Weber David - Schwerter des Zorns - 2
und ich uns auf den
Weg nach Hurgrum machen. Die Götter allein wissen, welcher Är
ger uns dort erwartet. Ganz zu schweigen davon, dass wir uns im
tiefsten Winter befinden, und der Schnee unterwegs bis zum Bauch
der Pferde reichen wird. Zudem müssen wir das Gebiet der Blut
klingen durchqueren, um nach Hurgrum zu kommen – falls wir den
Landweg nehmen. Im Winter quer über Land zu reisen ist eine
ebenso gute Art, zu Tode zu kommen wie jede andere. Weiterhin
wäre da noch die Kleinigkeit zu erwähnen, dass in Navahk ein
Kopfgeld auf mich ausgesetzt ist. Aye, und auf Brandark ebenfalls,
da wir gerade davon reden. Falls wir all diese Hürden überwunden
haben sollten – falls, sage ich – dann wirst du der einzige einsame
Mensch unter einer Horde Pferdedieb-Hradani sein. Einige von ih
nen würden dir mit Freude die Kehle durchschneiden, sobald sie
dich sehen. Ich werde natürlich ein gutes Wort für dich einlegen,
verstehst du, aber einige aus meinem Volk … sagen wir, sie halten
von Menschen in etwa das, was du von Hradani gehalten hast. An
dere werden abwarten und sich dann gründlich überlegen, ob sie
noch länger mit mir befreundet sein wollen.«
»Ihr habt sicherlich völlig Recht damit, Milord«, stimmte Vaijon zu
und lächelte. »Wann reisen wir ab?«
»Ihr wollt was …?« Charrows Miene war die eines Mannes, der
hoffte, sich gründlich verhört zu haben.
»Ich habe schon zu viel Zeit vertrödelt«, erklärte Bahzell dem Rit
terhauptmann nachdrücklich. Er stand in der Bibliothek mit dem
Rücken zum Feuer, während Vaijon schweigend in einer Ecke war
tete. Der Meister des Kapitels von Belhadan hatte sich große Mühe
gegeben, die Garderobe des Ritterprobanden zu übergehen, die ei
ner schwachen Nachahmung von Bahzells nüchternem Stil glich.
Genauso wollte er durch kein Kompliment zu viel Aufmerksamkeit
auf Vaijons neue Manieren lenken, obwohl das Lächeln, das er sei
nem einst so widerborstigen Schützling zuwarf, eine gewisse Aner
kennung verriet. Bahzells unvermittelte Ankündigung seiner bevor
stehenden Abreise hatte Charrows Aufmerksamkeit jedoch im Nu
von Vaijons Veränderungen abgelenkt.
»Aber … aber wir haben tiefsten Winter!« protestierte er. »Und Ihr
seid gerade erst drei Wochen hier! Wir müssen Euch noch so viel er
klären, und es gibt noch viel mehr, was Ihr uns erzählen müsst! Und
…«
»Schweigt stille, jetzt!« grollte Bahzell lächelnd. »Meiner Meinung
nach hat Erselbst bereits bekommen, was er wollte. Dieser feine jun
ge Edelmann hier«, er deutete mit dem Kopf auf Vaijon und zwin
kerte ihm zu, »war ein bisschen aus dem Ruder gelaufen. Also hat
Erselbst mich ausersehen, ihm für Euch den Hintern zu versohlen.«
Etwas, das verdächtig nach einem unterdrückten Lachen klang,
kam aus Vaijons Richtung, und normalerweise wäre Herr Charrow
darüber höchst erstaunt gewesen, aber jetzt nahm er es kaum wahr.
»Was Euer Kapitel angeht«, fuhr Bahzell nachdenklicher fort,
»wollte Erselbst vermutlich, dass ich mich um Yorhus, Adiskael und
ihre Schranzen kümmere.« Sein leichtes Lächeln vertiefte sich zu ei
nem anzüglichen Grinsen, als ihn Charrow erstaunt anschaute.
»Niemand hat einem Hradani je nachgesagt, er wäre klug, Herr
Charrow, aber ich müsste schon ein ausgemachter Trottel sein,
wenn ich nicht bemerkt hätte, welcher Wind aus der Richtung dieser
beiden Herren weht. Sollten sie jedoch aus dem Zeug sein, aus dem
man religiöse Fanatiker schnitzt, dann hat Sein kleiner Besuch ver
mutlich die, sagen wir, Richtung ihres Eifers ein wenig verändert,
habe ich Recht?«
»Das habt Ihr«, gab Charrow zu. Mehr als das sogar. Die neue, de
mütige Frömmigkeit der beiden Ritterkommandeure war ihm fast
noch unheimlicher als ihre frühere Unduldsamkeit. Charrow hatte
schon zu oft erlebt, dass bei Menschen das Pendel immer wieder ex
trem zwischen Demut und Fanatismus ausschlug. Doch nachdem er
jetzt das Problem bemerkt hatte, konnte er es im Auge behalten. Zu
dem hatte Bahzell noch in einem anderen Punkt Recht. Es war das
Auftauchen des Hradani und natürlich Tomanâks Manifestation ge
wesen, die nicht nur die beiden Ritter aus ihrer früheren Unduld
samkeit gerüttelt, sondern Charrow auch gezwungen hatte, ein Pro
blem wahrzunehmen, dem gegenüber er zuvor vielleicht aus zu
großer Gewohnheit blind gewesen war.
»Also dann …« Bahzell hob seine rechte Hand. »Ich glaube, das
war es, was ich hier zu erledigen hatte. Jetzt muss ich mich um an
dere Dinge kümmern.«
»Was in
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