Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
Manticoraner getan hatten, sie konnten sich keine Zeugen leisten, und selbst ein verdammter Zerstörer konnte einen Schlachtkreuzer ohne Impellerkeil …
»Aber, Sir, wenn sie –«
»Halten Sie das Maul und führen Sie Ihre gottverdammten Befehle aus, Captain, sonst lasse ich Sie, ich schwöre es bei Gott, noch heute Nachmittag an die Wand stellen!«
Einen flüchtigen Augenblick lang schwankte Warden Mizawa am Rande des Widerspruchs. Doch dieser Moment verstrich.
»Zu Befehl, Sir«, sagte er zähneknirschend. »Fall Gelb, sagten Sie.« Er bedachte Byng mit einem letzten, stechenden Blick, dann wandte er sich vom Com ab und sprach seinen Taktischen Offizier an.
»Feuer eröffnen«, befahl er Commander Ursula Zeiss.
14
Helen Zilwicki musste sich nach wie vor an den Gedanken gewöhnen, dass sie als Flaggleutnant Commodore Terekhovs ihre Gefechtsstation nicht mehr auf der Brücke oder an irgendeiner Waffenkonsole hatte. Stattdessen war sie zusammen mit dem Commodore auf dem Flaggdeck der Quentin Saint-James. Es kam ihr eigenartig vor und gefiel ihr nicht besonders … wahrscheinlich, weil sie im Grunde überhaupt nichts zu tun hatte. Gewiss, sie half, das Logbuch zu führen und zu aktualisieren, sie suchte im Schiffsnetz nach Informationen, die einem von Terekhovs Stabsoffizieren ausnahmsweise nicht sowieso schon zur Verfügung standen, und sie hielt sich natürlich immer bereit für den Fall, dass der Commodore sie woandershin schicken musste. Aber es war einfach nicht das Gleiche. Das sollte es auch nicht sein, sondern es gehörte zu den ausbilderischen Aspekten ihrer Tätigkeit, die sie in die Entscheidungsfindung eines Flaggoffiziers beobachten ließ, als wäre sie eine aufmerksame kleine Fliege am Schott. Helen musste zugeben, dass sie diesen Aspekt ihrer Verwendung als Adjutantin faszinierend fand. Sie hatte nur das Gefühl, dass sie etwas tun, etwas mehr beitragen sollte als ihre bloße Gegenwart, wenn ihr Schiff sie brauchte.
Wenigstens war es ihnen endlich gelungen, die Löcher im Geschwaderstab des Commodores zu füllen, und die Flaggbrücke wirkte nicht mehr ganz so menschenleer. Helen vermutete, dass der Commodore die Offiziere, die er zu »requirieren« gedachte, sobald sie Spindle erreichten, schon ausgesucht hatte, ehe das Geschwader von Manticore auslief. Bei der Ankunft wusste er jedenfalls genau, wen er anfordern wollte, und angesichts seines neuen Verhältnisses zu Khumalo verwunderte es nicht, dass seine Wünsche erfüllt wurden, auch wenn nicht jeder davon begeistert war, die betreffenden Stabsspezialisten an Terekhov abzutreten.
Sie waren ein guter Haufen, fand Helen, und sie hatten sich gut mit dem Commodore und den Offizieren der Quentin Saint-James eingearbeitet. Besonders mochte sie Commander Stillwell Lewis, den neuen Operationsoffizier, der den Spitznamen »Stilt« trug, und Lieutenant Commander Mateuz Odegaard, den Nachrichtenoffizier. Commander Lewis war ein großer, langgliedriger Rotschopf, was erklärte, wieso man ihn »Stelze« nannte. Wie Helen stammte er vom Planeten Gryphon. Er kam gut mit Commander Lynch klar, dem Taktischen Offizier der Quentin Saint-James, was die Zusammenarbeit zwischen Stab und Schiffsführung sehr erleichterte. Odegaard erinnerte Helen in mancherlei Hinsicht an ihren Vater. Physisch hätte der schmal gebaute, hellhaarige Odegaard Anton Zilwicki nicht unähnlicher sein können, aber er besaß die gleiche Fähigkeit, sich unerbittlich geduldig und beharrlich logisch auf die vorliegende Aufgabe zu konzentrieren. Beide schienen sie zu wissen, dass im Kampf von Wasser gegen Stein das Wasser stets siegte.
Die anderen Neuen waren Lieutenant Commander Mazal Inbari, der Stabsastrogator, und Lieutenant Atalante Montella, der Stabssignaloffizier. Beide waren weit mehr als nur tüchtig, und Helen mochte sie beide, aber sie hatte sie nicht auf die gleiche Weise ins Herz geschlossen wie Stillwell und Odegaard.
Im Augenblick standen solche Gedanken bei ihr allerdings alles andere als im Vordergrund. Helen saß still an ihrem Terminal und beobachtete den Hauptplot am vorderen Ende der Flaggbrücke. Im Moment war er weder in taktischen noch astrografischen Modus gestellt, sondern als Sichtschirm konfiguriert, und Vizeadmiral Michelle Henke sah Helen daraus an.
Genauer gesagt war Admiral Gold Peaks Gesicht, wie Helen wusste, auf jedem Bildschirm an Bord jedes Schiffes der 10. Flotte zu sehen, die mit einer scheinbaren Geschwindigkeit, die das Dreitausendfache des
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