Weber David - Schwerter des Zorns - 2
Und so wie ich seinen Vater kenne, dürften
sie, um sich nicht zu verraten, kein Interesse daran haben, ihr Netz
zu weit zu spannen. Sicher, Churnazhs Seele ist schwärzer als Kras
hnarks Reitstiefel, und er ist auch nicht gerade ein Gigant, wenn es
ums Nachdenken geht, aber er ist kein Idiot und hätte sich niemals
so lange an der Macht gehalten, wäre er nicht gerissen. Ich glaube,
er hätte Harnak höchstpersönlich das Herz aus der Brust gerissen,
Sohn oder nicht, wenn er hinter das gekommen wäre, was Harnak
da trieb. Denn Churnazh weiß sehr wohl, wie seine Bundesgenossen
reagieren dürften, wenn sie davon erfahren würden.«
»Und wie würden sie reagieren?« fragte Charrow leise. Bahzell
drehte sich zu ihm herum und warf ihm einen harten Blick zu, wäh
rend er sich aufrichtete.
»Wie würde Euer Volk so etwas aufnehmen?« erkundigte er sich
barsch. Einen Augenblick lang bohrten sich die Blicke des Pferdedie
bes und des Ritterhauptmanns ineinander, dann hob Charrow ent
schuldigend die Hand. Bahzell schaute ihn noch eine Sekunde fins
ter an und blähte die Nasenflügel, als er tief einatmete.
»Aus genau diesem Grund laufe ich nicht gern herum und binde
die Geschichte jedem Erstbesten auf die Nase«, gab er zu und schau
te wieder missmutig in die Flammen. »Selbst heutzutage gibt es
noch zu viele Menschen, die annehmen, die Hradani hätten den
Dunklen Mächten in Kontovar freiwillig gedient. Es ist wahr, dass
mein Volk den Carnadosanern diente. Aber nicht, weil wir es woll
ten, sondern weil uns ihre verfluchten Hexer keine Wahl gelassen
haben. Nur sehr wenige Hradani haben überhaupt etwas für Götter
übrig, Herr Charrow, gleichgültig ob Lichte oder Dunkle. Doch kein
Volk auf der Welt hat mehr Grund, gerade die Dunklen zu hassen
als das meine. Sollte auch nur eine Silbe von der Verbindung auch
nur eines einzigen Hradani mit den Dunklen Mächten ans Licht
kommen, wird sofort der alte Hass gegen unsere ganze Rasse wie
der aufflammen. Das werde ich ganz gewiss nicht auch noch unter
stützen.«
»Nein«, erwiderte Charrow leise. »Das verstehe ich, und ich bitte
Euch, mir zu vergeben. Offenbar stecken in mir auch noch mehr alte
Vorurteile, als ich vermutet habe.«
»Pah!« Bahzell winkte verächtlich mit der Hand. »Wie vielen
Hradani seid Ihr begegnet, bevor Brandark und ich an Eure Tür ge
spült wurden?«
»Keinem …« gab Charrow zu.
»Dann konntet Ihr all diese Geschichten schwerlich an jemandem
messen, stimmt's?«
»Das ist fürwahr ein Grund für meine Blindheit, Milord, aber es ist
keine Entschuldigung. Dennoch habt Ihr wohl Recht. Ebenso dürfte
Eure Einschätzung zutreffen, wie die meisten Menschen auf diese
Neuigkeiten reagieren. Dennoch ist es Aufgabe des Ordens, sich sol
cher Bedrohungen anzunehmen.«
»Das wird der Orden auch tun«, beruhigte ihn Bahzell. »Ihr habt
mir selbst gesagt, dass wir Paladine alle Eurem Orden angehören,
ob es uns gefällt oder nicht, ist das nicht so?« Charrow nickte. »In
diesem Fall obliegt es wohl mir und dem jungen Vaijon hier, uns der
Sache anzunehmen.«
»Ihr beide allein?« Charrow konnte seine Skepsis nicht verbergen
und Bahzell lachte.
»Wir beide allein, und Brandark … sowie vierzig- bis fünfzigtau
send Pferdediebe.«
»Existiert nicht ein Waffenstillstand zwischen Eurem Volk und
den Blutklingen?«
»Das stimmt. Jedenfalls herrschte Waffenstillstand, bevor Harnak
und ich unsere kleine Auseinandersetzung hatten. Ich habe keine
Kunde von meinem Vater erhalten, seit Brandark und ich aus Na
vahk geflohen sind, und es ist sehr wohl möglich, dass der Waffen
stillstand noch hält. Aber ich habe so eine Ahnung, dass Vater nicht
übermäßig erfreut darüber gewesen sein dürfte, dass Harnak ein
Mädchen vergewaltigte, das unter dem Schutz seines eigenen Vaters
stand, und anschließend mir die Tat in die Schuhe geschoben hat.
Selbst wenn er beabsichtigte, es durchgehen zu lassen, würden eini
ge seiner Hauptleute niemals so etwas hinnehmen. Ich will nicht be
haupten, dass ich allein einen Krieg auslösen könnte, aber nicht ein
mal ein Narr würde glauben, dass dieser Waffenstillstand für die
Ewigkeit geschlossen wäre. Und mein Vater ist alles andere als ein
Narr. Er hatte seine Vorbereitungen sicherlich bereits getroffen,
noch bevor Harnak und ich die Klingen kreuzten. Selbst wenn ich
mich diesbezüglich irre, wird er gewiss sehr rasch handeln, wenn er
erfährt, mit wem sich Harnak eingelassen hat.«
»Also weiß er es noch nicht«, folgerte Charrow.
»Nein.
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