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Watschenbaum: Roman einer Kindheit (German Edition)

Watschenbaum: Roman einer Kindheit (German Edition)

Titel: Watschenbaum: Roman einer Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Günther
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es auch beim Weitsprung, den er logischerweise verstolpert, darauf an, das mit Abstand schlechteste Ergebnis zu erzielen.
    An einem der letzten Schultage wird das Flugblatt gegen die als Willkür denunzierte Entscheidung der Lehrerkonferenz verteilt. Es findet reißenden Absatz und ruft beträchtliches Aufsehen hervor. Die Aktion verhindert zwar nicht mehr, dass der aufsässige Schüler von der Schule fliegt, macht aber alle Mutmaßungen über die Zusammensetzung des Kerns der jungfräulichen Basisgruppe überflüssig, denn die naiven Protestierer, die den Wisch unterschrieben haben, gaben damit bedenkenlos ihre Namen preis. Die Schulleitung wird nun auf probate Mittel und Wege sinnen, sich ihrer im Verlauf des nächsten Schuljahres ebenfalls zu entledigen. Nun geht es aber erst einmal in die Sommerferien. Einen Teil der Schar, die sich im besetzten Institut gefunden hat, zieht es gleich per Autostop ins nachrevolutionäre Frankreich der ins Kraut schießenden maoistischen und trotzkistischen Grüppchen, der andere will vorher noch zum Knastcamp der außerparlamentarischen Opposition in den Steigerwald trampen. Die Rechtshilfe der APO veranstaltet dort aus Solidarität mit einem in das Provinzgefängnis verschubten Aufrührer, Rädelsführer und Landfriedensbrecher eine Rote Knastwoche mit Riesenzelt und Fußballmatch. Nebenher ist geplant, die revolutionäre Unruhe von der Stadt aufs Land und in die Dörfer zu tragen.
    Cornelius findet derweil eine Fabrik im Obersendlinger Industriegebiet, wo er sich für ein paar Wochen als Lagerarbeiter verdingen kann. Weil er nicht jeden Morgen überpünktlich die Stempelkarte in die Stechuhr schiebt, zeigt ihm der hagere Vorarbeiter voller Stolz seinen von zahlreichen Einstichnarben und Blutergüssen übersäten Körper. Obwohl er sich regelmäßig einer Blutwäsche unterziehen müsse, sei er in seinem ganzen Leben noch nie zu spät zur Arbeit gekommen, Cornelius solle sich doch an ihm gefälligst ein Beispiel nehmen.
    Hinter dem Rücken des abgezehrten Schmerzensmannes blinzelt ein Staplerfahrer dem leicht verdatterten Cornelius zu und verzieht das jugendliche Gesicht zu einer spöttischen Grimasse. In der nächsten Arbeitspause zeigt er ihm den Zugang zu einer vergessenen Baracke, wohin er sich zurückziehen kann, sobald die erste Arbeitswut verraucht und das Lager im geschäftigen Betrieb der großen Firma zu einer Insel der Stille geworden ist. In einer Tischschublade hat der freundliche Kollege ein in rotes Leder gebundenes Buch versteckt, das Cornelius unbedingt lesen soll. Also macht er es sich auf Kartonagestapeln bequem und versenkt sich in die schaurige Geschichte einer sadistisch veranlagten ungarischen Gräfin, die in den unterirdischen Gewölben ihres Karpatenschlosses vor dreieinhalb Jahrhunderten im Blut junger Bauernmädchen gebadet hat.
    Den Rest der Ferien verbringt er im öffentlichen Schwimmbad, wo er sich mit einem hübschen Mädchen befreundet. Astrid, die göttlich Schöne, so der Name des blankäugigen Wesens mit den kastanienbraunen Locken, findet sogar Gefallen an der traurigen Gestalt des ungeschickten Verehrers, doch Cornelius, die ewig trübsinnige, düstere Vogelscheuche, schafft es, sie im Verlauf weniger Sommertage mit der humorlosen Unbedingtheit seiner in untaugliche Worte gekleideten Überzeugungen zu verschrecken.
    In aller Unschuld schwärmt Astrid auf der Badewiese von den Beatles, ist obendrein der Meinung, der im Fernsehen übertragene Mondspaziergang sei
dufte
gewesen, ein wichtiger Augenblick im Ablauf der Menschengeschichte, ebenso wichtig, so der Raketenpionier Wernher von Braun, wie jener, in dem das Leben aus den Meeren auf das feste Land gekrochen ist. Für Cornelius sind das hinfällig gewordene Haltungen, die sich mit seinem schwarz geränderten Weltbild nicht vertragen und für die er nicht mehr empfänglich ist. Den Beatles zieht Cornelius die psychedelischen Sphärenklänge von Amon Düül und anderen obskuren Gruppen vor, die offen improvisieren, und falls er schon fertig strukturierte Musik hören muss, dann doch bitte nur solche von den Rolling Stones:
Paint it Black
etwa oder
Stupid Girl
.
    Und was die viel beschworene nächste Etappe in der Entwicklung der Menschheit angeht, so hat Cornelius auch dazu eine unversöhnliche Ansicht: Bevor der blaue Planet durch seine verletzliche Hülle hindurch verlassen wird, sollte erst einmal alter Ballast beseitigt werden. Die imperialistischen Kriege gehörten abgeschafft, der

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