Wechselspiel der Liebe
über dem Erdboden, und sie nahm an, daß man hier im Flachland nicht tiefer graben konnte, sonst würde man auf Grundwasser stoßen. Die Regale enthielten Jahrgangsweine aus Frankreich, Spanien und Italien, auch ein paar heimische Spezialitäten, die Jarrett von verschiedenen Reisen mitgebracht hatte. Nachdem Tara französische Weiß- und Rotweine ausgesucht hatte, studierte sie die anderen Flaschen. Unverwandt spürte sie Jeeves' Blick. Taxierte er sie? Nun, sie hatte sicher keinen Fehler begangen. Und sie wußte, was man von der Hausherrin erwartete. »Billigen Sie meine Wahl, Jeeves?«
»Es steht mir nicht zu ...«, begann er.
»Da Sie den Haushalt schon seit Jahren untadelig führen, haben Sie doch sicher eine eigene Meinung«, unterbrach sie. Dann lächelte sie, um ihre Worte zu mildern, falls sie etwas sarkastisch geklungen hatten. Sie war auf die Freundschaft dieses Mannes angewiesen.
Um sich für das Kompliment zu bedanken, erwiderte er das Lächeln. »Oh, die Weine passen ausgezeichnet zu der Speisenfolge, für die Sie sich entschieden haben.«
»Was macht Captain Argosy hier?«
»Nun, Mrs McKenzie ...«
»Jeeves, sehe ich wie ein Kind aus?« seufzte sie ungeduldig.
»Bitte, Mrs. McKenzie. Wahrscheinlich halten die Gentlemen gerade eine Besprechung in der Bibliothek ab ...«
»Und dabei möchten Sie sicher Whiskey trinken. Würden Sie bitte ein Tablett herrichten? Ich will es selbst hineintragen.«
»In der Bibliothek befindet sich eine Bar. Gewiß werden sich die Gentlemen selbst bedienen.«
»Oh«, murmelte Tara frustriert. »Aber vielleicht hätten sie gern ein bißchen Obst. Bis zum Dinner dauert es noch eine Weile.«
Jeeves verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. »Mrs. McKenzie, ich glaube wirklich nicht ...«
»Würden Sie bitte meinen Wunsch erfüllen, Jeeves?« entgegnete sie energisch.
Nun blieb ihm nichts anderes mehr übrig. Doch das Tablett mit dem frischen Obst nützte ihr wenig. Als sie an die Bibliothekstür klopfte, herrschte zunächst tiefe Stille, bevor ein scharfer Ruf ertönte. »Herein!« Mit einem unschuldigen Lächeln betrat sie den Raum.
Alle Herren sprangen ehrerbietig auf und dankten ihr für die Aufmerksamkeit. Aber Jarrett musterte sie streng, nahm ihr hastig das Tablett ab und schob sie ohne Umschweife zur Tür hinaus.
So stand sie wieder im Flur, nicht klüger als zuvor. Jeeves trat leise zu ihr. Ohne auch nur anzudeuten, er habe sie zu warnen versucht, empfahl er ihr höflich, vor dem Dinner ein Bad zu nehmen. Er sei bereits so frei gewesen, eine Wanne nach oben bringen zu lassen.
Ein heißes Bad — eine wundervolle Idee. Lächelnd dankte sie dem fürsorglichen Jeeves und gewann zum erstenmal den Eindruck, daß sie tatsächlich einen Freund in diesem Haus gefunden hatte.
Ausgiebig genoß sie ihr Bad, und als das Wasser abkühlte, stieg sie aus der Wanne. Sie beschloß, eines der Kleider fertig zu nähen, die sie zugeschnitten und zusammengeheftet hatte. Wenn sie sich beeilte, müßte sie es bis zum Dinner schaffen — insbesondere, wenn ihr jemand half. Nancy Reynolds hatte ihr erzählt, Jarretts Wäscherin Cota sei eine gute Schneiderin. Also läutete sie nach Jeeves und bat ihn, die Frau heraufzuschicken. Dieser Wunsch wurde sofort erfüllt.
Tara hatte angenommen, die Wäscherin wäre eine Schwarze, eine Indianerin oder ein Mischling. Statt dessen stand eine hübsche junge Italienerin mit blauschwarzem Haar, hellgrünen Augen und olivfarbener Haut vor ihr. Cota, die noch nicht lange in diesem Haushalt arbeitete, bemühte sich immer noch, die englische Sprache zu erlernen. Sobald sie verstanden hatte, was von ihr erwartet wurde, ging sie enthusiastisch ans Werk. Sie konnte ausgezeichnet nähen, mit flinken, geschickten Fingern.
Die beiden Frauen waren immer noch beschäftigt, als sich die Tür öffnete. Nur mit einem Korsett und einer langen Unterhose bekleidet, sah Tara ihren Mann auf der Schwelle stehen. Brennend stieg ihr das Blut in die Wangen.
» Scusil « rief Cota, die ebenfalls errötete und hastig aufsprang.
»Cota ...«, begann Tara, doch das Mädchen war bereits an Jarrett vorbeigeschlüpft und ergriff die Flucht.
Verlegen preßte Tara das Kleid an ihre Brust. Es war fast fertig, nur ein Teil des Saums mußte noch genäht werden. Jarrett trat ein und schloß die Tür hinter sich. »Ich wollte dir nur mitteilen, daß das Dinner bald serviert wird.«
Krampfhaft schluckte sie. »Ja, ich komme gleich.«
Er ging zu ihr und berührte das
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