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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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blickte über das glitzernde Wasser. »Was hast du in deiner Trance erfahren?«, fragte er Kysumu.
    »Nichts«, gestand der Rajnee.
    »Und doch bist du überzeugt, dass der Geist eines toten Rajnee deinem Freund erschien?«
    »Ja.«
    »Das ergibt für mich keinen Sinn«, meinte Waylander. »Warum sollte ein toter Rajnee Kontakt zu einem Arbeiter aufnehmen, aber seinesgleichen nicht erscheinen?«
    »Das ist eine Frage, über die ich auch nachgrübele«, gab Kysumu zu.
    Waylander blickte den kleinen Schwertkämpfer an. »Und das macht dir Kummer?«
    »Natürlich. Ich fühle mich auch sehr beschämt, weil ich Yu Yu in solche Gefahr gebracht habe.«
    »Er hat seine Wahl getroffen«, sagte Waylander. »Er hätte auch davonlaufen können.«
    »Allerdings. Es erstaunt mich, dass er es nicht getan hat.«
    »Wärest du davongelaufen?«, fragte Waylander leise.
    »Nein. Aber ich bin auch ein Rajnee.«
    »Heute Abend sah ich einen verängstigten Mann mit einem leuchtenden Schwert gegen Dämonen kämpfen, um einen Freund zu beschützen. Wie würdest du ihn bezeichnen?«
    Kysumu lächelte, dann machte er eine tiefe Verbeugung.
    »Ich würde sagen, er hat das Herz eines Rajnee«, sagte er schlicht.
     
    Die beiden Männer saßen noch eine Stunde lang schweigend beisammen, jeder in seine Gedanken versunken. Langsam wurde der Himmel heller, und Vogelgezwitscher erfüllte die Luft. Waylander lehnte sich in seinem Stuhl zurück, die Glieder schwer vor Müdigkeit. Er schloss die Augen und döste. Sofort versank er in Träumen, wirbelnden Farben, die ihn nach unten zogen.
    Er erwachte mit einem Ruck, als die rot gekleidete Priesterin auf die Terrasse trat. »Ist er tot?«, fragte er.
    »Nein. Er wird wieder gesund, glaube ich.«
    »Dann hast du alle … Eier gefunden?«
    »Ich hatte Hilfe«, antwortete sie und setzte sich neben ihn. »Seine Seele wurde bewacht, und in ihm strömte Kraft.«
    »Qin Chon«, sagte Kysumu leise.
    Ustarte sah ihn an. »Ich weiß nicht, wie der Geist heißt. Ich konnte keine Verbindung mit ihm aufnehmen.«
    »Es war Qin Chong«, erklärte Kysumu. »Der Legende nach ist er der erste der Rajnee. Er erschien Yu Yu in den Ruinen. Aber mir nicht«, setzte er betrübt hinzu.
    »Mir auch nicht«, sagte sie. »Was kannst du mir über ihn erzählen?«
    »Sehr wenig. Seine Taten sind im Reich der Fabel verloren, mündlich überlieferte Geschichten, die ausgeschmückt oder erfunden wurden. Je nachdem, welche Geschichte man liest, kämpfte er gegen Drachen, böse Götter und Riesenwürmer unter der Erde. Er hatte ein Feuerschwert, das Pien’chi hieß, und man nannte ihn den Topfen.«
    »Berichten die Legenden, wie er starb?«
    »Ja, auf Dutzend verschiedene Weisen: durch Feuer, durch das Schwert, ins Meer hinabgezogen. In einer Geschichte wandert er in die Unterwelt, um seine Liebste zu retten, und kehrte nie zurück. In einer anderen sprossen ihm sogar Flügel, und er entschwebte in den Himmel. In einer erschienen die Götter bei seinem Tod und verwandelten ihn in einen Berg, damit er Wache über sein Volk hält.«
    Ustarte schwieg einen Moment. »Vielleicht kann uns Yu Yu mehr erzählen, wenn er aufwacht.«
    »Ich würde gern mehr über diese Kraloth erfahren«, sagte Waylander. »Was sind sie?«
    »Es sind verschmolzene Hunde«, erklärte Ustarte. »Künstliche Geschöpfe, aus dunkler Magie geschaffen. Sie sind sehr stark, und gewöhnliche Waffen können ihnen nichts anhaben …«, sie sah ihm in die Augen und lächelte schwach, »… es sei denn, der Schädel oder der Nacken werden durchbohrt. Wie du weißt, bringt ihr Biss einen schmerzvollen Tod. Sie werden von einem Bezha geleitet einem Hundeführer.«
    »Ich habe einen Blick auf ihn erhascht«, sagte Kysumu, »aber nur die Augen.«
    »Er wird das Gewand der Nacht getragen haben«, sagte Ustarte. »Es besteht aus tiefstem Schwarz und reflektiert kein Licht. Deswegen kann das Auge es nicht sehen.«
    »Warum sind sie hier?«, wollte Waylander wissen.
    »Sie sind die Vorhut zweier schrecklicher Feinde. Meine Anhänger und ich hatten gehofft, ihre Ankunft zu verhindern. Wir haben versagt.«
    »Was für Feinde?«, warf Kysumu ein.
    »Anharats Dämonen und die Zauberer von Kuan Hador.«
    »Ich habe die Legenden über Anharat gelesen«, sagte Kysumu. »Der Herrscher der Dämonen. Wie ich mich erinnere, wurde er nach einem Krieg von der Welt verstoßen. Ich glaube, er hatte einen Bruder, der der Menschheit half.«
    »Der Bruder war Emsharas«, sagte Ustarte, »und es

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