Wechsel-Wind
aus. Sean brauchte ein gutes, solides Argument, mit dem er kontern konnte. »Wißt ihr denn etwas, was wir nicht wissen?«
»Wuff«, machte Woofer. Er versuchte erneut, einen menschlichen Laut zu formen: »Waimp.«
»Also etwas mit den Imps«, stellte Sean fest. »Mit denen, die das Hotel führten? Stilla? Osant?«
»Wuff.«
»Osant. Ist er nicht, was er zu sein scheint?«
»Wuff.«
»Ist er jemand Schlimmes?«
»Wuff, wuff.«
Jetzt kreisten sie ihn ein. »Jemand Gutes?«
»Wuff, wuff, wuff.«
»Ist er mehr als nur ein Hotelier?« fragte Chlorine, die allmählich die Regeln begriff.
»Wuff.«
Über Chlorines Kopf leuchtete eine Glühbirne auf. »Jetzt fällt es mir wieder ein! Er ist der Bürgermeister des Dorfes.«
»Wuff!«
»Der Bürgermeister!« rief Mom aus. »Das hatte ich ja ganz vergessen.«
»Für die Bewirtung der Gäste ist stets der bedeutendste Imp verantwortlich«, sagte Chlorine, »denn die Imps finden, daß die Gastfreundschaft die wichtigste Funktion eines Dorfes darstellt. Das hatte ich auch ganz vergessen; in der Zentaurenschule war ich nie besonders aufmerksam, sonst wäre ich bestimmt schon früher darauf gekommen.«
»Aber der Bürgermeister hätte doch die Evakuierung des Dorfes überwachen müssen«, wandte Dad ein.
»Miau.«
David sah Midrange an. »Hätte er auch – aber die Besucher brauchten ihn.«
»Genau«, stimmte Sean zu. »Als Dad und ich nachts hinausgingen, waren Osant und Stilla im Dorf bei der Arbeit. Sie glaubten, wir würden fest schlafen, deshalb ließen sie uns allein und kümmerten sich um ihre anderen Pflichten – ohne uns damit zur Last zu fallen.«
»In Mundanien findet man solche Rücksichtnahme nur sehr selten«, meinte Dad. »Deshalb schreit sie auch förmlich nach Erwiderung.«
Das reichte. »Wir müssen nach Imp Erial zurück«, beschloß Mom.
»Können wir überhaupt noch rechtzeitig wieder da sein?« überlegte Dad. »Wir kommen frühestens am Abend an, und dann müssen sie fertig sein.«
»Nimby?« fragte Chlorine.
Nimby nickte.
»Und was ist mit dir?« wandte Mom sich an Chlorine. »Das wird deinen Dienst verlängern. Wir haben nicht das Recht…«
»Es wäre mir eine Freunde«, sagte Chlorine. »Schließlich hat mir dieser Dienst so viel Spaß gemacht. Und auch ich mag die Imps.« Sean freute sich sehr, das zu hören. Nun konnte er noch mehr Zeit mit Chlorine verbringen – vielleicht noch viel mehr Zeit. Sie konnte mit ihm üben, was immer sie mit ihm üben wollte. Vielleicht entwickelte sich das Ganze sogar über die Grenzen des verbalen Austauschs hinaus.
Dad bremste das Wohnmobil ab und setzte zum Wenden an. »Ich hoffe sehr, daß wir das nicht bereuen«, sagte er. Sehr reuevoll wirkte er allerdings nicht.
7
Im Wahnsinn
David freute sich darüber, daß sie zurückfuhren. Man brauchte schon eine Weile, um sich an diese Zauberwelt von Xanth zu gewöhnen, aber das hatte er nun hinter sich, und jetzt erschien sie ihm viel interessanter als Mundanien. Er wußte, daß er früher oder später doch wieder zurück in die grauenhafte Schule mußte, aber wenigstens würde er ein gutes Thema für seinen ›So-verbrachte-ich-meine-Sommerferien‹ -Aufsatz haben.
Nun fuhren sie also wieder nach Xanth hinein anstatt aus Xanth hinaus, und der Wind wurde stärker. Die Fahrt würde lang und anstrengend werden. Die Aussicht machte ihn durstig. Auf langen Fahrten wurde er jedesmal durstig.
Da sah er ein Schild. APPLE COLA RIVER. »He, Dad – können wir da nicht anhalten und uns etwas Apfelcola holen?«
Zu Davids Erstaunen ging sein Vater darauf ein. Vielleicht hatte Dad auch Durst. Jedenfalls fuhr er an den Straßenrand und hielt. »Dann steigt mal alle aus und tut, was ihr tun müßt, denn so bald halten wir nicht wieder an«, verkündete er.
Aha. Die Warnung war deutlich. Alle strömten aus dem Wohnmobil und suchten sich entsprechende ansprechende Büsche. Dann holte David sich einen Krug und ging an den Fluß, um so viel Apfelcola zu trinken, wie er nur konnte. Das war eine der guten Seiten von Xanth: Alles konnte man wörtlich nehmen. Wenn auf dem Schild ›Apfelcola‹ stand, dann war in dem Fluß auch Apfelcola drin. Genauso wie der Blutfluß in dem Spiegel/Wandteppich-Gerät tatsächlich aus echtem heißen Riesenblut bestanden hatte, so viel Blut, daß es in dem Fluß meilenweit bis ins Meer geflossen war. Dieser Fluß hingegen sprudelte vor Kohlensäure, und das ›Wasser‹ schmeckte wie Cola mit Apfelgeschmack. David trank etliche
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