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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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müsste er eigentlich schon tot sein, aber er ist ein zäher Bursche.« Er trocknete sich die Hände an einem sauberen Handtuch ab und blickte in das graue Gesicht Yu Yu Liangs hinunter. »Du sagst, ein Hund hätte ihn gebissen?«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, man hat ihn getötet.«
    »Ja.«
    »Ich kann nur vermuten, dass mit dem Biss irgendein Gift übertragen wurde. Vielleicht hatte das Tier etwas gefressen und hatte noch etwas verdorbenes Fleisch zwischen den Zähnen.« Der Arzt fuhr sich über den Rücken seiner langen Nase und setzte sich neben den Sterbenden. »Ich kann nichts für ihn tun«, sagte er erbittert.
    »Ich bleibe bei ihm«, sagte Waylander. »Du solltest dich etwas ausruhen. Du siehst erschöpft aus.«
    Mendyr Syn nickte. Er sah zu Waylander auf. »Es tut mir Leid«, sagte er. »Du warst immer sehr großzügig gegenüber mir und meiner Forschung, und bei der einzigen Gelegenheit, etwas davon zurückzuzahlen, versage ich.«
    »Du brauchst mir nichts zurückzuzahlen. Du hast vielen geholfen, die es nötig hatten.«
    Als der Arzt aufstand, ging die Tür auf, und die kahlgeschorene Priesterin Ustarte trat ein, gefolgt von Kysumu. Sie neigte den Kopf vor Waylander und Mendyr Syn. »Bitte verzeiht mein Eindringen«, sagte sie mit einem Blick in die hellblauen Augen des Arztes. »Ich dachte, ich könnte vielleicht helfen. Ich möchte jedoch niemandem zu nahe treten.«
    »Ich bin nicht arrogant, meine Dame«, sagte Mendyr Syn. »Falls du etwas für diesen Mann tun kannst, wäre ich dir dankbar.«
    »Das ist sehr großzügig«, sagte sie und ging an ihm vorbei zum Bett. Ihre behandschuhte Hand nahm den Umschlag ab und untersuchte die übel riechende Wunde. »Ich brauche eine Metallschale«, sagte sie, »und mehr Licht.« Mendyr Syn ging hinaus und kam mit einer Kupferschale und einer zweiten Laterne zurück, die er neben das Bett stellte. »Vielleicht ist es schon zu spät, ihn zu retten«, fuhr sie fort. »Es hängt viel von der Stärke seines Körpers ab und der Kraft seines Geistes.« Aus einer Tasche an ihrem roten Seidengewand holte Ustarte eine goldgefasste Scheibe aus blauem Kristall, die etwa acht Zentimeter durchmaß. »Hol dir einen Stuhl und setz dich neben mich«, bat sie Mendyr Syn. Der Arzt tat es. Ustarte beugte sich zu ihm und legte ihre Hand über die Kupferschale. Flammen loderten in der Schale auf, die ohne Brennmaterial brannten. Dann reichte sie Mendyr Syn den blauen Kristall. »Schau dir die Wunde da hindurch an«, sagte sie.
    Mendyr Syn hielt den Kristall ans Auge. Er zuckte zusammen. »Bei Missael!«, flüsterte er. »Was ist das für eine Magie?«
    »Die schlimmste«, antwortete sie. »Er wurde von einem Kraloth gebissen. Das ist das Ergebnis.«
    Waylander trat vor. »Darf ich mal sehen?«, fragte er. Mendyr Syn reichte ihm den Kristall. Er beugte sich über die Wunde und hielt den Kristall ans Auge. Scharen leuchtender Maden fraßen an dem Fleisch. Beim Fressen schwollen sie an. Ustarte zog eine lange, spitze Nadel aus dem Ärmel ihres Gewandes und hielt sie Mendyr Syn hin. »Nimm dies«, sagte sie. »Durchbohre jede Made in der Mitte, dann lass sie ins Feuer fallen.« Sie stand auf. »Der kleinste Kratzer, hervorgerufen von Zähnen oder Krallen eines Kraloth ist normalerweise tödlich. In der Wunde werden winzige Eier abgelegt, aus denen sich rasch die Maden entwickeln, die du gesehen hast.«
    »Und die Entfernung der Maden lässt ihm eine Chance?«, fragte Waylander.
    »Es ist ein Anfang«, sagte sie. »Wenn die Wunde sauber ist, zeige ich Mendyr Syn, wie er eine neue Wundpackung machen kann, um die noch vorhandenen Eier in der Bisswunde abzutöten. Du solltest aber wissen, dass möglicherweise einige Maden schon tiefer in seinen Körper eingedrungen sind und ihn von innen her auffressen. Vielleicht wird er wach, vielleicht auch nicht. Wenn er es tut, ist er vielleicht blind oder verrückt.«
    »Mir scheint, du weißt sehr viel über den Feind, dem wir begegnet sind«, sagte er leise.
    »Zu wenig und zu viel«, antwortete sie. »Wir unterhalten uns, nachdem ich Mendyr Syn geholfen habe.«
    »Wir sind draußen, auf der Terrasse«, sagte Waylander. Er verbeugte sich vor der Priesterin, drehte sich um und ging. Kysumu folgte ihm, und die beiden Männer gingen durch einen breiten Korridor zu einem terrassenförmigen Blumengarten mit Blick auf die Bucht. Die Nacht war klar, und der erste Schimmer eines neuen Morgens färbte den Himmel. Waylander lehnte sich an die Marmorbrüstung und

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