Wechsel-Wind
verrichteten hektisch ihre Aufgaben. Sean glaubte Stilla zu sehen und winkte ihr zu, aber sie bemerkte ihn offenbar nicht. Sie wirkte sehr erschöpft.
Sie folgten der Zugangsstraße zum Trollweg zurück. Mit einemmal erklang ein lautes Geräusch, als würde etwas sehr Großes mit roher Gewalt zerrissen. Am dunklen Himmel erschien eine gezackte Öffnung, und übergangslos wurde die Landschaft in Licht getaucht.
»Was ist denn da passiert?« fragte David erschrocken.
»Ach, das war der Einbruch der Morgendämmerung«, erklärte Chlorine. »Um das Licht hereinzulassen. Manchmal wird es während der Nacht aufgehalten, und dann geht die Sonne nicht auf, weil sie sich vor der Dunkelheit fürchtet. Dann muß der Schleier der Nacht aufgebrochen werden.«
Selbst Karen hielt das für ein wenig weit hergeholt, aber offenbar war es in Xanth so und nicht anders.
Sie öffneten die Frühstückspakete, die die Imps ihnen geschenkt und die die Größenänderung nach Verlassen des Unterbringungszaubers mitgemacht hatten. Für jeden von ihnen war etwas dabei, angefangen mit auf wundersame Weise immer noch kalter Eisbombe bis hin zu Hundekuchen. Die Imps erwiesen sich sogar in der Abwesenheit noch als exzellente und überaus aufmerksame Gastgeber.
Die Fahrt wurde rasch langweilig, deshalb nahm Sean ein Kartenspiel und brachte den anderen das Pokern bei. Sie spielten um Streichhölzer. Chlorine neigte dazu, auch in ihre Karten Einblicke zu gewähren, was sie noch reizender machte; der stumme Nimby jedoch erwies sich als Spieler, den man einfach nicht bluffen konnte. Anscheinend wußte er genau, welche Karten die anderen in der Hand hatten.
Schon bald gehörten alle Streichhölzer ihm, und das Spiel erlahmte.
»Ist euch eigentlich aufgefallen, daß es bei den Imps keine Frauen und Kinder gab, mit einer einzigen Ausnahme, nämlich Stilla?« fragte Mom, die vorne neben Dad saß.
»Ich nehme an, sie befanden sich bereits in der Sicherheit der Höhle«, sagte Chlorine. »Nur die Männer waren noch draußen und versuchten, so viel als möglich zu schaffen.«
»Aber so viel als möglich ist nicht genug«, warf Sean ein. »Die Imps werden nicht fertig, bevor der Staub des Wahnsinns kommt und ihre verbleibenden Edelsteine verdirbt.«
»Werden sie nicht?« erkundigte sich Chlorine besorgt. »Woher weißt du das?«
»Die Tiere haben es mir gesagt«, antwortete Sean und tätschelte Woofer den Kopf. »Sie haben es von anderen Tieren erfahren.«
Chlorine sah Nimby an, der zur Antwort nickte.
»Könnten wir ihnen nicht helfen?« fragte David und legte ein Zeichen von ungewohntem sozialen Gewissen an den Tag.
»Nicht, ohne daß wir selbst in den Zaubersturm geraten«, gestand Sean unzufrieden.
»Das dürft ihr nicht zulassen«, riet Chlorine schnell. »Ich muß euch sicher nach Mundanien schaffen.«
»Aber die Imps waren doch so lieb zu uns«, wandte Karen ein. »Wir hätten ihnen helfen sollen.«
»Wenn euch der Wahnsinn ergreift, dann schadet ihr ihnen mehr als ihr ihnen nützt«, widersprach Chlorine.
»Ja, wahrscheinlich«, stimmte Karen widerwillig zu. Sean verstand ihre Gefühle, denn er teilte sie.
Wieder verging Zeit. Das ständige Aus-dem-Fenster-Schauen ermüdete Sean, und es wurde immer schwieriger, Chlorine anzustarren, ohne daß es jemandem auffiel, also machte er ein Nickerchen, während die anderen wieder Patience spielten, ein Spiel, daß Nimby nicht vollständig dominieren konnte.
Als Sean wieder aufwachte, bog das Wohnmobil gerade von der Hauptstraße ab. Er sah auf die Uhr und stellte fest, daß er mehrere Stunden geschlafen hatte. Mittlerweile war es kurz vor Mittag. »Verlassen wir jetzt Xanth?« fragte er und verspürte gelindes Bedauern bei dem Gedanken.
»Dad braucht mehr Sprit, Schlafmütze«, informierte ihn Karen.
Sean sah aus dem Fenster. »Wo sind wir denn?«
»Tolla Haschisch«, antwortete David.
»Tallahassee? Das ist doch gleich an der Grenze ¯ .«
»Nein. Falls du's nicht mehr weißt, wir sind in Xanth. Da draußen wächst toller Haschisch.«
Sean sah noch einmal aus dem Fenster, diesmal zu Boden. In der Tat wuchsen dort prächtige Mohnpflanzen, die Sean selbstverständlich nur aus (verbotenen) Büchern kannte. Mom wirkte sehr nervös. »Toller Haschisch«, stimmte Sean zu. Er wollte nicht unerfahren erscheinen, solange Chlorine zusah – aber auf diese Weise provozierte er Ärger mit Mom. Er beschloß, die ganze Sache zu ignorieren und verwünschte das Alter, in dem er sich befand.
»Wir
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