Wechsel-Wind
suchen nach einem Fuhrpark, einem Carpool, mit einem Carport, wo wir eine Ladung Benzin kriegen können«, erklärte Karen. Sie hatte offenbar große Freude an den Wortspielereien. »Hier gibt es nämlich keinen Benzinschlucker.«
»Wer sagt das?«
»Wer schon? Nimby natürlich.«
Damit schien das Thema erledigt. Sean spähte aus dem Fenster und hielt Ausschau nach dem Carpool.
»Da ist er!« rief Karen. Sie besaß die scharfen blauen Augen der unschuldigen Jugend.
Nun sah ihn auch Sean: eine Wasserfläche in der Form eines großen Autos, die auf wäßrigen Reifen über das Land rollte. »Hab ich's doch geahnt«, stöhnte er.
Dad hupte. Der Carpool schien das Geräusch zu hören, denn er hielt am Straßenrand an. »Nicht aussteigen«, warnte Dad. »Es könnte gefährlich sein.«
Nimby nickte.
Dad hatte recht: Ein gewaltiges tigerhaftes Geschöpf aus Wasser sprang auf sie zu – ein Car-nivore. Drohend beugte es sich über das Wohnmobil und versuchte, die Zähne hineinzuschlagen, aber weil sein Gebiß aus Wasser bestand, konnte es dem Stahl nichts anhaben. Der Wassertiger brüllte feucht und hetzte davon.
Eine alte Frau stieg aus dem Wasser. Auch sie bestand aus der Flüssigkeit, aber sie strahlte ein gewisses Carisma aus und war in eine Car-acalla gekleidet.
»Ich gebe dir keine zwei Cents für eine Tankfüllung Benzin«, rief Dad, »aber ich gebe dir einen.«
»Das ist Car-Ma«, erklärte Karen.
»Einverstanden«, sprach die Wasserfrau. »Aber nur, weil ihr in einem Car-avan sitzt. Mein Sohn bringt euch den Sprit.« Sie drehte sich um und rief: »Toon!«
Gefolgt von einem zottigen Car-tier, watete ein knallbunt gekleideter Wassermann aus dem Pool. In Händen hielt er eine gewaltige Flasche mit einer weinroten Flüssigkeit.
»Aha«, sagte Sean, »das muß der Car-port sein.«
Dad stieg aus und schraubte den Tankdeckel ab, dann goß Car-toon die Flüssigkeit in den Stutzen. Sean hoffte, daß sie wirklich bekamen, was sie brauchten. Wenn es sich nun um Wein und nicht um Benzin handelte? Schließlich war Port eine Art Wein.
Der Motor ließ sich ohne Probleme starten, also schien die Flüssigkeit in Ordnung zu sein. Allerdings mochte sehr wohl noch etwas vom alten Benzinschluckersprit im Tank sein, deshalb war es noch zu früh zum Frohlocken.
»Vielen Dank!« rief Dad, als er Wagen anfuhr. Car-Ma winkte ihnen freundlich hinterher.
Da zog ein riesiger Schatten über den Weg vor ihnen. Sean sah auf und erblickte einen gigantischen Vogel. »Ein Rokh!« schrie er. »Die Monster haben uns eingeholt!«
Nimby schrieb eine Nachricht. ›Nein. Das ist eine Rokh-ette. Sie versammeln sich im tollen Haschischfeld, um den Tanz zu üben.‹
»Das erklärt natürlich alles«, brummte Sean säuerlich.
Das große Vogelweibchen kreiste über ihnen und spähte zu ihnen herunter. »Ich glaube, sie denkt, daß wir ihr Nest plündern wollen«, sagte David. »Jedenfalls guckt sie so.«
Auch Dad machte sich Sorgen. »Dieser Vogel ist groß genug, um uns zu grabschen und ins Meer zu werfen«, sagte er. »Wir müssen eine Möglichkeit finden, ihm zu entkommen, wenn wir wieder heil auf die Trollstraße zurückkehren wollen.«
Nimby schrieb noch eine Notiz. ›In der Nähe steht eine große Vogelscheuche. Wenn ihr sie bewegen könnt, wird sie den Vogel vertreiben.‹
»Zeig mir einfach, in welche Richtung«, seufzte Dad schicksalsergeben.
Mom tauschte mit Nimby den Platz und ließ ihn vorne sitzen, damit er Dad den Weg weisen konnte. »Ich bin wirklich froh, wenn wir aus dieser verrückten Welt wieder heraus sind«, sagte sie. »In Mundanien haben wir wenigstens nichts weiter zu fürchten als Diebe und Straßenräuber.« Sie lächelte, um zu zeigen, daß ihre Worte witzig gemeint waren – zum Teil.
»Aber was ist mit den Imps?« wollte Karen wissen.
Mom seufzte. »Zugegeben, ich wünschte, wir hätten eine Möglichkeit gefunden, ihnen zu helfen. Wenn man bedenkt, wie freundlich sie zu uns waren, obwohl sie in einer so schlimmen Lage stecken…«
Nun näherten sie sich einer gewaltigen Vogelscheuche, die auf dem tollen Haschischfeld stand und aussah, als sei sie die Großmutter aller mundanen Vogelscheuchen.
»Was sollen wir ihr geben, damit sie uns hilft?« überlegte Sean. »Etwas Verstand vielleicht?«
Die Vogelscheuche wandte sich ihnen drohend zu.
»Hoppla«, meinte Sean. »Hab' ich was Falsches gesagt?«
Aber die Vogelscheuche hatte offenbar nicht gehört, was er geredet hatte, taxierte das Wohnmobil und kam zu
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