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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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meiner Familie«, entgegnete Yu Yu.
    »Darf ich mal sehen?«
    Yu Yu wollte es ihm schon reichen, doch dann sprang er nach hinten und ließ es durch die Luft sausen. »Du versuchst, mich auszutricksen!«, rief er. »Sehr schlau!«
    Der Rajnee schüttelte den Kopf. »Ich versuche nicht, dich auszutricksen«, sagte er gelassen. »Lebewohl.«
    Als er sich umdrehte, rief Yu Yu hinter ihm her: »Warte!« Der Rajnee blieb stehen und sah sich um.
    »Ich fand es nach einer Schlacht«, sagte er. »Also nahm ich es mit. Dem Besitzer war es egal. Der größte Teil seines Kopfes fehlte.«
    »Du bist weit weg von zu Hause, Yu Yu Liang. Ist es dein Ziel, Räuber zu werden?«
    »Nein! Ich will ein Held werden. Ein großer Kämpfer. Ich will durch die Marktflecken stolzieren und die Leute sagen hören: ›Das ist er. Das ist …«
    »Ja, ja«, sagte der Rajnee. »Yu Yu Liang. Na schön, jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt, und zumindest das Stolzieren beherrschst du schon. Jetzt schlage ich vor, dass du mit mir kommst.« Damit ging er davon.
    Yu Yu steckte sein Schwert in die Scheide und schlang sich das Wehrgehänge über die Schulter. Dann nahm er den Beutel, der seine mageren Habseligkeiten enthielt, und lief los, um den Rajnee einzuholen.
    Der Mann sagte zuerst nichts, während Yu Yu neben ihm hermarschierte, doch nachdem sie fast eine Stunde lang gewandert waren, hielt der Rajnee inne. »Hinter diesen Bäumen liegt das Lager meines Herrn, des Kaufmanns Matze Chai.« Yu Yu nickte verstehend und wartete. »Wenn dich jemand erkennen sollte, was willst du dann sagen?«
    Yu Yu dachte einen Augenblick darüber nach. »Dass ich dein Schüler bin und du mich lehrst, ein großer Held zu werden.«
    »Bist du ein Irrer?«
    »Nein, ich bin ein Grabenbauer.«
    Der Rajnee wandte sich zu ihm und seufzte. »Warum bist du in dieses Land gekommen?«, fragte er.
    Yu Yu zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht genau. Ich wollte nach Westen, als ich das Schwert fand, und dann beschloss ich, nach Nordosten zu gehen.«
    Yu Yu fühlte sich unter dem dunklen Blick des Mannes unbehaglich, und das Schweigen wuchs. »Nun«, fragte Yu Yu schließlich, »was meinst du?«
    »Wir reden morgen früh weiter«, sagte Kysumu. »Es gibt viel zu überlegen.«
    »Dann bin ich also dein Schüler?«
    »Du bist nicht mein Schüler«, widersprach Kysumu. »Falls dich jemand erkennt, wirst du die Wahrheit sagen. Du wirst sagen, dass du kein Räuber bist, und dass du nur mit ihnen unterwegs warst.«
    »Warum war ich denn mit ihnen unterwegs?«
    »Wie bitte?«
    »Falls sie fragen.«
    Der Rajnee holte tief Luft. »Erzähl ihnen einfach von deinem Wunsch zu stolzieren.« Dann ging er davon zu den Lagerfeuern.

 
KAPITEL 4
     
    Die ersten Gesetzlosen schlichen sich zurück zu dem nur noch glimmenden Lagerfeuer. Sie waren auf der Hut, voller Angst, dass der grau gekleidete Rajnee sich irgendwo in der Nähe verbarg, bereit sie anzuspringen und ihnen mit seinem bösartigen Krummschwert das Leben zu entreißen. Sie hatten gesehen, wie Rukars Körper von der Schulter bis zum Bauch aufgeschlitzt worden war, wie seine Gedärme herausquollen, und sie hatten nicht den leisesten Wunsch, sein grauenhaftes Schicksal zu teilen.
    Beruhigt, dass der Schwertkämpfer fort war, sammelte einer der Männer trockenes Holz und warf es aufs Feuer. Sofort loderten Flammen auf, es wurde heller.
    »Was ist mit Yu Yu passiert?«, fragte ein anderer und suchte den Erdboden nach Kampfspuren ab.
    »Er ist bestimmt geflohen«, sagte ein anderer. »Nirgends ist Blut.«
    Im Laufe einer Stunde hatten sich zwölf Männer um das Feuer versammelt. Drei versteckten sich noch immer draußen auf der Ebene. Es wurde kälter, und ein leichter Nebel kroch über das Land, wirbelnd wie blasser Rauch.
    »Wo hast du dich versteckt, Kym?«, fragte einer.
    »Da gibt es ein paar eingestürzte Mauern. Ich habe mich hinter eine gekauert.«
    »Ich auch«, sagte ein anderer. »Muss mal ein großes Dorf gewesen sein.«
    »Es war eine Stadt«, sagte Kym, ein kleiner Mann mit sandfarbenem Haar und schiefen Zähnen. »Mein Großvater hat uns immer Geschichten darüber erzählt, tolle Geschichten. Von Ungeheuern und Dämonen. Großartiges Zeug. Mein Bruder und ich lagen in unseren Betten, und wir hörten gebannt und voller Angst zu.« Der Mann lachte. »Danach konnten wir nicht schlafen, und unsere Mutter schimpfte mit Großvater, weil er uns Angst einjagte. Aber am nächsten Abend bettelten wir darum, dass er mehr

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