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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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durchkämmen.
    Die Flüchtlinge kämpften gut und freuten sich eine Weile über kleinere Siege. Doch allmählich wurden sie dezimiert und waren gezwungen, sich tiefer in die Berge zurückzuziehen. Einige der Gefangenen versuchten es auf eigene Faust und gingen noch höher bis in die Schneegebiete, andere schickte Ustarte in Gruppen aus, um im Osten oder Süden Freiheit zu suchen. Entstellt und missgebildet, wie sie waren, warnte sie sie davor, Menschen zu erschrecken.
    Am letzten Morgen, als mehrere hundert Kriaznor zu ihrem Lager aufstiegen, scharte Ustarte die übrigen zwanzig Anhänger um sich. »Bleibt dicht bei mir«, befahl sie ihnen, »und folgt mir, wenn ich mich bewege.« Sie schickte ihren Geist aus und stellte sich das Tor vor, wie sie es in Deresh Karanys Gedanken gesehen hatte.
    Die Luft vibrierte. Ustarte streckte die Arme aus. »Jetzt!«, rief sie, gerade als die Kriaznor ins Lager stürmten. Ustarte machte einen Schritt nach vorn. Gleißende Lichter in zahlreichen Farben flackerten um sie herum. Als sie verblassten, stand sie auf einer grünen Lichtung im Schatten einer Reihe hoher Felswände. Die Sonne schien hell von einem klaren blauen Himmel. Nur neun ihrer Anhänger hatten es mit ihr geschafft. Verblüffte Kriaz-nor-Krieger standen in der Nähe. Vor ihnen befand sich ein gewaltiger steinerner Torbogen, der in die Felswand gehauen war. Unter dem Torbogen glühte der Fels, Wellen von blauen Blitzen zuckten darüber. Die Kriaznor stürzten sich dagegen. Ustarte sprang zu dem Tor. Prial, Menias, Corvidal und Sheetza, ein junges Mädchen mit der geschuppten Haut einer Echse, rannten mit ihr. Die anderen griffen die Kriaznor an.
    Ustarte breitete die Arme aus und rief all ihre Kräfte zusammen. Für einen Augenblick verblasste der Fels vor ihr, und sie sah hindurch auf eine monderhellte Reihe geisterhafter Ruinen. Als sie zu verblassen begannen, trat sie mit den letzten ihrer Anhänger hindurch.
    Hinter ihr schloss sich das Tor, nur blanker Fels war zu sehen.
    Sheetza stolperte und fiel. Ustarte sah, dass ein Messer in ihrem Rücken steckte. Das missgestaltete Mädchen war bewusstlos. Ustarte zog das Messer heraus und warf es beiseite. Dann legte sie ihre Hände auf die Wunde und verschloss sie so. Sheetzas Herz schlug nicht mehr. Ustarte konzentrierte sich auf ihre Macht und ließ das Blut des Mädchens wieder fließen.
    Sheetza schlug die Augen auf. »Ich dachte, man hätte mich erstochen«, sagte sie mit zischender Stimme. »Aber ich spüre keine Schmerzen. Sind wir jetzt in Sicherheit?«
    »Wir sind in Sicherheit«, sagte Ustarte und fühlte nach dem Puls des Mädchens. Er war nicht vorhanden. Nur Ustartes Magie ließ das Blut fließen. Sie war genau genommen bereits tot.
    In der Ferne sah Ustarte einen See glitzern, und die kleine Gruppe marschierte dorthin. Corvidal ging mit Sheetza schwimmen. Das Mädchen bewegte sich mit der Anmut eines Delfins im Wasser. Als sie wieder herauskam, lachte sie. Sie setzte sich ans Ufer und bespritzte Menias. Er lief zu ihr und packte sie, und beide fielen ins Wasser.
    Ustarte entfernte sich ein Stück. Prial kam und setzte sich zu ihr. »Vielleicht haben ein paar von den anderen es geschafft«, sagte er.
    Ustarte antwortete nicht. Sie beobachtete Sheetza. »Ich wusste nicht, dass du auch eine Heilerin bist«, sagte er.
    »Das bin ich auch nicht. Sheetza wird sterben. Ihr Herz war durchbohrt.«
    »Aber sie schwimmt«, wandte Prial ein.
    »Wenn die Magie verblasst, wird sie dahinscheiden. Noch ein paar Stunden. Ein Tag. Ich weiß es nicht.«
    »Oh, Große! Warum sind wir so verflucht? Haben wir in einem vergangenen Leben so schrecklich gesündigt?«
    In dieser Nacht unterhielt sich Ustarte mit Sheetza. Die Priesterin konnte fühlen, wie die Magie in dem Mädchen nachließ. Sie versuchte, ihr mehr Kraft einzuflößen, doch ohne Erfolg. Sheetza wurde schläfrig und legte sich nieder. »Was tun wir in dieser Welt, Große?«, fragte Sheetza.
    »Wir werden sie retten«, antwortete Ustarte. »Wir werden die üblen Pläne von Deresh Karany durchkreuzen.«
    »Werden die Menschen hier mich akzeptieren?«
    »Wenn sie dich kennen lernen, werden sie dich lieben, Sheetza, genau so, wie wir dich lieben.«
    Sheetza lächelte und schlief ein. Irgendwann in der Nacht, während Ustarte neben ihr lag, starb das Echsenmädchen schließlich.
     
    Immer noch in Gedanken verloren, merkte Ustarte nicht, wie Waylander zu ihr trat, bis er ihr schließlich eine Hand auf die Schulter

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