Weber David - Schwerter des Zorns - 2
als Halâshu. Der Stadtstaat von Halk war mit
Navahk verbündet, weil er eine Stadt der Blutklingen war, nicht
weil seine Bevölkerung Churnazh besonders ins Herz geschlossen
hätte. Außerdem diente Entarath schon seit Jahrzehnten Prinz Tha
lahk, dem Vater des gegenwärtigen Prinzen, als Botschafterin in
Hurgrum, fungierte zudem in einer hohen Position im diplomati
schen Corps der Hradani und genoss allgemein großen Respekt,
selbst unter den Pferdedieben. Ihr ruhiger, gemessener Ton trug im
Gegensatz zu Halâshus hysterischem Wutanfall ein Übriges dazu
bei, ihren Worten Gewicht zu verleihen.
»Da diese Berichte so zahlreich sind«, fuhr sie fort, »frage ich Euch
jetzt formell, im Namen von Prinz Ranthar von Halk, ob sie zutref
fen. Habt Ihr tatsächlich Navahk ohne formelle Kriegserklärung an
gegriffen? Oder ist es möglich, dass dieser Angriff ohne Eure Auto
risierung vorgetragen wurde? Und wenn ja, wurde er von Prinz
Bahzell angeführt?«
Bahnak sah sie an und ließ seinen Blick dann noch einmal durch
die Große Halle schweifen. Das Schweigen dauerte einen atemlosen
Augenblick an, dann sah er wieder auf Entarath hinunter.
»Ich beantworte Eure Frage gern, Milady Botschafterin«, erwiderte
er mit ernster Höflichkeit. »Weder ich noch ein Krieger unter mei
nem Kommando noch irgendein Krieger, der ohne meine Autorität
gehandelt hat, hat die Armee oder das Volk von Navahk angegrif
fen.«
Ein Seufzer der Erleichterung fuhr durch die eine Hälfte der An
wesenden, während die andere Hälfte ungläubig murmelte. Bahnak
aber gebot ihnen mit erhobener Hand Schweigen.
»Dennoch«, fuhr er fort, »sind Angehörige vom Stamm der Pferde
diebe tatsächlich letzte Woche in Navahk eingedrungen, und tat
sächlich hat mein Sohn Bahzell sie angeführt.«
Eisiges Schweigen folgte seinem Eingeständnis. Es legte sich einige
Sekunden lang wie eine Nebelbank über die Halle, bis Halâshu es
schließlich brach.
»Aber Ihr habt doch eben noch behauptet …!« begann er ärgerlich.
»Ich habe gesagt, dass kein Krieger unter meinem Kommando die
sen abscheulichen, unzüchtigen, primitiven Abschaum angegriffen
hat, den Ihr Prinz nennt!« fuhr ihm Bahnak in die Parade. »Das ha
ben sie auch nicht getan! Und es war auch nicht mein Befehl, der sie
nach Navahk geschickt hat!«
Er nickte einem Wachposten zu, und der Mann öffnete erneut die
Tür, durch die er mit seinen drei Kindern die Große Halle betreten
hatte. Diese Bewegung zog alle Blicke auf sich, und ein allgemeines
Seufzen lief durch die Gesandten, als Bahzell gefolgt von seinem
Cousin Hurthang, seinem Stiefbruder Gharnal und einem halben
Dutzend anderer Pferdediebe die Halle betrat. Alle trugen einen
grünen Mantel über ihrem Ketten- oder Schuppenpanzer, und die
Näherinnen von Bahnaks Hof hatten bis in die Nacht gearbeitet, um
das Schwert und Morgenstern-Emblem vom Orden des Tomanâk
auf jeden Umhang zu sticken. Das allein hätte schon genügt, um die
Gesandten zu schockieren, aber sie bemerkten es zuerst kaum, weil
die Pferdediebe von zwei Menschen begleitet wurden. Einem blon
den Jüngling und einer Frau mit rabenschwarzen Haaren, die diesel
ben Umhänge trugen. Außerdem befanden sich mehrere Gefangene
in ihrer Begleitung. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um
Blutklingen.
Bahzell ging voran, die Daumen friedlich in seinen Gürtel gehakt,
aber die Gesandten und ihre Leibwächter wichen zurück, als sie in
seine Augen sahen. Selbst Halâshu trat einen Schritt zurück und
schluckte, als er sich plötzlich Auge in Auge mit dem Mann wieder
fand, den er eben noch der Vergewaltigung, der Feigheit und des
Verrats bezichtigt hatte. Nur Lady Entarath und ihr Bewaffneter
blieben stehen. Bahzell nickte ihnen höflich zu, als er mit seinen Ge
fährten und ihren Gefangenen durch die Lücke schritt, die ihm sein
bloßes Auftreten gebahnt hatte.
»Das sind die Männer, das heißt, es sind einige von ihnen, über die
Ihr so viele Geschichten gehört habt«, sagte Prinz Bahnak ruhig und
nahm wieder auf seinem Thron Platz. »Und auch wenn ich stolz bin,
sie Pferdediebe nennen zu dürfen, und noch stolzer, dass sie zum
Clan der Eisenaxt gehören, ich habe doch nicht länger den Befehl
über sie. Sie haben ihr Schwertgelübde auf jemand anderen abge
legt, ebenso wie mein Sohn.« Er wandte sich mit einem verächtli
chen Blick zu Halâshu um. »Ich zweifle nicht daran, dass Ihr die
Symbole des Tomanâk erkennt, Milord Botschafter. Also seid Ihr
vielleicht so freundlich, die Geschichte zu
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