit kraftlosen Schritten, und als sie sich in den Windschatten eines Windengehäuses setzten, schien ihr Körper Tonnen zu wiegen. Beißendes Flusssmegma brannte ihr in der Nase. Sie betrachtete den blassen Vollmond, der zwischen den Wolken hindurchlugte.
»Schauen Sie mich an.« Dan berührte ihr Kinn und drehte ihr Gesicht in seine Richtung. »Mein Liebes, das ist nicht Ihre Schuld. Es gibt nur einen Grund, warum Max tot ist. Dieser verfluchte Dämon im Fluss.«
»Ich habe das Kolloid aus der Absperrung entkommen lassen«, sagte sie. »Im Kanal. Ich habe ihm zur Flucht verholfen.«
Dan ließ ihr Kinn nicht los und musterte ihr Gesicht.
»Armes Kind«, sagte er. »Haben Sie vielleicht etwas von Max' Zydeco mitgebracht? Wir könnten es uns anhören. Das würde Max gefallen.«
CJ hob den Kopf, damit ihre Augen nicht überflossen.
»Ich werde den CD-Player suchen.« Dan tätschelte ihre Schulter und machte sich auf den Weg.
Sie sah zu, wie der silberhaarige Werksleiter zur Gangway hinüberschlurfte. Er war ein freundlicher Mann. Sie wusste, dass er es gut mit ihr meinte, aber plötzlich flimmerte sein Rücken und wurde verschwommen. Sie legte sich auf den Rücken und ließ die heißen Tränen über ihre Wangen rinnen.
Die Yacht schaukelte hin und her – genau wie die Bewegung des Bayou Grosse Tete. An jenem Tag hatten Max und sie sich in seiner Piroge geliebt. Nackt, Haut an Haut, ohne Schutz. Sie legte eine Hand auf den Bauch und zählte die Tage. Da musste es passiert sein. Der Beginn eines neuen Lebens. Sollte sie es beenden? Es bewahren? Im Augenblick wollte sie nur alles vergessen.
Harry, wie viel von mir … ist schon wieder du.
Bayou Grosse Tete. Sie erinnerte sich an das in Sonnenstrahlen getauchte teefarbene Wasser, in der Farbe von Max' Augen. Bis zu jenem Tag hatte sie Max nur als Arbeitskollegen gekannt, und nur zum Spaß hatte sie ihn gefragt, ob er sie auf eine Angeltour mitnehmen wollte. Doch sobald sie in seiner Piroge allein gewesen waren, hatten sie beide sehr schnell ihr gutes Benehmen vergessen.
Scheu hatte er ihr Dinge gezeigt. Einen schneeweißen Reiher, ein Gürteltier, eine Karettschildkröte, die über einen halben Meter lang war. Und sie hatte Fragen
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