Wechselspiel der Liebe
nie«, bestätigte er seelenruhig.
»Wenn du sie immer noch liebst — warum hast du mich dann geheiratet?«
»Das wissen wir beide.«
»Aber deine Liebe zu ihr ...«
Jetzt verlor er doch noch die Geduld und fluchte. »Um Himmels willen, was soll diese dumme Diskussion? Ja, ich habe sie geliebt, aber sie ist tot. Und die neue Herrin von Cimarrón wird sich dem Haushalt im Nachthemd präsentieren!«
»Keineswegs«, entgegnete sie kühl. »In Zukunft werde ich dir keinen Anlaß mehr geben, meine äußere Erscheinung oder mein Verhalten zu bemängeln.«
»Nein, allerdings nicht. Dafür werde ich sorgen.«
Wütend lief sie in die Kabine zurück und warf die Tür hinter sich zu. Lautes Gelächter folgte ihr, aber sie hörte eine gewisse Bitterkeit heraus, die ihr Herz schmerzhaft zusammenkrampfte.
Sie zog sich hastig an und bedauerte, daß sie keine ihrer eigenen Kreationen tragen konnte. Statt dessen mußte sie ihr neues Heim in einem Kleid der einstigen Hausherrin betreten. Ihre Finger konnten die Häkchen kaum schließen, und sie befahl sich energisch, nicht mehr an Lisa zu denken. Nachdem sie ihr Haar kunstvoll hochgesteckt hatte, kehrte sie an Deck zurück, in einem eleganten goldbraunen Tageskleid mit senfgelbem Unterrock und einen passenden Sonnenschirm am Arm. Weiße Handschuhe und zierliche senfgelbe Schuhe, die ihr ein bißchen zu eng waren, vervollständigten das Ensemble.
Jarrett stand bereits auf dem Dock, in ein Gespräch mit einem hochgewachsenen, schlanken weißhaarigen Gentleman vertieft. Hinter ihm entdeckte Tara einen Schwarzen, ebenso groß, in würdevoller Haltung. Ein Sklave? Irgendwie bezweifelte sie, daß dieser Mann das Eigentum eines anderen war.
»Ah, meine Frau!« rief Jarrett, eilte zur Planke und führte sie an Land. »Tara, das ist Jeeves.« Den Schwarzen stellte er zuerst vor. »Er kümmert sich um den Haushalt, und Rutger beaufsichtigt die Feldarbeiter.«
»Guten Tag.« Höflich nickte sie den beiden Männern zu, die sie neugierig musterten.
»Mrs. McKenzie ...« Rutger verbeugte sich etwas steif, Jeeves um so geschmeidiger.
»Nun wird Jeeves dich ins Haus bringen, Tara«, erklärte Jarrett, um sie unmißverständlich zu entlassen. Vielleicht war ihm aufgefallen, wie knapp die beiden Männer seine
neue Ehefrau begrüßt hatten. »Ich muß noch etwas mit Rutger besprechen. Dann komme ich dir nach. Jeeves, Molly soll Mrs. McKenzie Tee oder Kaffee servieren. Aber zeigen Sie ihr nicht das Haus. Das möchte ich selbst übernehmen.«
»Sehr wohl, Sir«, antwortete Jeeves, umfaßte Taras Ellbogen und führte sie auf einem Steinpfad zum Haus.
Nun konnte sie das majestätische Gebäude aus der Nähe bewundern, sie sah die üppigen Grünpflanzen, die sich an den weißen Säulen und dem schmiedeeisernen Balkongeländer emporrankten.
»Das schönste Herrschaftshaus weit und breit«, verkündete Jeeves voller Stolz.
»Daran zweifle ich nicht.«
»Es hat über ein Jahrzehnt gedauert, bis es fertiggestellt war.«
»Haben Sie schon für Mr. McKenzie gearbeitet, als das Haus gebaut wurde?«
»O ja, Ma'am«, erwiderte er lächelnd, in perfektem Englisch. Offenbar hatte er eine gute Schule besucht.
»Es gibt dreiundzwanzig Räume, Mrs. McKenzie — also ein sehr großer Haushalt... Ich bin froh, daß Mr. McKenzie eine neue Herrin mitgebracht hat, die nach dem Rechten sehen wird.«
»Danke.« Skeptisch schaute sie in seine unergründlichen Augen und fragte sich, ob er die Wahrheit sagte.
Sie stiegen die Verandastufen hinauf, und Jeeves eilte voraus, um ihr die Doppeltür zu öffnen.
Wie Tara vermutet hatte, führte ein breiter Hur zum Vordereingang, mit brokatbezogenen Sesseln, Sofas und kleinen Tischen aus Kirschbaumholz eingerichtet. An jeder Seite reihten sich drei Türen aneinander, und Jeeves erklärte, dahinter würden der Salon, der Speiseraum, das Frühstückszimmer, die Bibliothek, das Büro und der Damensalon liegen. Die Küche befand sich in einem Nebengebäude, und der erste Stock enthielt das Schlafge
mach für die Herrschaften mit angrenzendem Wohnraum, drei Kinder-, ein Spiel- sowie drei Gästezimmer. Im Dachgeschoß waren die Dienstboten untergebracht.
Jeeves führte Tara ins Frühstückszimmer, wo sie mit Molly bekannt gemacht wurde, einem jungen irischen Dienstmädchen.
Beflissen servierte Molly Kaffee und Biskuits, dann knickste sie ehrerbietig und entfernte sich. Auch Jeeves ging hinaus, nachdem er sich höflich vor seiner neuen Herrin verneigt und versichert
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