Wechselspiel der Liebe
niederzumetzeln — und Frauen und Kinder, ohne mit der Wimper zu zucken. Hätten die Weißen diese verdammten Verträge eingehalten ...«
»Dieser Vorwurf kann den niederträchtigen Hinterhalt nicht entschuldigen, James. Sicher, mehrere grausame Weiße haben Indianerdörfer überfallen. Aber viele wollen in Frieden leben. Und wie du immer wieder beteuert hast, weiß Osceola, daß nicht alle weißen Männer schlecht sind. Gerade dir müßte es gelingen, diese neue Welle des Hasses einzudämmen ...«
Stöhnend unterbrach James seinen Halbbruder. »Jeden Tag flehe ich den Allmächtigen an, Er möge die Weißen schützen. Unser guter, großherziger Vater hat uns gelehrt, allen Menschen auf Erden die gleichen Rechte zuzugestehen. Leider besitzen nur wenige Menschen einen solchen Charakter. Und wenn auch anständige Weiße in Florida siedeln — wir haben genug böse, grausame kennengelernt.«
Jarrett strich das Haar aus seiner Stirn, setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm und starrte ins Wasser.
Zu seinem Bedauern konnte er James nicht widersprechen.
Seit seiner Jugend beobachtete er immer wieder solche brutalen Übergriffe. Er war in Charleston, South Carolina, geboren worden, als Sohn irischer Einwanderer. In Cork hatte sein Großvater den Titel des Lords McKenzie getragen. Doch Jarretts Vater, der siebente von acht Söhnen, sah auf dem McKenzie-Landsitz in Irland keine Möglichkeit, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Und so verließ der fünfzehnjährige Sean sein vornehmes, aber ärmliches Elternhaus, ging nach Amerika und schloß sich gegen Ende des Freiheitskrieges den Rebellen an.
Nach den Kämpfen landete er in Charleston, und da blieb er, vor allem wegen einer gewissen Geneva Tweed, der Tochter eines reichen Kaufmanns. Diese faszinierende Schönheit, ein eigenwilliges Einzelkind, erklärte Sean, sie wolle nichts mit einem dahergelaufenen Iren zu tun haben. Aber er umwarb sie beharrlich und eroberte sie. Bald nach der Hochzeit erkrankte sie an Gelbfieber. Sean pflegte sie aufopfernd, und irgendwie entging er der Gefahr, sich selbst anzustecken.
Wenn Geneva die schwere Krankheit auch überlebte — sie wurde nie wieder ganz gesund, war schwach und anfällig. Ihr zuliebe blieb Sean in Charleston, obwohl er von einem eigenen Stück Land träumte und sich für den Pelzhandel interessierte. Zehn Jahre lang hoffte das Ehepaar vergeblich auf Nachwuchs — bis Jarrett 1802 geboren wurde, zur großen Freude und Überraschung seiner Eltern.
Doch Geneva kam nie wieder zu Kräften. Ein paar Monate vor Jarretts fünftem Geburtstag umarmte sie ihn, gab ihrem Mann einen Abschiedskuß und hauchte lächelnd ihr Leben aus.
Sean McKenzie war untröstlich. Beinahe starb er selbst an gebrochenem Herzen. Sein Schwiegervater, ebenfalls in tiefer Trauer, beschwor ihn, einen neuen Anfang zu wagen. Da erinnerte sich Sean an seinen alten Traum vom eigenen Land. Der Pelzhandel mit den Georgia-Indianern verhalf vielen Weißen zu sagenhaftem Reichtum. Und so zog er mit seinem kleinen Sohn ins Gebiet der
Creeks.
Zunächst fühlte sich Jarrett oft einsam. Damals lebten nur wenige Weiße im Indianergebiet. Aber er war ein kräftiger, kluger, wißbegieriger Junge, und es gelang ihm bald, sich anzupassen. Er fand heraus, welche Unterschiede zwischen den einzelnen Stämmen bestanden, lernte die Muskogee-Sprache der Creeks, das Hitichi der Mikasukis. Und er erkannte, daß die Creek->Konföderation< vor allem deshalb aus so vielen verschiedenen Stämmen bestand, weil sie sich notgedrungen zusammenschlossen, um die wachsende Einengung durch die Weißen abzuwehren.
An seinem sechsten Geburtstag erfuhr er noch etwas anderes — er würde einen Bruder bekommen.
Sein Vater hatte sich in Mary McQueen alias Mondschatten verliebt, eine Indianerin, die mütterlicherseits mit Peter McQueen verwandt war, einem weißen Anführer der Upper Creeks. Ihr Vater war ein Seminolenhäuptling aus der Gegend von Pensacola in Florida, einer der Flüchtlinge oder Renegaten, deren Familien sich mit den Ureinwohnern der Halbinsel vermischt hatten.
Es fiel Jarrett nicht schwer, die junge, hübsche, liebevolle Mary als Stiefmutter zu akzeptieren. Zu dritt bewohnten sie ein komfortables Holzhaus, genossen den Luxus der Weißen, achteten aber auch die Erdverbundenheit und den Spiritualismus der Indianer.
Sobald James das Licht der Welt erblickte, liebte Jarrett seinen kleinen Bruder heiß und innig.
Die weißen Pelzhändler, die oft zu Besuch kamen und
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