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Watermind

Watermind

Titel: Watermind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.M. Buckner
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Füllfederhalter. Es war CJ Reillys Bericht. Yue hatte ihn ständig dabei, sie hasste ihn und las ihn immer wieder. Wie oft hatte sie schon versucht, ihren Neid abzuschütteln? Wer hätte ahnen können, dass Romans neueste kleine Hure tatsächlich Hirn besaß?
    Yue las den Bericht vorwärts und rückwärts. Immer wieder unterstrich sie die Stellen, in denen von der Reaktion des Kolloids auf Schall die Rede war. Auf ihrem Computerbildschirm trieb die frostige Signatur wie ein zitternder blauer Stern durch den hauptsächlich gelb dargestellten Fluss. Und wie geschmolzenes Eis driftete es südwärts.
    Auf dem anderen Boot nahm Roman einen Schluck aus Meirs Thermoskanne mit grässlich wässrigem Kaffee und spuckte ihn sofort in den Fluss. Mit zusammengepressten Lippen zählte er die Neonreklamen am Casino Rouge. Er zählte die Lieferwagen, die am Ufer entlangfuhren. Er zählte eine senkrechte Fensterreihe im Louisiana State Capitol. Vierunddreißig. Das Hochhaus, in dem Huey Long erschossen wurde, hatte vierunddreißig Stockwerke.
    Roman wusste, dass die Angst in seinen Eingeweiden so riesig und schwarz war, dass sie ihn verschlingen würde, sobald er ihre Existenz anerkannte. Statt ihr nachzugeben, hetzte er von einer Aufgabe zur nächsten, um der unmöglichen Konsequenz auszuweichen, vor der er sich fürchtete: Das Kolloid wird mich in den Bankrott treiben.
    Während seines kurzen Ausflugs stromabwärts hatte der Klumpen aus elektronischer Flüssigkeit bereits drei klaffende Löcher in stählerne Schiffe geätzt. Roman wusste davon, weil die Eigentümer die Schäden über freie Funkkanäle gemeldet hatten. Er wusste auch, dass es noch weitere Lecks geben musste, die noch niemand entdeckt hatte. Er zählte die Fahrzeuge, die sie passierten, und berechnete die voraussichtlichen Kosten. Zahlen wirbelten in einem tödlichen Strudel durch seinen Geist. Bislang hatte noch niemand die Schäden mit seiner Kühlflüssigkeit in Verbindung gebracht, aber er wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde. Seine einzige Chance bestand darin, schnell zu handeln, um dem Amoklauf des Kolloids ein Ende zu setzen.
    Er hatte den Feind in der Hand gehalten und ihn entwischen lassen – dieser Gedanke quälte ihn am meisten. Er hatte so kurz davorgestanden, seinen Widersacher dingfest zu machen. Wenn er sich mehr Mühe gegeben hätte, bessere Entscheidungen getroffen hätte, wäre die Substanz immer noch in seinem Kanal gefangen.
    »Wir werden noch eine Weile hier sein«, sagte Meir vom Rücksitz. »Creque läuft beim ersten Tageslicht mit der Refuerzo aus, um noch einmal die Plastikabsperrung zum Einsatz zu bringen.«
    Roman reckte sich, um Yue im anderen Boot auf sich aufmerksam zu machen, aber sie war zu sehr mit ihrem Laptop-Bildschirm beschäftigt, um ihn zu bemerken. Er wollte den Scan sehen, wollte seinem Feind ins Auge blicken. Er verfluchte die Unannehmlichkeit, dass die beiden Rennboote so weit voneinander entfernt waren.
    »Chartern Sie eine Yacht«, sagte er zu Meir, »und bestellen Sie etwas zu essen.«
    Ein Stück flussaufwärts, hinter einem Fischtrawler verborgen, riss CJ ein gummiartiges Stück kalter Pizza ab und stopfte es sich in den Mund. Sie hatte sich eine Tüte voller Vorräte für diesen Ausflug mitgenommen, aber sie war zu aufgeregt, um das Essen genießen zu können. Sie beobachtete das Küstenwachschiff, das den zwei Rennbooten folgte.
    Heute war ihre Regel bereits zwei Wochen überfällig. Sie versuchte nicht darüber nachzudenken. Ihr Zyklus war nie sehr zuverlässig gewesen. Trotzdem … an jenem Tag in der Piroge, bei ihrem ersten Mal mit Max, hatte keiner von ihnen daran gedacht, Kondome mitzunehmen. Sie strich mit dem Finger um den Rand ihres Nabels. Dann richtete sie das Fernglas wieder auf das Schiff der Küstenwache, dessen Anwesenheit sie beunruhigte.
    Ihre Schulter schmerzte, weil sie sich schon so lange das Handy ans Ohr drückte. »Was glaubst du, wie schnell das Wasser fließt?«, fragte sie Max.
    »Vielleicht zehn Knoten. Im März führt der Fluss immer so viel Wasser.«
    »He!« CJ sah, wie sich bei den kleinen Booten plötzlich etwas tat. »Warum lichtet ihr den Anker?«
    Aber Max bekam soeben neue Anweisungen erteilt und musste das Gespräch wegdrücken. CJ sah auch ganz von selbst, dass sich das Kolloid wieder in Bewegung gesetzt hatte. Sie beobachtete, wie die Quimicron-Rennboote flussabwärts fuhren, dicht gefolgt von der klobigen schwarzen Pilgrim. Sie hielten sich in der Nähe des

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