Weber David - Schwerter des Zorns - 2
katastrophale
Morgen hinsteuerte. Ob Churnazh es gewusst haben mochte oder
nicht, die Beschuldigung, dass seine beiden ältesten Söhne Sharnâ
angebetet hatten, würde verheerende Folgen auf seine Pakte mit den
Verbündeten haben. Es gab nur eine Möglichkeit, diese Beschuldi
gungen abzuschmettern. Der Navahkaner schüttelte sich und riss
mühsam den Blick von Chalghaz' abgetrenntem Haupt los.
»Das behauptet Ihr!« fauchte er Bahzell an und wirbelte zu Bahnak
herum. »Und Ihr, natürlich behauptet Ihr das auch! Aber ich sehe
keine Beweise! Ich sehe nur den Kopf eines weiteren ermordeten
Prinzen von Navahk!«
»Und die anderen?« fragte eine Abgesandte eines Prinzen der
Pferdediebe. »Oder wollt Ihr behaupten, ihre Gegenwart bewiese
ebenfalls nichts?«
»Von denen weiß ich nichts«, erwiderte Halâshu und starrte die
Botschafterin wütend an. »Und Ihr genauso wenig. Vielleicht haben
sie Sharnâ angebetet, vielleicht aber auch nicht. Jeder kann sich ein
hübsches Bettlaken umhängen, Milady. Genauso wie jeder gezwun
gen werden kann, sich eine Halskette umzulegen. Ich will nicht be
haupten, dass sie nicht sind, was sie zu sein scheinen. Aber ich will
auch nicht einfach so glauben, dass der da ist, was er zu sein vor
gibt!« Er deutete mit einer abfälligen Handbewegung auf Bahzell.
»Ich sehe Pferdediebe, die die Farben von Tomanâk tragen und be
haupten, dass Blutklingen Sharnâ anbeten. Warum, beim Phrobus,
sollten wir ausgerechnet ihrem Wort glauben?«
»Wollt Ihr mich einen Lügner nennen?« fragte Bahzell mit einer
sanften Stimme, die niemanden täuschte. Halâshu zuckte jedoch nur
verächtlich mit den Ohren, weil er sich durch die Immunität eines
Botschafters geschützt fühlte. Außerdem spürte er, wie sich die Hal
tung der anderen Botschafter veränderte, als sein Argument lang
sam einsickerte, und er versuchte, ihre Verunsicherung zu seinen
Gunsten auszunutzen.
»Ich sage nur, dass ich keinen Grund sehe, Eurem unbestätigten
Wort zu glauben, dass mein Volk blutsaufende, kannibalische,
monströse Anhänger von Dämonen sind«, erklärte er ruhig. »Aber
es würde Euch Pferdedieben ganz entgegenkommen, wenn es so
wäre, stimmt's?«
»Vielleicht würde es das, vielleicht auch nicht«, antwortete Bahzell
kalt. »Nur habe ich so etwas gar nicht behauptet. Einige von Eurem
Volk beten Sharnâ an, aye, dafür haben wir den Beweis gerade vor
unseren Augen.« Er deutete auf die Gefangenen. »Aber alle Blutklin
gen? Nein. Welche feindseligen Gefühle auch zwischen Pferdedie
ben und Blutklingen herrschen mögen, ich weiß sehr gut, dass die
meisten Angehörigen Eures Volkes anständige Hradani sind, von
denen sich nur wenige freiwillig in einem solchen Sündenpfuhl suh
len würden. Nicht einmal Churnazh würde das tun, wenn mögli
cherweise auch nur, weil er genau weiß, dass sich alle seine Verbün
deten gegen ihn wendeten, wenn er es täte.«
Selbst einige Abgesandte der Blutklingen murmelten zustimmend,
und Halâshu biss die Zähne zusammen, als sich die Gunst der An
wesenden wieder von ihm abkehrte. Dass Bahzell davor zurück
schreckte, Churnazh zu beschuldigen, die Verirrungen seiner Söhne
zu teilen, hatte der Argumentation des Botschafters einen entschei
denden Schlag versetzt. Wäre diese Geschichte nur eine List, die
Bahnak ersonnen hätte, um seinen Feind in Verruf zu bringen, so
hätte Bahzell genau das Gegenteil getan. Das wusste Halâshu eben
so wie alle anderen Anwesenden. Aber ihm war auch klar, dass die
Pferdediebe Churnazh gar nicht persönlich beschuldigen mussten.
Die bloße Tatsache, dass Sharnâ in Navahk Fuß gefasst und auch
noch zwei Thronfolger unter seine Kontrolle gebracht hatte, würde
die Allianz der Blutklingen bis in ihre Grundfesten erschüttern. Die
widerliche, mutlose Gewissheit erfüllte ihn, dass Bahzell die Wahr
heit sagte, jedenfalls zum Teil, aber er konnte nicht wagen, das zu
zugeben.
»Wie freundlich von Euch, Prinz Churnazh von Euren Lügen aus
zunehmen!« schnaubte er stattdessen. »Natürlich habt Ihr seine Söh
ne erst beschuldigt, nachdem sie tot sind, nicht wahr? Einem Toten
fällt es meist recht schwer, sich gegen Verleumdungen zu verteidi
gen, Prinz Bahzell.«
»Das stimmt«, pflichtete Bahzell ihm bei. »Noch schwerer ist es al
lerdings, einen Mann in einem Kampf am Leben zu lassen, wenn
ihm ein verhextes Schwert als eine Waffe gegeben wurde, die ein
Tor
für
Sharnâ
in
diese
Welt
öffnet.
Nicht
wahr,
Milord
Botschafter?«
»Das behauptet Ihr!« spie Halâshu hervor.
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