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Wechsel-Wind

Titel: Wechsel-Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
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und keine Chlorine vorfand, die ihr half? Keinen Nimby, der auf der Stelle alle Antworten kannte? Die Carlyles würden wesentlich tiefer in Schwierigkeiten stecken, und ohne ihre Hilfe wäre andererseits Xanth selber vielleicht zum Untergang verdammt. Tweeter hatte Nimby bislang noch nie nervös erlebt, aber nun begriff er, wie wohlbegründet das Verhalten des Drachen war.
    Und er, Tweeter, mußte irgendwie den Faden beschaffen, ohne Schaden anzurichten oder ertappt zu werden, denn nur so konnte Xanth vor dem wiedererstarkten widrigen Wind gerettet werden. Das alles schien doch ein wenig zu viel für einen einzigen kleinen Vogel zu sein.
    Er bemerkte, daß Chlorine und Nimby ihn betrachteten. Nun, genau gesagt betrachtete ihn nur Nimby, und die Frau versuchte, die Augen auf ihn zu richten, aber da er auf ihrem Scheitel saß, verfehlte ihr Blick ihn um wenigstens eine Flügelspannweite. Aber sie bemühte sich. Beide warteten sie auf seine Reaktion.
    Was konnte er schon tun? »Twiet!« stieß er mutig hervor.
    »Nun, es freut mich zu hören, daß du dir so sicher bist«, sagte Chlorine. »Denn du wirst alles Selbstvertrauen aufbringen müssen, das du hast.«
    Daran bestand kein Zweifel. Tweeter versuchte, sein wenig selbstsicher wirkendes Zittern zu verbergen.
    »Aber ich werde dich unterstützen, so sehr ich kann«, fuhr Chlorine fort. »Vielleicht zeige ich ihm doch meine Wäsche, denn selbst wenn ihn das nicht umhaut, lenkt es ihn möglicherweise ab – und das wiederum würde uns doch schon weiterhelfen. Aber in die Nähe meines zarten Halses lasse ich ihn nicht!«
    Das konnte Tweeter gut verstehen.
    »Also machen wir uns lieber auf die Suche nach dem Vampir«, sagte Chlorine mit mühsam aufgebrachter Entschlossenheit. »Und wir könnten das alte Schauspiel von der Jungfrau und dem Drachen aufführen, so etwas lenkt immer die Aufmerksamkeit auf sich. Währenddessen beschafft Tweeter den Faden.«
    Nimby nahm Drachengestalt an, und Chlorine saß auf. Wie immer kannte Nimby auch jetzt den Weg, und nach nur einer Weile und einem Augenblick, oder vielleicht auch zwei Augenblicken und einem Moment, erreichten sie den Unterschlupf des gefürchteten Vampirs.
    Tweeter war ein wenig enttäuscht. Vor ihnen lag nicht etwa ein altes, gespenstisches Schloß mit einem nebelzerkauten Friedhof davor, sondern eine erbärmliche Hütte aus verwundenem blutroten Blutwurzholz und mit einem Dach aus Blutwurzblättern. Die Tür hing schief in den Angeln und war geschlossen. Die Hütte lag tief im Schatten, denn bekanntermaßen sind Vampire nicht besonders erpicht auf sonnenlichtdurchflutete Räumlichkeiten.
    »Er dürfte schlafen«, vermutete Chlorine. »Soviel ich weiß, schlafen Vampire meist bei Tag.« Nimby nickte. »Dann rufe ich ihn jetzt einfach heraus«, beschloß sie.
    Sie zögerte, als hoffte sie, daß jemand sie davon abhalten würde, aber das tat niemand. Also richtete sie Bluse und Rock, daß sie gerade genug zeigten, aber nicht mehr, und in der Zeit flog Tweeter auf einen Baum in der Nähe. Er hoffte, von hinten an den Vampir heranfliegen zu können.
    »Ich frage mich, ob es wohl besser wäre, wenn du einfach in die Hütte fliegen und den Faden nehmen würdest, solange der Kerl noch schläft«, sagte sie, als ihr plötzlich Bedenken kamen.
    Aber Nimby schüttelte den Eselskopf.
    Daher beendete Chlorine ihre Vorbereitungen, die eigentlich gar nicht notwendig gewesen wären, denn sie war danach ebenso wunderschön wie vorher. Sie hob ihr Kinn und ihre Stimme. »Oo-hoo, Vampir Gestalt«, rief sie nicht allzu laut. »Bist du zu Hause?«
    Nur einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet, und ein finsterer Umriß stand in der Öffnung. »Wer ruft mich?« fragte er mit Grabesstimme.
    Tweeter sah nun, weshalb der Faden nicht zu bekommen gewesen wäre, solange der Vampir schlief: Der Umhang entfaltete sich gerade, und nun erst kam der Knopf in Sicht. Vorher mußte er unzugänglich gewesen sein. Außerdem schlief der Blutsauger wahrscheinlich sowieso in einem Sarg, und das erschwerte die Sache noch mehr. Tweeter blieb also keine andere Wahl als zuzuschlagen, während der Vampir wach war, und es war wohl auch besser, wenn das unbemerkte Entwenden im Freien stattfand, denn dort konnte man viel besser entkommen.
    »Ich habe dich gerufen«, antwortete Chlorine mit einer Stimme, die ein wenig bebte. »Ich habe gehört, daß du… daß du saftige Mädchen magst.«
    Der finstere Vampir strahlte plötzlich. »Das ist allerdings wahr.

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