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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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gesehen. Meine Tochter hatte ihn zu uns nach King’s Thursday eingeladen, als ich im Ausland war. Da hat sie gemerkt, dass er keine Hemden hatte, und ihm meine geschenkt.«
    »War er knapp bei Kasse?«
    »Sie sagt, ja.«
    »Clarence Albright hatte nie Geld. Sally kann ihm nicht viel eingebracht haben.«
    »Vielleicht besteht da gar keine Verbindung.«
    »Muss. Wenn zwei Männer kein Geld haben und beide Albright heißen, muss es sich doch um ein und denselben handeln.«
    Peter sah auf die Uhr.
    »Halb zwölf. Ich hab gar keine Lust, wieder da raufzugehen und mir diese Reden anzuhören. Wir waren ja da. Ambrose wird sich gefreut haben.«
    »Bestimmt. Aber er kann nicht von uns verlangen, dass wir uns auch noch diesen ganzen Schwachsinn anhören.«
    [429] »Wie hat der Kerl das eigentlich mit dieser ›Stille‹ gemeint? Ich kenne keinen, der so viel redet wie Ambrose.«
    »Alles Humbug. Wohin jetzt?«
    »Mir fällt gerade ein, dass meine Mutter hier oben wohnt. Wir könnten mal nachsehen, ob sie da ist.«
    Sie gingen nach oben, wo Lady Metroland eine Suite bewohnte, seit Pastmaster House zerstört war. Die Tür zum Flur war nicht abgeschlossen. Als sie in dem kleinen Vestibül standen, hörten sie von drinnen laute, ordinäre Stimmen.
    »Scheint eine Party im Gang zu sein.«
    Peter öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Es lag, abgesehen vom fahlen Licht eines Fernsehapparats, im Dunkeln. Vor dem Apparat saß Margot, das angespannte Gesicht so nah vor dem Bildschirm, dass es im Widerschein gespenstisch weiß wirkte.
    »Dürfen wir reinkommen?«
    »Wer sind Sie? Was möchten Sie? Ich kann Sie nicht sehen.«
    Peter knipste das Licht bei der Tür ein.
    »Lassen Sie das. Ach, du bist es, Peter. Und Basil.«
    »Wir haben unten gegessen.«
    »Also, tut mir leid, aber wie ihr seht, bin ich [430] beschäftigt. Macht das Licht aus, und kommt rein, wenn ihr wollt, aber stört mich nicht.«
    »Wir gehen lieber wieder.«
    »Ja. Kommt ein andermal wieder, wenn ich nicht so beschäftigt bin.«
    Draußen sagte Peter: »In letzter Zeit glotzt sie unentwegt in dieses Ding. Es macht ihr großen Spaß.«
    »Wohin jetzt?«
    »Ich dachte, wir könnten mal in den »Bellamy’s« reingucken.«
    »Ich gehe nach Hause. Angela ist allein. Barbara ist auf einer Party bei Robin Trumpington.«
    »Dann gute Nacht.«
    »Sag mal, diese Kuren, wo sie einen verhungern lassen – du weißt, was ich meine –, taugen die was?«
    »Molly schwört darauf.«
    »Sie ist ja auch nicht dick und rot.«
    »Eben, sie geht in diese Hungerkuren.«
    »Also, gute Nacht.«
    Peter wandte sich nach Osten, Basil in der milden, dunstigen Oktobernacht nach Norden. Die Straßen waren um diese Zeit leer. Basil stapfte die Piccadilly entlang und durch Mayfair hinauf zur Hill Street, wo von den Privathäusern seiner Jugend fast nur noch Angelas Haus übrig war. [431] Wie viele dieser Türen waren ihm damals verschlossen gewesen, die jetzt als Geschäfte und Büros für jeden offenstanden!
    Die Lichter brannten. Er warf Hut und Mantel auf einen Marmortisch und begann den Aufstieg zum Salon, blieb aber unterwegs auf dem Treppenabsatz stehen, um Luft zu holen.
    »Oh, Pumpel, du zehenloses Wundertier! Du kommst doch immer wie gerufen.«
    Er mochte ja pausbäckig sein, aber sein Alter hatte auch Vorteile. Als ranker, schlanker Jüngling war Basil nicht allzu oft so begrüßt worden. Zwei Arme schlangen sich um seinen Hals und zogen ihn nach unten, eine grazile Gestalt beugte sich über die Wölbung seines gestärkten Hemds, eine Wange schmiegte sich an die seine, und zärtliche Zähne knabberten an seinem Ohrläppchen.
    »Babs! Ich denke, du bist auf einer Party. Mein Gott, wie hast du dich denn angezogen?«
    Seine Tochter trug sehr enge, sehr kurze Hosen, Pantoffeln und einen dünnen Pullover. Er befreite sich und gab ihr einen lauten Klaps auf den Allerwertesten.
    »Sadist! Es ist eben die Art von Party. Ein ›Happening‹.«
    »Du sprichst in Rätseln, mein Kind.«
    »Das ist eine neue Art von Party, die sie in [432] Amerika erfunden haben. Es wird nichts vorbereitet. Man lässt einfach alles passieren. Heute Abend haben sie einem Mädchen mit einer Nagelschere die Kleider vom Leib geschnitten und sie grün angestrichen. Sie hatte eine Maske auf, drum weiß ich nicht, wer’s war. Vielleicht hat man sie dafür auch irgendwie engagiert. Und dann passierte als Nächstes, dass Robin die Getränke ausgingen; da sind wir alle losgezogen, um welche zu besorgen. Mama liegt im Bett und

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