Wechselspiel der Liebe
nicht für diese elenden Schurken, die mich gefangenhalten und skalpieren wollen.«
»Niemand wird Sie skalpieren.« Ärgerlich drückte das Mädchen die Muschel in Taras immer noch gefesselte Hände. »Aber Sie müssen sich Ihr Essen verdienen. Hier arbeitet jeder. Sonst verhungern wir.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dann werden Sie's bereuen. Das läßt er sich sicher nicht bieten. Jede Frau muß einen gewissen Nutzen bringen.«
Was diese Worte bedeuten sollten, wußte Tara nicht so recht, aber sie wollte es auch gar nicht herausfinden. Sie hob ihre Handgelenke. »Binden Sie mich los?«
»Das ist nicht nötig«, erwiderte das Mädchen und verließ die Hütte.
Seufzend preßte Tara die Lippen zusammen und begann mit der Muschelkante über die Hirschhaut zu streichen. Erst nach einer Weile wurde ihr bewußt, wie albern sie war. Da hielt sie einen messerscharfen Gegenstand in der Hand und versuchte nicht einmal, ihre Fesseln zu durchschneiden. Sofort machte sie sich ans Werk. Doch es war gar nicht so einfach, die Finger zu verkrümmen und mit der Muschelkante den Strick an ihren Handgelenken zu erreichen.
Ihre Hände verkrampften sich, der Schweiß brach ihr aus allen Poren.
Beinahe hatte sie die Fesseln durchtrennt, als die Tür aufschwang. Hastig schabte sie mit der Muschel über die Hirschhaut, aber es war zu spät. Das ausgefranste Ende des Stricks hing vom Deckenbalken herab. Und es war natürlich der Mischling, der die Hütte betrat. Sie schrie vor Schmerzen, als er sie auf die Beine zerrte, ihre Handgelenke zusammenpreßte und mit durchdringender Stimme einen Befehl erteilte. Die Indianerin erschien, und nachdem er eine knappe Erklärung abgegeben hatte, verschwand sie.
Wenig später kehrte sie mit einem langen Lederseil zurück, das er mehrmals um Taras Handgelenke schlang. Trotz ihres heftigen Widerstand gelang es ihm mühelos, sie wieder zu fesseln und das Ende des Seils am Deckenbalken zu befestigen. Mit aller Kraft trat sie nach ihm, immer wieder. Nur ein einziges Mal hob er drohend die Hand, doch er tat ihr nichts.
Das Mädchen trug die Hirschhaut und die Muschel hinaus, dann brachte es ihr einen großen Mörser, einen Stößel und eine Schüssel, die sonderbare Streifen enthielt.
» Koonti «, erklärte der Krieger, und das Mädchen forderte Tara auf, die Wurzeln zu feinem Pulver zu zermahlen. »Daraus wird Brot gebacken.«
Entschieden schüttelte Tara den Kopf.
»Aber das müssen Sie tun«, mahnte das Mädchen. »Wenn Sie nicht arbeiten, werden Sie einen anderen Preis bezahlen.«
»Ich bin eine Gefangene, aber ich lasse mich nicht zur Arbeit zwingen.«
Nachdem die Indianerin ein paar Worte mit dem Krieger gewechselt hatte, wandte sie sich wieder zu Tara. »Diese Anordnung stammt nicht von ihm, sondern von jemandem, der noch größere Macht über Sie besitzt. Gehorchen Sie, sonst müssen Sie Dinge tun, die Ihnen — noch schwerer fallen werden.«
Tara setzte sich. Vielleicht war es wirklich besser, Koon fi-Wurzeln zu zermahlen, als das Schicksal herauszufordern-. Wütend starrte sie die beiden an. »Mögen Sie alle in der Hölle schmoren!« fauchte sie.
Mit ihren gefesselten Händen den Stößel zu betätigen, war noch schwieriger, als die Hirschhaut abzuschaben. Eine Zeitlang sah der Mischling ihr zu, dann war er offensichtlich zufrieden und ging mit dem Mädchen hinaus.
Tränen brannten ihr in den Augen. Wie spät mochte es sein? Zwei oder drei Uhr morgens. Und sie war so verdammt müde ...
In der Feuerstelle glühte nur noch Asche. Tara begann zu frieren. Blasen bildeten sich an ihren Fingern, ein heftiger Krampf schmerzte in ihrer Hand, und sie schleuderte den Mörser quer durch den Raum. Koonti -Stücke flogen nach allen Seiten. »Nein, ich tu's nicht!« kreischte sie. »Ich tu's nicht mehr!«
Sofort bereute sie ihr Verhalten, als sich die Tür öffnete. Die Indianerin trat ein und betrachtete den Mörser und die Koonti-Stücke. Dann seufzte sie. »Was haben Sie denn jetzt wieder angestellt?« Zu Taras Überraschung bückte sie sich und begann die Wurzeln einzusammeln. Aber plötzlich eilte der Krieger herein. Mit einem Blick erfaßte er die Situation. Nachdem er dem Mädchen einen Befehl erteilt hatte, verließ er die Hütte.
»Jetzt müssen Sie mit mir kommen«, erklärte die Indianerin.
»Nein ...«
»Folgen Sie mir, sonst werden Sie geholt.«
Zögernd erhob sich Tara. »Wohin gehen wir?«
»Zur kleinen Hütte. Dort werden Sie schlafen.«
»Oh, bitte, lassen Sie
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