Waylander der Graue
legte.
»Ich war sehr arrogant zu glauben, ich könnte mich gegen Deresh Karany und die Sieben stellen«, sagte sie. »Arrogant und dumm.«
»Sagen wir lieber, tapfer und selbstlos«, sagte Waylander. »Aber urteile noch nicht über dich. Morgen werden Emrin und Keeva den Jungen über die Hochpässe führen und versuchen, in die Hauptstadt zu gelangen. Sobald sie sicher unterwegs sind, werde ich die Unsterblichkeit unseres Magiers auf die Probestellen.«
»Du darfst dich nicht gegen ihn stellen, Grauer Mann.«
»Ich habe keine Wahl.«
»Wir alle haben eine Wahl. Warum solltest du dein Leben unnötig fortwerfen? Er kann nicht sterben.«
»Es geht nicht um ihn, Ustarte. Diese Männer haben meine Leute getötet und meinen Freund gefoltert. Was für ein Mann wäre ich denn, wenn ich nicht gegen sie kämpfte?«
»Ich will dich nicht sterben sehen«, sagte sie. »Ich habe schon zu viel Tod gesehen.«
»Ich lebe schon lange, Ustarte. Vielleicht zu lange. Viele bessere Männer liegen längst unter der Erde. Der Tod macht mir keine Angst. Doch selbst wenn ich akzeptieren könnte, was du über die Torheit einer Jagd auf Deresh Karany sagst, ist da doch eine Tatsache, die ich nicht ignorieren kann. Matze Chai ist noch immer ihr Gefangener. Und ich lasse meine Freunde nicht im Stich.«
KAPITEL 14
Graf Aric vom Hause Kilraith lehnte sich bequem in der Kutsche zurück und blickte müßig aus dem Fenster auf die Häuser, die die Pinienallee säumten. Auf den Straßen von Carlis waren nur wenige Menschen unterwegs. Das Massaker am Herzog und seinen Anhängern war Schock genug gewesen, aber zu erfahren, dass Dämonen dafür verantwortlich waren, hatte die Bevölkerung verängstigt. Die meisten blieben hinter verschlossenen Türen und entdeckten die Vorzüge des Gebets neu. Mehrere hundert Familien hatten sich im Tempel versammelt, im Glauben, seine Mauern würden alle bösen Geister fern halten. Sie hofften, dass Chardyn erscheinen würde, doch der Priester war so klug gewesen, sich zu verstecken.
Die Kutsche fuhr weiter durch die leere Stadt.
Arics Stimmung war nicht gut. Wie er Eldicar Manushan gesagt hatte, langweilte er sich. Es war unhöflich gewesen, ihn die Folter des Kiatzes nicht mit ansehen zu lassen. Schmerzensschreie hatten etwas an sich, dass das Unwohlsein, das Aric seit einiger Zeit verspürte, durchdrang.
Seine Laune hob sich ein bisschen, als er an Lalitia dachte, das schlanke, rothaarige Mädchen, das er im Gefängnis entdeckt hatte. Sie besaß Mut und Ehrgeiz und einen Körper, den sie recht gut zu benutzen wusste. Das waren gute Tage gewesen, dachte er.
Aric war damals der Herr des Halbmonds gewesen und genoss ein schönes Leben durch die Steuern, die er von den Bauern und Fischern erhielt. Doch nicht ganz so schön wie manche der anderen Adligen, vor allem Ruall, dessen Einkommen zehnmal so hoch war wie das Arics. Eines Nachts, im alten Herzogspalast in Masyn, hatte Aric an einem Glücksspiel teilgenommen. Er hatte zwanzigtausend Goldstücke gewonnen. Ruall war der größte Verlierer gewesen. Aric war plötzlich von bescheidenem Wohlstand zu einem, zumindest in seinen Augen, reichen Mann aufgestiegen. Er hatte das Geld mit vollen Händen ausgegeben und innerhalb eines Jahres Schulden in Höhe der Summe, die er gewonnen hatte. Also spielte er wieder, und dieses Mal verlor er schwer. Je mehr er verlor, desto mehr spielte er.
Vor bitterer Armut hatten ihn nur der Tod des alten Herzogs und dessen Nachfolge durch Elphons gerettet. Dies wiederum verschaffte Aric den Grafentitel von Kilraith. Mit den neuen Steuereinnahmen konnte er wenigstens die Zinsen für seine Schulden begleichen.
Die Ankunft des Grauen Mannes war seine Rettung gewesen. Er hatte dem geheimnisvollen Fremden die Ländereien des Halbmonds gegen zehn Jahre Steuereinnahmen verpachtet. Das hätte ausreichen sollen, um Aric von allen Schulden zu befreien. Und das hätte es auch getan, wenn er nicht Rualls Wette um vierzigtausend Goldstücke auf ein einziges Pferderennen angenommen hätte. Aric war entzückt gewesen, denn die beiden Pferde waren zwar gleich stark gewesen, doch er hatte bereits einen Stalljungen bestochen, Rualls Vollblut einen Trank zu verabreichen, der seine Ausdauer erheblich beeinträchtigen würde. Der Trank hatte besser gewirkt als erwartet, und das Pferd war in der Nacht gestorben. Ruall hatte ein anderes Pferd ins Rennen geschickt, wogegen Aric nichts einwenden konnte. Das neue Pferd hatte Arics Rennpferd um
Weitere Kostenlose Bücher