Way Out
seiner Hosentasche.
»Sehen Sie nach Süden«, sagte er. »Dort unten liegt die Wall Street. Oder machen Sie einen Schaufensterbummel auf der Greene Street. Für die meisten Menschen gibt’s kein Genug.«
»Für mich schon.«
»Für mich auch«, sagte Reacher.
»Das meine ich eben. Sie könnten genau wie wir sein.«
»Nicht genau wie wir. Ich habe noch niemanden entführt. Sie vielleicht?«
Darauf gab Gregory keine Antwort. Sechsunddreißig Minuten später waren die beiden wieder im Dakota, und die Frau, die das Gebäude überwachte, hatte einen weiteren Eintrag in ihre Kladde geschrieben.
11
Reacher ließ sich von dem Feinkostgeschäft, das Edward Lane auf Rechnung belieferte, ein verspätetes Frühstück bringen, das er allein in der Küche aß. Anschließend streckte er sich auf einem Sofa aus und dachte nach, bis er zum Nachdenken zu müde war. Dann schloss er die Augen und döste, während er darauf wartete, dass das Telefon klingelte.
Auch Kate und Jade schliefen. Das war ganz natürlich. Sie hatten nachts keinen Schlaf gefunden, weshalb ihre Erschöpfung sie mitten am Tag überwältigte. Sie lagen auf ihren schmalen Betten im Tiefschlaf nah beieinander. Der einzelne Mann öffnete lautlos ihre Zimmertür, blieb kurz stehen und betrachtete sie. Dann verließ er rückwärtsgehend den Raum und ließ sie schlafen. Keine Eile, dachte er. In gewisser Weise machte ihm speziell diese Phase des Unternehmens Spaß. Er war süchtig nach Gefahr. Das war er schon immer gewesen. Zwecklos, das leugnen zu wollen. Diese Sucht machte ihn zu dem, was er war.
Als Reacher aufwachte, befand sich außer ihm nur noch Carter Groom im Wohnzimmer. Der Typ mit den Haifischaugen. Er saß in einem Sessel, ohne etwas zu tun.
»Sind Sie als Bewacher eingeteilt?«, fragte Reacher.
»Man kann Sie nicht gerade als Gefangenen bezeichnen«, antwortete Groom. »Sie sollen eine Million Bucks kriegen.«
»Stört Sie das?«
»Eigentlich nicht. Finden Sie sie, haben Sie das Geld verdient. Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert. Das steht in der Bibel.«
»Haben Sie sie oft gefahren?«
»Immer mal wieder.«
»Wie sind sie gefahren, wenn Jade dabei war?«
»Mrs. Lane saß immer vorn. Sie hat sich eigentlich wegen der ganzen Chauffeursache geniert. Die Kleine war dann natürlich hinten.«
»Was sind Sie früher gewesen?«
»Recon Marine – Aufklärer bei der Marineinfanterie«, sagte Groom. »First Sergeant.«
»Wie wären Sie bei der Entführung vor Bloomingdale’s vorgegangen?«
»Guter Kerl oder böser Kerl?«
»Böser Kerl«, sagte Reacher.
»Mit wie viel Mann?«
»Ist das wichtig?«
Groom dachte keine Sekunde lang darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nur der führende Kerl ist wichtig. Der führende Kerl könnte der einzige Kerl sein.«
»Wie wäre die Sache also abgelaufen?«
»Nur eine Möglichkeit, saubere Arbeit zu leisten«, erwiderte Groom. »Alles muss im Wagen passieren, bevor sie überhaupt aussteigen. Bloomie’s steht auf der Ostseite der Lexington Avenue, die Richtung Innenstadt führt. Also bleibt Taylor in der linken äußeren Spur und hält vor dem Haupteingang. Parkt vorübergehend in der zweiten Reihe. Worauf unser Kerl die hintere Tür aufreißt und neben der Kleinen auf den Rücksitz gleitet. Sie sitzt angeschnallt hinter ihrer Mutter. Unser Kerl drückt ihr seine Pistole an die Schläfe, packt mit der freien Hand ihr Haar und hält sie fest. Damit ist die Sache gelaufen. Auf der Straße hat niemand was mitgekriegt. Für die Leute wird jemand mitgenommen, nicht abgesetzt. Und Taylor muss von diesem Augenblick an tun, was ihm befohlen wird. Was bleibt ihm anderes übrig? Neben sich hat er Mrs. Lane, die ihm die Ohren vollkreischt. Er kann keinen Griff hochziehen und seinen Sitz ganz zurückschieben, um den Kerl einzuklemmen, weil der Jaguar elektrische Sitze hat. Er kann sich nicht herumwerfen und kämpfen, weil die Kleine eine Pistole an der Schläfe hat. Er kann keine wilden Ausweichmanöver versuchen, weil der Verkehr zähflüssig ist und der Typ mit der Pistole sich ohnehin nicht abschütteln ließe. Also ist das Spiel bereits aus.«
»Und was passiert dann?«
»Dann dirigiert unser Kerl Taylor an irgendeinen ruhigen Ort. Vielleicht in der Stadt, eher außerhalb der Stadt. Dort erschießt er ihn... Rückgratschuss durch die Sitzlehne, damit die Windschutzscheibe nicht zersplittert. Er zwingt Mrs. Lane dazu, ihn hinauszuwerfen. Dann zwingt er sie dazu, die restliche Strecke zu
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