Weber David - Schwerter des Zorns - 2
die daran beteiligt waren, ir
gendwann die Einzelheiten schildern«, fuhr er fort. »Gosanth jeden
falls behauptet, dass mindestens zwei Dutzend Briganten aus dem
Nichts aufgetaucht wären und sich mit gewaltigen Langstöcken auf
ihn und seine tapferen Wachen gestürzt hätten.«
»Nein! Zwei Dutzend! Mit Langstöcken, sagst du?« Kaeritha
schüttelte den Kopf und Lynoth zuckte mit den Schultern.
»Das ist seine Geschichte und er weicht keinen Zentimeter davon
ab.« Er warf einen viel sagenden Blick auf den Langstock, den Kaeri
tha gelassen auf ihren Steigbügel stützte. »Außerdem wurde von Ti
tanen gemunkelt, die von zornigen Zaubersprüchen herbeigehext
worden wären.« Sein Blick glitt über Wencit und blieb an Bahzell
hängen, dessen Miene die pure Unschuld war. »Und ein anderer
wollte Musik aus dem Wachhaus gehört haben.« Diesmal fixierte
der junge Ritterproband anzüglich Brandarks Balalaika.
»Meine Güte!« schnurrte Kaeritha. »Was muss das für eine
schreckliche Erfahrung gewesen sein.«
»Naja.« Lynoth gluckste hintersinnig. »Allen Berichten zufolge
fing das eigentliche Grauen erst an, als derjenige, der die Musik
spielte, versuchte, zu singen.«
»Ach was! Sagt man das, ja?« fauchte Brandark. Bahzells Un
schuldsmiene geriet für den Bruchteil eines Herzschlags ins Wan
ken, aber er hatte sie längst wieder unter Kontrolle, als Lynoth ihn
ansah.
»Und was haben diese geheimnisvollen unmusikalischen Brigan
ten angestellt?« erkundigte sich der Pferdedieb neugierig. »Ich hoffe
doch, dass sie niemanden schwer verletzten?«
»Ganz und gar nicht, Milord Paladin. Bis auf ein paar Prellungen
und Blutergüsse waren die Briganten offenbar sehr darauf bedacht,
niemandem ernstlich Schaden zuzufügen. Allerdings scheinen sie
einen großen Teil des verschwundenen Diebesgutes zurückgelassen
zu haben, von dem ich vorhin sprach. Denn es lag in einem großen
Haufen in dem Wachhaus gestapelt, als Gosanths Ablösung auf
tauchte. Die fand auch die gesamte Wachmannschaft sowie sechs
Einbrecher und einen Hehler, den die Stadtwache seit Monaten ver
geblich jagt. Sie alle hingen gefesselt – wie Motten in ihren Kokons –
an den Dachbalken.«
»Meine Güte!« murmelte seine Schwester. »Und warum hat das
den ehrenwerten Herrn Maehryk so entsetzt?«
»Ich glaube, es war nur der verständliche Schock darüber, dass ein
Mitglied der Wache in kriminelle Tätigkeiten verwickelt war«, mein
te Lynoth ernst. »Allerdings könnte es auch daran liegen, dass je
mand mit Kreide das Symbol von Schwert und Morgenstern auf das
Diebesgut geschmiert hat. Das deutet natürlich darauf hin, dass der
Orden irgendwie darin verwickelt sein könnte. Was, wie wir ja alle
wissen, unmöglich ohne Einwilligung von Herrn Maehryk gesche
hen kann. Ihr habt doch den Leutnant gesehen, der ihm heute Mor
gen wie ein Schatten gefolgt ist?« Kaeritha nickte, und Lynoth zuck
te mit den Schultern. »Das war Sergeant Gosanths Vorgesetzter. Ich
nehme an, dass die Vorgesetzten des Leutnants ohnehin nicht son
derlich zufrieden mit ihm sind, aber er stammt aus einer sehr ein
flussreichen Familie. Offenbar ist er wild entschlossen, Herrn
Maehryk dazu zu bringen zuzugeben, dass der Orden hinter der
ganzen Sache gesteckt hat. Und dafür zu bürgen, dass er, der Leut
nant selbst, nichts mit Gosanths … Tätigkeiten zu tun hatte. Da der
Orden nun aber gar nichts mit der Sache zu schaffen hatte, kann
Herr Maehryk nichts bestätigen und den Leutnant auch nicht rein
waschen. Das will der gute Leutnant jedoch nicht hinnehmen, und
Herr Maehryk ist viel zu trän… höflich, um ihn einfach aus dem Or
denshaus werfen zu lassen.«
»Meine Güte, also wirklich!« Kaeritha seufzte und schüttelte be
troffen den Kopf. »Ich hoffe, dass sie der Sache auf den Grund kom
men. Irgendwann.«
»Oh, das werden sie gewiss. Irgendwann«, stimmte ihr Bruder ihr
zu. Die beiden grinsten sich schalkhaft an, doch dann schaute Ly
noth hoch, und sein Grinsen erlosch. Das Nordtor lag vor ihnen,
und unter der kalten Morgensonne herrschte dort reger Verkehr. Er
verzog spöttisch die Lippen, als er die Aufmerksamkeit sah, mit der
die Wache ihrer Pflicht nachkam. Zweifellos hatten die beiden Leut
nants, der Hauptmann und der Major, die den Gardisten auf die
Finger sahen, etwas damit zu tun.
»Sieht aus, als hätten die anderen Wachsoldaten bereits von Go
sanths Abenteuer gehört«, bemerkte er. »Glaubt Ihr, dass dies die
Absicht der Briganten gewesen ist?«
»Wie soll wohl einer von uns etwas
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