Waylander der Graue
glitzerndes Schwert direkt in den Arm. Er hörte einen Schmerzensschrei, und für den Bruchteil einer Sekunde sah Kysumu ein grauenhaftes Gesicht mit großen, vorstehenden roten Augen und gekrümmten Reißzähnen. Dann war es wieder im Nebel verschwunden.
Der Himmel wurde allmählich heller, der Nebel strömte zurück in den Wald.
Kurz darauf schien die Sonne über die Berge, und auf der Lichtung war alles ruhig. Zwei der Pferde waren tot, ihre Bäuche aufgerissen. Von dem vermissten Wachmann fehlte jede Spur.
Als die Sonne die Lichtung beschien, hörte Kysumus Schwert auf zu leuchten und verblasste wieder zu silbernem Stahl.
Vor seinen Füßen wand sich noch immer der Klauenarm. Als die Sonne darauf fiel, warf die Haut Blasen und wurde schwarz, schälte sich von grauen Knochen. Rauch stieg auf, Gestank erfüllte die Luft.
Kysumu ging über die Lichtung. Yu Yu Liang trat zu ihm.
»Was sie auch waren«, sagte Yu Yu glücklich, »sie waren zwei Rajnees nicht gewachsen.«
Matze Chai öffnete die Klappe seines Zeltes und trat ins Freie. »Was hat der ganze Lärm zu bedeuten?«, fragte er.
»Wir wurden angegriffen«, erklärte Kysumu ruhig. »Ein Mann ist tot, und wir haben zwei Pferde verloren.«
»Angegriffen? Sind die Banditen zurückgekommen?«
»Nein, keine Räuber«, sagte Kysumu. »Ich glaube, wir sollten aufbrechen. Und zwar schnell.«
»Wie du willst, Rajnee.« Matze Chai beugte sich vor und betrachtete Yu Yu Liang. »Und wer ist diese … Person?«
»Ich bin Yu Yu Liang. Und ich half beim Kampf gegen die Dämonen.« Yu Yu hob sein Schwert und warf sich in die Brust. »Als die Dämonen kamen, hieben wir …«, begann er aufgeregt.
»Halt!«, sagte Matze Chai und hob eine schlanke Hand. Yu Yu brach ab. »Steh still und halt den Mund.« Matze Chai wandte sich wieder an Kysumu. »Du und ich, wir werden dieses Gespräch in meiner Sänfte fortsetzen, sobald wir unterwegs sind.«
Mit einem finsteren Blick auf Yu Yu verschwand der Kaufmann wieder in seinem Zelt. Kysumu ging davon. Yu Yu lief ihm nach. »Ich wusste nicht, dass diese Schwerter so leuchten können.«
»Ich auch nicht.«
»Oh. Ich dachte, du könntest es mir erklären. Wir sind ein gutes Team, was?«
Kysumu überlegte kurz, welche große Sünde er wohl in einem früheren Leben begangen haben mochte und ob Yu Yu die Strafe dafür war. Er blickte dem größeren Mann in das bärtige Gesicht, dann ging er ohne ein Wort davon.
»Gutes Team«, hörte er Yu Yu sagen.
Kysumu ging durch das Lager zurück, konnte aber keine Spur mehr von dem abgetrennten Arm finden. Doch am Waldrand fand er zahlreiche Spuren von dreizehigen Klauenfüßen. Liu, der junge Hauptmann der Wache, kam auf ihn zu. Die Augen des Mannes blickten ängstlich, und er warf nervöse Blicke zum Wald.
»Ich hörte deinen Schüler sagen, es waren Dämonen.«
»Er ist nicht mein Schüler.«
»Ach, Verzeihung. Aber glaubst du denn, dass es Dämonen waren?«
»Ich habe noch nie einen Dämon gesehen«, sagte Kysumu leise. »Aber darüber können wir sprechen, wenn wir wieder auf der Straße und aus diesem Wald heraus sind.«
»Jawohl. Was sie auch waren, es war ein Glück, dass dein … dein Freund zur Hand war, um uns mit seinem leuchtenden Schwert beizustehen.«
»Er ist nicht mein Freund«, sagte Kysumu. »Aber ja, es war ein Glück.«
Matze Chai saß in seiner Sänfte, die seidenen Vorhänge waren zugezogen. »Glaubst du, es waren Dämonen?«, fragte er den kleinen Schwertkämpfer.
»Ich wüsste keine andere Erklärung. Ich habe einem Wesen den Arm abgetrennt, und er verbrannte im Sonnenlicht wie in einem Ofen.«
»Ich habe noch nie von Dämonen in diesem Teil der Welt gehört, aber mein Wissen über Kydor ist auch begrenzt. Mein Kunde hat nichts davon erwähnt, als er mich hierher einlud.« Matze Chai schwieg. Er hatte einst einen Zauberer angeheuert, der einen Dämonen herbeirufen sollte, um einen Geschäftsrivalen zu töten. Am nächsten Morgen hatte man seinen Rivalen gefunden, ihm war das Herz herausgerissen worden. Matze Chai hatte nie erfahren, ob wirklich etwas Übernatürliches seine Hand im Spiel gehabt hatte oder ob der Zauberer lediglich einen Mörder gedungen hatte. Der Zauberer selbst war zwei Jahre später nach einem versuchten Anschlag auf den Kaiser von Gothir gepfählt worden. Es hieß, dass ein gehörnter Dämon im Palast erschienen war und mehrere Wachleute getötet hatte. Konnte es sein, überlegte er, dass einer von Matzes zahlreichen Feinden einen
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