Weber David - Schwerter des Zorns - 2
seine Zehen unter die Schulter des Mannes. Dann hob er
ihn an und rollte den Bewusstlosen auf den Rücken. Ein kaltes, bös
artiges Licht flackerte in den Augen des Pferdediebes auf, als er das
Amulett eines Oberpriesters von Sharnâ an der Kette um seinen
Hals erkannte.
»Aye«, sagte er leise, während er die Hand auf Vaijons Stirn legte,
und sah zu seinem Clangefährten auf. »Allerdings, Chavâk, das
wollte ich.«
24
Die Letzten der gefangenen Wächter wurden unter Hurthangs
wachsamen Blicken herangeschleppt, entwaffnet und gefesselt. Es
waren nicht viele – und die Überlebenden waren im wahrsten Sinne
des Wortes geschlagene Männer. Sie wussten, welche Strafe jeden
erwartete, der in die Dienste der Dunklen Gottheiten trat, vor allem
unter den Hradani. Und sie saßen mit leichenblassen Gesichtern
schweigend da.
Das einzige Gute an ihrer Lage war, dass Bahnak Folter verab
scheute, obwohl das Gesetz sie in diesem Fall sogar ausdrücklich er
laubte. Allerdings würde sie das nicht vor der ganzen Härte der
Strafe bewahren, die die Gerichtsbarkeit der Hradani vorsah. We
nigstens aber würde der Prinz von Hurgrum ihnen den Tod nicht
aus persönlicher Grausamkeit erschweren.
Bahzell überließ die Gefangenen Hurthang, denn er musste sich
um die Verwundeten kümmern. Besonders Kaeritha machte ihm
Sorgen, denn nach diesem Keulenschlag auf den Helm war sie im
mer noch benommen und orientierungslos. Sie schien nicht genau
zu wissen, wer sie war und wer Bahzell wohl sein mochte. Abgese
hen davon jedoch schien sie unversehrt. Und so sehr er sich auch
um sie sorgte, er konnte im Augenblick weder für sie noch für Vai
jon viel tun, denn viele seiner Gefährten hatten lebensgefährliche
Verletzungen davongetragen. Außerdem konnten sie nicht sicher
sein, dass wirklich kein Anhänger von Sharnâ entkommen war, und
wenn eine Blutklinge Prinz Churnazhs Patrouillen berichtete, dass
ein Haufen von Pferdedieb-Hradani auf seinem Land herumspazier
te, würde kaum jemand viele Fragen stellen, bevor man die Ein
dringlinge unschädlich gemacht hatte. Sollten Clanangehörige von
Bahzell diese Erfahrung überleben, würde sich die Blutklinge, die
die Armee verständigt hatte, vermutlich einigen höchst unangeneh
men Fragen stellen müssen. Doch es war unwahrscheinlich, dass es
Überlebende geben würde. Das bedeutete, dass sich Bahzell die be
nommene, orientierungslose Euphorie nicht leisten konnte, in die er
versetzt worden wäre, wenn er alle ihre Verwundeten geheilt hätte.
Also mussten sich die Verletzten, die noch laufen konnten, sich um
selbst kümmern, bis er sicher sein konnte, dass sie unbeschadet ent
kommen waren.
Es gab jedoch auch einige Krieger, die nicht einmal ein Paladin des
Tomanâk mehr retten konnte. Von den vierundfünfzig Pferdedie
ben, die das Schwertgelübde auf Tomanâk abgelegt und Bahzell bei
diesem Überfall begleitet hatten, waren siebzehn gestorben. Neun
weitere würden dank Bahzells Hilfe überleben, aber um siebzehn
Clanmitglieder würden ihre Familien trauern müssen.
Hurthang organisierte ihren Rückzug, während sich Bahzell um
die Verwundeten kümmerte. Brandark und Gharnal halfen ihm.
Keiner der Pferdediebe würde Brandark jemals wieder auch nur
einen misstrauischen Blick zuwerfen, nicht einmal Gharnal Uth
mâgson – gerade er nicht. Er hatte zugesehen, wie Brandark mit
Kronprinz Chalghaz gefochten hatte, und der Pferdedieb hatte der
Blutklinge anschließend auch einen Beutel für Chalghaz' Kopf be
sorgt. Er hielt ihn ihm ohne ein Wort der Entschuldigung für sein
früheres Misstrauen hin. Brandark aber verstand die Geste und
nahm auch den Kriegergruß an, der sie unterstrich.
Doch auch wenn sie Bahzell mit Einzelheiten verschonen wollten,
wusste keiner, was sie mit dem Heiligtum selbst anfangen sollten.
Sie alle spürten, wenn auch unterschiedlich deutlich, das Miasma
des Bösen, das durch seine Gänge und Höhlen waberte. Selbst die
Unempfänglichsten erkannten die Bösartigkeit der grausigen Mosa
ike, die die Felswände verunzierten, und den Zweck des blutver
krusteten Altars konnte niemand missdeuten, ebenso wenig wie den
der scheußlichen Folterinstrumente, die an den Wänden der so ge
nannten Kapelle hingen.
»Verzeih mir, Bahzell«, sagte Hurthang schließlich, als er Bahzell
leicht rüttelte, um ihn aus seiner Trance zu reißen, in die die An
strengung des Heilens der lebensgefährlichen Wunden ihn versetzt
hatte. »Wir müssen aufbrechen.«
»Wie?« Bahzells Kopf ruckte hoch, er
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