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Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
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Gefrierpunkt, und sie hatten das elektromagnetische Feld verifiziert, wodurch sie endlich die Kolloidmasse hatten lokalisieren können. Sie hatten auch den elektrischen Strom bestätigt und die Ionisierung, die Reilly vorhergesagt hatte, und sie hatten große Abweichungen bei den gemessenen pH-Werten entdeckt. Ihre sonstigen Ergebnisse waren so widersprüchlich und unwahrscheinlich, dass Roman unter anderen Umständen Yues Kompetenz in Frage gestellt hätte – doch dazu kannte er seine führende Wissenschaftlerin viel zu gut.
    Li Qin hatte sehr ernst gewirkt, als sie ihm ihre Messungen gezeigt hatte. Sie hatte erstaunliche Strukturen gefunden. Komplexe aus Mikrochips und Proplastid trieben durch das Wasser, für das unbewaffnete Auge unsichtbar, nur unter dem Elektronenmikroskop zu erkennen. Laut Yue traten sie immer in Doppelketten auf, jeweils positiv und negativ geladen. Sie zirkulierten wahllos durch Wolken aus ionisierter Flüssigkeit, lösten sich immer wieder auf und bildeten sich ständig neu. Dennoch hatten die Strukturen als solche Bestand, als wäre ein chemischer ›Geist‹ am Werk, wie Yue es resigniert ausgedrückt hatte.
    Weitere Probenanalysen hatten immer mehr exotischen Technomüll zutage gefördert: molekülgroße elektronische Schalter, Radionuklid-Mikroben, die zur Entsorgung radioaktiver Abfälle eingesetzt wurden, Tomaten-DNS, die mit Goldfischgenen durchwirkt war, Silbernanopartikel, die Sportlersocken geruchsfrei halten sollten.
    Er sah ihre Daten durch. Er vertraute ihren Methoden. Er konnte immer noch nicht richtig begreifen, wie schnell sich die Technologie des sehr Kleinen seit der Jahrtausendwende entwickelt hatte – oder wie schnell sich der produzierte Abfall schon in der Umwelt verbreitet hatte.
    Aber das war gar nicht das Schlimmste. Yue konnte nicht erklären, warum sich das elektromagnetische Feld um zwölf Prozent verstärkt hatte. Genauso wenig konnte sie sagen, warum sich das Volumen des Kolloids verdoppelt hatte. Diese Zunahme machte Roman mehr Sorge als alles andere. Inzwischen hatte das Feld einen Durchmesser von vierzig Metern, und Yue schätzte sein Volumen auf über zwanzig Kubikmeter.
    Vaarveen hatte haufenweise Sonden und Sensoren ins Wasser gehängt, und Yue nahm immer neue Proben, um ihre Daten gegenzuchecken. Und dieses flatterhafte Gör, diese Reilly? Sie war einfach verschwunden. Trotz ihrer brillanten Fähigkeiten war sie etwa so zuverlässig wie ein Buschfeuer.
    Wenigstens war es Yue und Vaarveen durch das elektromagnetische Feld möglich, das … Ding im Auge zu behalten. Wie sollte er es eigentlich nennen? Müllschlamm? Peter Vaarveen hatte es als ›Quimi-Chimäre‹ bezeichnet. Blöder Anglo ! Vaarveen musste aus allem einen Witz machen. Roman hätte ihn niemals eingestellt, wenn Yue nicht darauf bestanden hätte.
    Ein Stuhl stand ihm im Weg, also trat er ihn mit dem Fuß zur Seite und setzte seinen Marsch fort. Vorläufig hatte er die offiziellen Stellen überzeugen können, die Presse aus dieser Sache herauszuhalten. Manager von Ölfirmen wussten, warum solche Angelegenheiten privat bleiben sollten, und die Behörden, die für den Fluss verantwortlich waren, hatten nicht das Bedürfnis, die Öffentlichkeit zu beunruhigen. Aber dieser Corps-Typ, Rick Jarmond, war eine andere Geschichte. Jung und grün. Er nahm seinen Job bei der Regulierungsbehörde viel zu ernst. Roman trommelte mit den Fingern auf dem Tisch und starrte nachdenklich auf sein Handy.
    Statt Jarmond anzurufen, suchte er eine andere Nummer aus der Adressenliste in seinem Palm heraus – Océano Mundial, eine in New Orleans ansässige Firma, die sich auf die Behebung von Umweltschäden spezialisiert hatte. Roman hatte sich bisher immer darauf verlassen können, dass OM sein ausgelaufenes Öl auf dem Meer beseitigte. Die Leute waren teuer, aber sie leisteten gute Arbeit. Er bereute es, sie nicht angerufen zu haben, damit sie sich um das Toluol kümmerten. Meir hatte den Vorfall heruntergespielt und gesagt, dass sich niemand über ein paar tote Fische im Devil's Swamp aufregen würde. Meir hatte ihm versichert, dass er die Bescherung mit ein paar Vertragsarbeitern und genetisch maßgeschneiderten Bakterien aufwischen würde. Schlechte Entscheidung. Roman klappte sein Handy auf und tippte die Nummer von Océano Mundial ein.

34
    Sonntag, 13. März, 11.05 Uhr
    Die Spundwände trafen früher als erwartet ein. Auf einem Schleppverband schimmerten sie wie ein Stapel riesiger himmelblauer

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