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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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auf einmal in ein prustendes Lachen.
    »Es war eines von Peters Hemden«, rief er, und Angela verstand kein Wort mehr.
    II
    Irgendeinem Pionier der Therapeutik wird wohl eines Tages die Erkenntnis dämmern, dass Leute, die für den Entzug von Essen und Trinken fünfzig Pfund pro Woche hinzublättern bereit sind, eigentlich nur leiden wollen, so dass man sie ebenso gut in irgendeinem billigen Rattenloch unterbringen könnte. Derzeit aber werden die [437] Gewinne dieser vielen florierenden Unternehmen im Dienste der Askesewilligen noch geschmälert durch gepflegte Gartenanlagen draußen, gemütliche Inneneinrichtung und Apparaturen wie in einem Krankenhaus.
    Basil und Angela fanden in dem Sanatorium, das ihnen Molly Pastmaster empfohlen hatte, nicht sofort Platz. Es gab eine Warteliste von Leuten mit allerlei Wehwehchen. Zuletzt überboten sie ganz einfach ihre Leidenskonkurrenz. So bekamen ein Mann, dessen Leibesfülle schon eine Gefahr für seine Fußgelenke darstellte, und eine Frau, die unter rasenden Halluzinationen litt, die Mitteilung, dass es bei ihrer Buchung einen Fehler gegeben habe, und an einem warmen Nachmittag fuhren Basil und Angela hin und nahmen ihre Zimmer in Beschlag.
    Dieses so entgegenkommende Haus hatte sogar einen eigenen Arzt, der gleich nach der Ankunft mit jedem Patienten einzeln sprach und so tat, als ob er auf seine individuellen Bedürfnisse einginge.
    Zuerst empfing er Angela. Derweil saß Basil teilnahmslos im Wartezimmer, den Kopf auf seinen Spazierstock gestützt, und starrte vor sich hin ins Leere.
    Endlich wurde auch er vorgelassen und nannte [438] sein Begehr. Der Arzt untersuchte ihn gar nicht erst. Der Fall war klar.
    »Sie klagen also, um auf Fachtermini zu verzichten, über Sprachlosigkeit, Erhitzung und Atemnot, Schwindelgefühl und anschließendes Zittern?«, fragte dieser Mann der Wissenschaft.
    »Ich habe das Gefühl, gleich zu platzen«, sagte Basil.
    »Eben. Und diese Symptome treten nur auf, wenn Sie junge Männer sehen?«
    »Haarige junge Männer vor allem.«
    »Aha.«
    »Diese Welpen !«
    »Ach, bei Welpen auch? Das ist sehr interessant. Wie reagieren Sie auf junge Katzen?«
    »Mit den Welpen meinte ich die jungen Männer.«
    »Ja. Aber Sie mögen Welpen, Mr. Seal?«
    »Einigermaßen.«
    »Aha.« Der Mann der Wissenschaft studierte das Karteiblatt auf seinem Schreibtisch. »Ist Ihnen diese Vorliebe für Ihr eigenes Geschlecht schon immer bewusst gewesen?«
    »Sie ist mir bis heute nicht bewusst.«
    »Sie sind jetzt 58 Jahre und zehn Monate alt. Das ist oft ein entscheidendes Alter, eine Zeit des Wandels, in der unterdrückte und unvermutete [439] Neigungen plötzlich hervorbrechen und sich Ihrer bemächtigen können. Ich würde Ihnen dringend eine Psychoanalyse empfehlen. Diese Art von Behandlung bieten wir hier nicht an.«
    »Ich will nur das Gefühl loswerden, dass ich gleich platzen muss.«
    »Nun, zweifellos wird unsere Kur die Symptome lindern. Sie begegnen hier nicht vielen jungen Männern, die Sie aus der Ruhe bringen könnten. Unsere Patienten sind vorwiegend reifere Frauen. Da ist allerdings ein ausgesprochen maskuliner junger Gymnastiklehrer. Er hat zwar ganz kurze Haare, aber Sie sollten sich doch lieber vom Gymnastikraum fernhalten. Ach ja, und wie ich aus Ihren Unterlagen ersehe, sind Sie durch eine Kriegsverletzung behindert. Dann kann ich ja allen Sport aus Ihrem Stundenplan streichen und durch zusätzliche Spezialmassagen von weiblicher Hand ersetzen. Hier ist Ihr Diätplan. Sie sehen, dass Sie in den ersten achtundvierzig Stunden ausschließlich Steckrübensaft bekommen. Danach können wir zu Karotten übergehen. Nach vierzehn Tagen dürfen Sie dann, wenn alles gutgeht, schon rohe Eier und Gerstensuppe zu sich nehmen. Und haben Sie keine Hemmungen, mich aufzusuchen, wenn Sie irgendein Problem mit mir besprechen wollen.«
    [440] Die Schlafquartiere der weiblichen und männlichen Hausinsassen waren durch die ganze Länge des Hauses voneinander getrennt. Basil fand Angela im Salon. Sie verglichen ihre Diätpläne.
    »Komisch, dass dieselbe Behandlung gegen Schlaflosigkeit und Schlaganfall gut sein soll.«
    »Dieser Pfuscher hält mich für andersrum.«
    »Na, da braucht’s schon einen Mediziner, um so etwas rauszufinden. All die Jahre, und ich hatte keine Ahnung! Die haben nämlich immer recht. Darum gehst du also die ganze Zeit in diesen komischen Club.«
    »Jetzt ist nicht die Zeit für Witze. Es kommen bittere vierzehn Tage auf uns zu.«
    »Auf mich

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