Weber David - Schwerter des Zorns - 2
mit einem Schulterzucken quittierte.
»Mein Vater hat mich vielleicht zur Überheblichkeit erzogen, Mil
ord, aber er hat mich nicht zu einem Dummkopf heranwachsen las
sen, ganz gleich, wie ich mich in der Vergangenheit auch benommen
haben mag. Ich kenne Euch mittlerweile gut genug, dass mir auf
fällt, wenn Euch etwas beschäftigt. Außerdem hat Lord Brandark es
ebenfalls bemerkt, denn er schlägt schon den ganzen Morgen einen
großen Bogen um Euch.«
»Schlägt er, hm?« Bahzell grinste. »Na, wenigstens etwas, wofür
ich dankbar sein kann.«
Vaijon erwiderte das Lächeln, doch er schüttelte dabei den Kopf.
»Wenn Ihr noch ein oder zwei Stunden so weitermacht, werdet Ihr
ihm lange genug ausgewichen sein, um ihm Anlass für eine spitze
Bemerkung zu geben, Milord.« Bahzell betrachtete den jungen Ritter
aufmerksam. Die Treffsicherheit dieser Bemerkung überraschte ihn.
»Und er meidet Euch nicht, weil er fürchtet, dass Ihr ihm den Kopf
abbeißen könntet. Er hält sich von Euch fern, um Euch Zeit zu ge
ben, mit dem ins Reine zu kommen, worüber Ihr schon den ganzen
Morgen so angestrengt nachdenkt.«
»So, so.« Bahzell spitzte fragend die Ohren und Vaijon zuckte er
neut die Achseln.
»Falls es Euch noch nicht aufgefallen ist, Milord«, fuhr er mit ei
nem Anflug von Schroffheit fort, »Euch geht so ziemlich jeder aus
dem Weg. Deshalb hielt ich es für angebracht, die Sache zur Sprache
zu bringen, was es auch sein mag. Ich wollte nur sichergehen, dass
die Vernachlässigung Eurer Zunge nicht so weit gediehen ist, dass
Ihr vergessen habt, wie man spricht.«
»Du hast ganz entschieden viel zu viel Zeit mit Brandark ver
bracht, mein Junge«, erklärte Bahzell amüsiert, und Vaijon lachte lei
se. Seine blauen Augen funkelten erfreut, und der Hradani schüttel
te den Kopf. Er versuchte sich vorzustellen, wie wenig dieser gut
aussehende Jüngling dem Vaijon glich, den er zum ersten Mal im
Hafen gesehen hatte. Dann erlosch sein Grinsen, weil die Verände
rungen in Vaijon nur seine Unfähigkeit unterstrichen, eine ähnliche
Läuterung bei Yorhus zustande zu bringen. Er seufzte.
»Etwas bekümmert Euch, Milord, habe ich Recht?« Vaijon wurde
wieder ernst. Bahzell nickte.
»Aye, Junge.« Der Hradani hielt kurz inne und überlegte, wie er es
am besten erklären konnte. Dann zuckte er mit den Ohren. »Es geht
um Yorhus.« Er seufzte erneut. »Missversteh mich nicht, ich sage
kein Wort gegen seine Ehrenhaftigkeit oder seinen Mut. Ich fürchte,
dass diese Eigenschaften eher das Problem sind. Er stürmt mit aller
Macht voran, wenn er davon überzeugt ist, im Recht zu sein … Oder
er erspart sich keine Pein, seine Fehler einzugestehen, wenn man sie
ihm dicht genug unter die Nase reibt. Genau das ist das Problem,
verstehst du? Richtig oder Falsch, er geht immer hundertprozentig
drauflos, ohne auch nur ein winziges Stückchen nachzugeben, bis
ihn jemand mit der Nase darauf stößt. Und dabei zweifelt er niemals
auch nur eine Sekunde.«
Bahzell verstummte, hob eine Braue, spitzte beide Ohren und sah
Vaijon an. Der junge Mann nickte.
»Ich weiß.« Er senkte kurz den Blick. »Es hat mich nicht unbedingt
gestört, dass Ihr so freundlich wart, mir meine Arme und nicht den
Schädel zu zertrümmern. Herr Yorhus dagegen ist nicht sehr … fle
xibel, stimmt's?«
»Diese Beschreibung passt wie die Faust aufs Auge.« Bahzell lä
chelte und Vaijon lachte zustimmend. Doch er ernüchterte rasch.
»Aber nicht aus denselben Gründen, Milord. Ich war zu selbstge
fällig, um zuzuhören, doch bei Herrn Yorhus verhält es sich anders.
Er ist in vielerlei Hinsicht einer der demütigsten Ordensritter, die
ich kenne. Es ist nur so, dass er … dass …«
»Dass zu viel Demut die schlimmste Spielart der Überheblichkeit
sein kann«, sagte Bahzell leise und bemerkte das verständnisvolle
Funkeln in Vaijons blauen Augen, als der junge Proband den Kopf
hob. »Du hast Recht. Ich halte ihn auch für einen guten Mann, unge
achtet aller Schwächen, aber ich wünschte, er hätte Tothas kennen
gelernt.« Als Vaijon ihn fragend anschaute, fuhr er fort: »Tothas ist
ein Speermann, den ich kenne. Er ist Lady Zaranthas persönlicher
Leibgardist. Auch er folgt Tomanâk, und ich habe nie einen besseren
oder auch nur einen verständigeren Mann kennen gelernt. Er hat
mir eines Nachts einen Rat gegeben, der besser war als er ahnte.
Und ich glaube, wenn jemand die Geduld und das Vermögen hätte,
Yorhus zu helfen, dann Tothas.«
»Schickt Yorhus doch zu ihm«, schlug Vaijon
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