Weber David - Schwerter des Zorns - 3
für sein ausgezeichnetes Urteilsvermögen. Mit Euch hat er jemanden entsendet,
der die Lage sehr genau begriffen hat. Ich gebe gern zu, dass ich bereits einige der Nachrichten kannte, die Ihr mir berichtet habt, aber
ich konnte bisher noch nicht die ganze Lage überblicken. Ich muss
ein oder zwei Tage darüber nachdenken, bevor ich mich entscheiden
kann, wie ich Lordhüter Festian am besten helfe, damit fertig zu
werden. Aber eines versichere ich Euch schon jetzt: Wir werden damit fertig!«
Sein Tonfall verdeutlichte seine Entschlossenheit und Bahzell nickte unwillkürlich.
»Bis dahin«, Tellian ließ die Hände auf die Armlehnen seines
Stuhls klatschen und erhob sich dann daraus, »betrachtet Euch als
meinen geehrten Gast, Sir Yarran. Es freut mich, dass Ihr hier seid.
Trianal geleitet Euch zu den Gemächern, die Kalan für Euch vorbereitet hat. Ich halte es für eine ausgezeichnete Idee, dass Ihr mit einigen meiner kommandierenden Offiziere redet, sobald Ihr Euch dort
eingerichtet habt. Außerdem wäre ich Euch sehr verbunden, wenn
Ihr… und du, Trianal«, er warf seinem Neffen einen kurzen Seitenblick zu, »mit keinem Wort Baron Cassan erwähnen würdet. Ansonsten könnt Ihr alle Mitteilungen oder Schlussfolgerungen verwenden, einschließlich Eurer Einschätzung von Dathian und Lord
Saratic.« Er lächelte scharf. »Die meisten meiner Offiziere wissen,
wer Saratic deckt, also brauchen wir nicht deutlicher zu werden. Im
Gegensatz zu einigen anderen Adligen habe ich herausgefunden,
dass es sich auszahlt, wenn man die Leute umfassend in Kenntnis
setzt, die einem bei einem Krieg oder anderen kleinen Unannehmlichkeiten, über die man stolpern kann, helfen sollen. Auf diese Weise sind sie auch eher geneigt zu verhindern, dass man… aus Versehen in sein Schwert fällt.«
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A LSO , P RINZ B AHZELL «, sagte eine jugendliche Stimme, »darf ich Euch
nach den Geheimnissen meines Vaters fragen?«
Bahzell drehte sich herum. Er stand auf der inneren Wehr von
Schloss Hügelwacht und hatte über die endlosen Steppen der Ebene
des Windes gestarrt. Die Bewölkung war am Mittag vom Wind vertrieben worden, und jetzt, am Nachmittag, sank die Sonne allmählich zum westlichen Horizont. Der Himmel war so strahlend blau,
dass es fast in den Augen schmerzte. Das dunkle, satte Grün der
neugeborenen Steppe breitete sich unter ihm aus. Die lange Regenzeit hatte sie genährt, und ihre Üppigkeit schien nur zu unterstreichen, wie kurz die Zeit der Fruchtbarkeit hier auf der Ebene des
Windes andauerte. Der Wind, der aus Nordwesten wehte, war zwar
immer noch frisch, doch Bahzell genoss das sanfte Prickeln auf seiner Haut. Wenigstens regnete es nicht mehr.
Leeana Bogenmeister stand hinter ihm. Sie trug eines der schlichten und dennoch eleganten Gewänder, die sie auf ein Drängen ihrer
Mutter hin in den letzten Tagen häufiger anlegte. Der Wind
schmiegte den weichen Stoff um ihre langen Beine. Einige Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und wehten ihr ins Gesicht. Sie glitzerten wie vergoldete Schlangen im Sonnenlicht. Leeanas grüne Augen funkelten mutwillig, und Bahzell musste zugeben,
dass sie noch süßer aussah als sonst. Er ignorierte eisern die Erkenntnis, dass »süß« vielleicht nicht ganz das treffende Wort war.
»Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, mein armes Gehirn überhaupt nach irgendetwas auszufragen, Milady«, erwiderte er lächelnd.
»Seid nicht albern, Milord Prinz.« Sie trat neben ihn und ließ ihren
Blick ebenfalls über die grüne Steppe gleiten. »Angesichts der
großen Anstrengung, die Ihr darauf verwendet, gelingt es Euch
wahrhaftig nicht besonders gut, Euren Geist zu verbergen.«
Bahzell musterte ihr Profil aus den Augenwinkeln. Es konnte ohne
weiteres mit ihrer sonstigen Entwicklung Schritt halten.
»Es ist nicht schlecht, wenn diejenigen, die einen nicht mögen, sich
für viel schlauer halten als einen selbst«, sagte er nach einer Weile.
»Ich würde zwar niemals behaupten, dass ich ein Genie bin, Milady.
Doch vielleicht bin ich tatsächlich nicht ein solcher Idiot, wie mein
Vater es immer von mir behauptet hat.«
»Ich kann mir vorstellen, dass es Euch sehr gelegen kommt, dass
ziemlich viele Menschen engstirnig genug sind, nur darauf zu hören, wie Ihr Pferdediebe redet, und dabei nicht auf das achten, was
Ihr sagt«, erwiderte Leeana nachdenklich.
»Zweifellos«, bestätigte Bahzell. »Sicherlich gehen viele Menschen
davon aus, dass jeder Hradani, ganz gleich wie er reden mag, ein
Barbar
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