Waylander der Graue
beobachten?«
»Er war nicht einfach nur einverstanden«, sagte Eldicar. »Er hat die Summe erhöht.«
»Ich weiß. Sein Vermögen ist legendär. Geld bedeutet ihm offenbar nicht viel.«
»Unterschätze diesen Mann nicht«, sagte Eldicar.
»Ich verstehe nicht. Ich habe ihn gerade gerupft wie ein Hühnchen, und er hat keinen Widerstand geleistet.«
»Das Spiel ist noch nicht vorbei. Du hast gerade einen Mann gesehen, der seinen Ärger hervorragend verbergen kann. Er hat sich nur dadurch verraten, indem er seine Verachtung durch die Erhöhung der Summe zeigte. Dieser Graue Mann ist gewaltig, und ich bin noch nicht bereit, ihn mir zum Feind zu machen. Wenn das Spiel also weitergeht, wirst du nichts unternehmen.«
»Weitergeht?«
Eldicar Manushan lächelte dünn. »Bald wirst du mir Neuigkeiten bringen, und dann sprechen wir weiter darüber.« Eldicar stand auf. »Aber erst einmal möchte ich diesen Palast erforschen. Er gefällt mir. Er wird meine Zwecke erfüllen.« Er streckte die Hand aus, nahm seinen Pagen bei der Hand und verließ mit ihm das Zimmer.
Manche Leute glaubten, dass der dicke Kaufmann Vanis nie etwas bedauerte. Er war immer jovial und sprach oft von der Dummheit der Menschen, die darauf beharrten, Fehler der Vergangenheit immer wieder zu durchleben, sich darüber zu sorgen und sie aus jedem möglichen Blickwinkel zu betrachten. »Man kann die Vergangenheit nicht ändern«, pflegte er zu sagen. »Lernt aus euren Fehlern und macht weiter.«
Doch Vanis musste sich selbst tatsächlich ein winziges Bedauern eingestehen, ja sogar Traurigkeit – über den Tod seiner beiden dummen Neffen. Dies wurde natürlich durch die Nachricht von Aric gemildert, dass alle seine Schulden getilgt waren und dass ein zusätzliches Vermögen in Gold bald in die Hände seiner Schwester Paria gelangen würde. Dieses Geld würde dann unverzüglich an Vanis zur Anlage weitergereicht, da Paria noch weniger Verstand hatte als ihre verstorbenen Kinder.
Der Gedanke an das Gold und was er damit tun würde, erfüllte ihn und ließ den leisen Kummer von einer Woge zu erwartender Freuden überschwemmen. Vielleicht gelang es ihm jetzt, das Interesse der Kurtisane Lalitia zu erringen. Aus irgendeinem Grund hatte sie bislang all seine Avancen zurückgewiesen.
Vanis hievte seine beträchtliche Masse vom Sofa und ging zum Fenster. Er sah hinunter auf die Wachmänner, die auf dem ummauerten Gelände um sein Haus Streife gingen. Er stieß das Fenster auf und trat auf den Balkon hinaus. Die Sterne strahlten von einem klaren Himmel, und ein drei viertel voller Mond hing dicht über den Baumkronen. Es war eine schöne Nacht, warm, doch nicht schwül. Zwei Wachhunde liefen über den gepflasterten Zuweg und verschwanden im Gebüsch. Es waren wilde Geschöpfe, die ihn schaudern ließen, und er hoffte, dass alle Türen im Erdgeschoss verschlossen waren. Er hatte nicht das Bedürfnis, eins der Tiere während der Nacht auf seinen Fluren zu finden.
Die eisernen Tore zu seinem Haus waren verschlossen, und Vanis entspannte sich ein wenig.
Im Widerspruch zu seiner eigenen Philosophie musste er immer wieder über die Fehler der vergangenen Monate nachdenken. Er hatte den Grauen Mann zu leicht genommen und geglaubt, er würde es nicht wagen, auf Bezahlung seiner Schulden zu drängen. Schließlich war Vanis eng mit dem Haus Kilraith verbunden, und der Graue brauchte als Ausländer jeden Freund, den er finden konnte, um seinen Geschäftsinteressen in Carlis nachzugehen. Die Fehleinschätzung war kostspielig gewesen. Vanis hätte sich denken können, dass die Angelegenheit sich nicht so einfach regeln ließe, als die Schulden bei der Kaufmannsgilde hinterlegt und die Rückzahlungsverpflichtungen unter Zeugen niedergeschrieben wurden.
Er ging wieder hinein und schenkte sich ein Glas Leninsches Feuer ein, eine bernsteinfarbene Flüssigkeit, die auf ihn stärker wirkte als der beste Wein.
Es war nicht seine Schuld, dass die beiden Jungen tot waren. Hätte der Graue Mann nicht gedroht, ihn zu ruinieren, wäre nichts von alldem geschehen. Er war der Schuldige.
Vanis nahm noch einen Schluck und ging zum westlichen Fenster. Von hier aus konnte er in der Ferne den Palast des Grauen Mannes jenseits der Bucht im Mondlicht weiß schimmern sehen. Wieder ging er auf den Balkon hinaus, um seine Wachleute zu überprüfen. Ein blonder Armbrustschütze saß auf den unteren Asten einer Eiche, die Augen auf die Gartenmauer gerichtet. Hinter ihm patrouillierten
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