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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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der er gewesen war, genau das Richtige gewesen, doch sie konnte einfach nicht ganze Nächte in Seidengewändern durchtanzen oder den verschiedenen Banketten und Festlichkeiten beiwohnen, die Aric nun genoss. Sie war schließlich nichts weiter als eine Haushälterin von niederem Stand. Dann fiel ihm wieder ein, warum sie geweint hatte. Ja, er hatte versucht, ihr das zu erklären. Sie hatte dauernd von seinem Heiratsversprechen angefangen. Sie hätte doch wissen müssen, dass ein solches Versprechen von einem alternden, der Armut nahen Edelmann nicht dem jungen und starken Mann vorgehalten werden konnte, zu dem er geworden war. Ein anderer Mann hatte dieses Versprechen gegeben. Doch sie hatte nicht genug Verstand, um das zu begreifen, und hatte angefangen zu jammern. Er hatte sie gewarnt, sie solle still sein. Sie hatte nicht auf ihn gehört. Also hatte er sie erwürgt. Es war ein höchst befriedigendes Erlebnis gewesen, erinnerte er sich. Im Rückblick wünschte er, er hätte es ein wenig mehr in die Länge gezogen.
    Unter anderen Umständen hätte Aric das Kind selbst großgezogen, doch da er Pläne für die Ermordung des Herzogs schmieden musste, hatte er keine Zeit. Außerdem hatte Eldicar Manushan darauf hingewiesen, dass die Lebenskraft des Mädchens sehr viel wirkungsvoller sein würde als die des Dieners, dessen Tod Aric den ersten Vorgeschmack auf die Unsterblichkeit verliehen hatte. »Da sie von deinem eigenen Blute ist, wird sie dir Jahre voll Jugend und Gesundheit schenken.«
    Die Kutsche hielt an, und Aric kletterte hinaus. Er ging zur Vordertür, die von einer stattlichen Frau mittleren Alters geöffnet wurde. Sie knickste und führte ihn in einen schön möblierten Raum. Lalitia, in einem schlichten Kleid aus grüner Seide, saß lesend unter einer Lampe.
    »Wein für unseren Gast«, befahl sie der dicken Frau. Aric ging durchs Zimmer, küsste Lalitia die Hand und ließ sich auf einem Sofa ihr gegenüber nieder.
    Während er sie ansah, mit den Augen ihren weißen Hals und die schöne Kurve ihrer Brüste abtastete, musste er plötzlich daran denken, wie es wohl wäre, einen Dolch durch dieses grüne Kleid zu stoßen. Er stellte es sich blutüberströmt vor.
    Eldicar hätte ihn bei der Folterung des Kiatzes zusehen lassen sollen. Er dachte schon den ganzen Tag über die Musik der Schreie nach.
    Und er hatte keine weitere Verwendung mehr für Lalitia, also gab es auch keinen Grund, warum er sie nicht töten sollte.
    »Du scheinst guter Laune zu sein, Herr«, sagte Lalitia.
    »Das bin ich auch, Süße. Ich fühle mich … unsterblich.«
     
    Irgendetwas in Arics Verhalten ließ Lalitia vor Angst erbeben. Sie konnte keinen rechten Grund dafür finden. Er schien entspannt, doch in seinen Augen lag ein seltsames Glitzern.
    »Ich war sehr erleichtert, dass du das Massaker überlebt hast«, sagte sie. »Es muss beängstigend gewesen sein.«
    »Nein«, widersprach er. »Es war beglückend, so viele Feinde zur selben Zeit sterben zu sehen. Ich wünschte, ich könnte das noch einmal machen.«
    Jetzt wuchs ihre Angst wirklich. »Also wirst du der neue Herzog sein«, sagte Lalitia.
    »Eine Zeitlang«, sagte er, stand auf und zog seinen Dolch.
    Lalitia saß ganz still.
    »Ich langweile mich so, Rotschopf«, sagte er lässig. »In letzter Zeit gibt es so wenig, was mein Interesse reizt. Würdest du für mich schreien?«
    »Weder für dich noch für irgendeinen anderen Mann«, sagte sie. Aric kam näher. Lalitia rollte sich von ihm weg, griff hinter ein Seidenkissen und zog ein Messer mit schmaler Klinge hervor.
    »Ah, Rotschopf, du bist immer eine solche Freude!«, sagte Aric. »Jetzt langweile ich mich gar nicht.«
    »Komm noch näher, und du wirst dich nie mehr langweilen«, entgegnete sie.
    Die Tür hinter Lalitia ging auf, und der QUELLEN-Priester Chardyn trat ein. Aric lächelte, als er ihn sah. »Also hier hast du dich versteckt, Priester. Wer hätte das gedacht? Meine Männer haben die Häuser deiner Kirche durchsucht. Sie kamen allerdings nicht auf den Gedanken, in den Häusern der Huren zu suchen.«
    Der stämmige Priester stand einen Moment ganz still. »Was ist aus dir geworden, Aric?«, fragte er.
    »Aus mir geworden? Was für eine alberne Frage. Ich bin jünger, stärker und unsterblich.«
    »Vergangenes Jahr besuchte ich dich am Weidensee. Du schienst zufrieden zu sein. Du spieltest mit einem kleinen Kind, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Meine Tochter. Ein süßes Geschöpf.«
    »Ich wusste gar nicht,

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