Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Vaijon
gründlich zu heilen. Eine flüchtige Untersuchung ergab, dass Kaeri
tha bereits aus eigener Kraft gute Fortschritte machte. Abgesehen
von schrecklichen Kopfschmerzen, ein paar frischen Narben – von
denen eine ihre Wange unter der alten Narbe zierte – und einigen
spektakulären blauen Flecken machte ihr nur das rechte Auge Sorge,
dessen Sehkraft sich einfach nicht verbessern wollte. Sie wehrte Bah
zells Angebot, sie gänzlich zu heilen, ab.
»So zerbrechlich bin ich nicht! Außerdem würde sich Tomanâk be
stimmt ärgern, wenn ich herumlaufen und Ihn ständig bitten würde,
jedes noch so kleine Wehwehchen zu behandeln.«
»Bist du dir wirklich sicher?« fragte Bahzell.
Sie nickte, zuckte sofort zusammen und legte ihre Hand an die
Schläfe. »Ich bin mir sicher. Allerdings hätte ich nichts dagegen ein
zuwenden, wenn du mich bitten würdest, noch zwei Tage im Schlit
ten zu reisen.«
»Ach, das steckt dahinter! Du suchst nur einen Vorwand, wie die
vornehme Dame des Hauses herumzuliegen, während wir deinen
faulen Hintern nach Hurgrum schleppen, was?«
»Erraten«, erwiderte sie selbstzufrieden und rollte sich wie eine
Katze unter der dicken Felldecke auf dem Schlitten zusammen.
»Weck mich, wenn wir da sind!« befahl sie mit einem genüsslichen
Gähnen. Bahzell lachte, strich ihr über die Schulter und kümmerte
sich dann um Vaijon.
Der Ritterproband konnte bereits aufrecht sitzen und verbesserte
mithilfe der drei Pferdediebe, die seinen Schlitten abwechselnd zo
gen, sein Hurgrumisch. Die Aussprache war schauderhaft und die
Hradani zogen ihn unbarmherzig damit auf. Der alte Vaijon hätte
sich zweifellos zu Tode beschämt gefühlt, vor allem, als er das Hur
grumische Wort für »Schlamm« in etwas drastisch Organischeres
verwandelte. Der neue Vaijon jedoch stimmte in das fröhliche La
chen seiner Lehrer ein, und Bahzell beobachtete ihn anerkennend ei
nige Sekunden lang, bevor er sie unterbrach.
»Tut mit Leid, dass ich diese anregende Unterrichtsstunde störe«,
sagte er. »Aber ich denke, unser Jüngling hier möchte gern, dass sein
Arm geheilt wird. Es sei denn, natürlich, er weigert sich ebenso,
meine Heilkräfte an seinen kleinen Beulen und blauen Flecken zu
verschwenden, wir ihre vornehme Ladyschaft dort drüben.«
Er sah zu Kaeritha hinüber, als er sprach und der Klumpen unter
der Decke bewegte sich.
»Das hab ich gehört!« warnte sie Bahzell. »Du wirst dafür bezah
len, wenn ich dir das nächste Mal deinen haarigen Hintern in einem
Übungssaal versohle, Milord Paladin!«
Vaijon lachte und schüttelte den Kopf.
»Ich habe nicht das Geringste einzuwenden, Milord. Ich hoffe al
lerdings sehr, dass dies nicht zu einer lieben Gewohnheit zwischen
uns wird. Irgendwie scheint Ihr Euch am Ende immer meines gebro
chen Armes annehmen zu müssen.«
»Tatsächlich?« Bahzell lächelte, setzte sich neben ihn auf den
Schlitten und zog den geschienten Arm aus der Schlinge. »Ich den
ke, damit kann ich jetzt aufhören, Junge.« Er hielt inne und schaute
Vaijon in die Augen. »Da wir gerade von Armen sprechen, und falls
ich es noch nicht gesagt habe, Herr Vaijon«, fuhr er ruhig fort. »Ich
bin dir für deine Hilfe und die Kraft deines Armes sehr dankbar. Du
hast dich wacker geschlagen – und Herr Charrow und auch To
manâk Selbst dürften an deinem Mut nichts auszusetzen haben.«
Vaijon errötete, und die Hradani, die ihn vorher aufgezogen hat
ten, murmelten zustimmend. Das vertiefte die Verlegenheit des jun
gen Mann noch, und er suchte fast schon verzweifelt nach einem an
deren Gesprächsthema. Schließlich erbarmte sich Bahzell seiner.
»Kümmern wir uns um deinen Arm«, schlug er forsch vor. »Da du
außerdem ein besonderer Freund bist und so weiter, stelle ich dir
auch nur die Hälfte meines üblichen Paladin-Honorars in Rech
nung.«
Bahzell schickte Gharnal mit einem vollständigen Bericht an seinen
Vater voraus, als ihre kleine Gruppe noch eine ganze Tagesreise von
Hurgrum entfernt war. Er war nicht überrascht, dass früh am nächs
ten Tag Boten eintrafen, die Prinz Bahnaks dringenden Wunsch
überbrachten, sie mögen die Stadt doch so unauffällig wie möglich
betreten. Deshalb sorgte Bahzell dafür, dass sie erst nach Einbruch
der Dunkelheit in Hurgrum ankamen.
Es war wieder kälter geworden, auf Grund eines dieser heftigen
Wetterumschwünge, die das Ende des Winters in diesem Teil von
Norfressa ankündigten. Die sinkenden Temperaturen hatten alle Be
wohner nach Einbruch der Dämmerung in ihre
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