Weber David - Schwerter des Zorns - 2
»Warum sollte ich Euch
glauben? Ihr behauptet, Ihr wäret ein Paladin des Tomanâk, ja?« Er
drehte sich zu den Botschaftern herum und hob beschwörend die
Arme. »Ein Paladin des Tomanâk! Ein Hradani-Paladin? Ich frage
Euch, meine Lords und Ladys, warum im Namen aller Götter sollen
wir das glauben? Sicher, ich gebe zu, es ist ein kühner Streich! Wie
könnte man meinen Prinzen und seine Söhne besser in Misskredit
bringen, als sie zu beschuldigen, den Herrn der Dämonen anzube
ten? Und wer könnte eine solche Anschuldigung wirkungsvoller
vortragen als ein so genannter Paladin des Tomanâk? Allerdings hat
es seit zwölfhundert Jahren keinen Hradani-Paladin mehr gegeben.
Wer, von allen Göttern, wäre wohl närrisch genug, um ausgerechnet
jemanden wie Bahzell Bahnakson zum Paladin zu erwählen, frage
ich Euch!«
»Ich.« Die Stimme klang wie eine Berglawine und erschütterte die
ganze Große Halle. Halâshu drehte sich blitzschnell um. Ihm klapp
te der Kiefer herunter, als er den Sprecher sah.
Tomanâk Orfro stand neben Bahzell. Eigentlich war das schwer
möglich, denn in der überfüllten Halle war überhaupt kein Platz
mehr für eine mehr als drei Meter große Gottheit. Aber Er passte
hinein. Auf eine Art, die niemand je würde erklären können, blieb
Prinz Bahnaks Halle zwar unverändert, was ihre Größe betraf,
dehnte sich jedoch trotzdem aus, bis sie Platz für alles bot. Die We
senheit des Gottes fegte wie ein Sturm hindurch. Die Gefangenen,
die seine Ordenskrieger aus Navahk mitgebracht hatten, heulten vor
Entsetzen und kämpften wie wahnsinnig gegen ihre Fesseln an, als
der tödlichste und erbittertste Feind ihres erwählten Dunklen Gottes
vor ihnen erschien. Die Wachen packten sie fester, aber noch bevor
sie mehr tun konnten, warf Tomanâk den Gefangenen unter ihnen
einen einzigen Blick zu. Wehklagen und Gejammere brachen ab wie
von einer Axt abgetrennt. Sie erstarrten auf der Stelle, und ihre Au
gen traten ihnen vor Grauen fast aus den Höhlen, als ihnen der Gott
ein Lächeln zuwarf, das kälter war als der Stahl seiner Klinge.
Anschließend wandte er seinen Blick von ihnen ab. Er wirkte nicht
länger zerschmetternd und Schweigen gebietend, dennoch nicht we
niger übermächtig, als er ihn langsam über die Gesandten gleiten
ließ. Überall in der Halle sanken Frauen und Männer in tiefster Ehr
furcht vor der Macht, die unter ihnen erschienen war, auf die Knie.
Überall. Aber nicht alle. Halâshu von Navahk war einfach zu ver
steinert, um sich rühren zu können, und während sich die anderen
niederknieten, erhob sich Bahnak von seinem Thron. Er blieb auf
recht stehen, wie auch seine Tochter neben ihm und sein ältester
Sohn hinter ihm. Tomanâk sah Bahzell lächelnd an.
»Offensichtlich ist dieses steife Rückgrat eine Familienkrankheit«,
bemerkte der Gott ironisch, und die Augen der Anwesenden strahl
ten, als ihre Besitzer die unterdrückte Heiterkeit in seiner Stimme
vernahmen.
»Aye, das ist es wohl«, bestätigte Bahzell. »Wir neigen ein wenig
zum Eigensinn, ich und meine ganze Sippe.«
»Deine ganze Sippe, tatsächlich.« Tomanâk sah die Botschafter an.
»Ich hoffe, du verübelst es mir nicht, Bahzell, aber ich hatte den Ein
druck, als drohte dieses Palaver noch mindestens eine Woche lang
weiterzugehen. Darum auch fand ich es angebracht, die ganze An
gelegenheit ein wenig zu, sagen wir, beschleunigen, hm?«
»Fandest Du das, ja?« Bahzell musterte seinerseits die versammel
ten Gesandten und lächelte unmerklich. »Weißt Du, ich glaube, das
ist Dir blendend gelungen.«
»Ausgezeichnet. Allerdings weiß man ja bei einem Hradani nie
ganz sicher, ob man auch wirklich durch seinen dicken Schädel ge
drungen ist«, bemerkte Tomanâk und erntete diesmal ein Lachen
von mehr als einem halben Dutzend der Anwesenden, die darüber
selbst am meisten verblüfft zu sein schienen.
»Das ist schon besser«, erklärte er und richtete seinen göttlichen
Blick wieder auf Bahzell. »Du hast dich vorzüglich bewährt«, sagte
er. »Es ist noch nie vorgekommen, dass einer meiner Paladine ganz
alleine ein vollständig neues Kapitel meines Ordens gründete und
es dann auch noch in ihrem allerersten Kampf zu einem solch strah
lenden Sieg führte. Erneut hast du meine Erwartungen bei weitem
übertroffen, Bahzell. Das wird dir offensichtlich zur Gewohnheit.«
»Das ist ja alles sehr schmeichelhaft«, erwiderte Bahzell gelassen,
»aber ich würde nicht sagen, dass ich es allein fertig gebracht habe.
Besser als ich kennst
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