Wechselspiel der Liebe
Indianerin in die Hütte führen.
Im Hintergrund des einzigen Raums loderte ein Feuer, dessen Rauch durch eine Öffnung im Dach abzog. Steine bildeten einen Kreis in der Mitte des Bodens. An den Seiten lagen mehrere Schlafstellen aus Decken und Fellen. Gewehre lehnten an einer Wand und zogen Taras sehnsüchtigen Blick auf sich. Doch sie wäre außerstande, eine Waffe zu ergreifen und die junge Frau zu erschießen, die ihr sicher nichts Böses antun wollte — mochte das Halbblut auch andere Absichten hegen.
Die Indianerin bedeutete ihr, auf einer Schlafstelle Platz zu nehmen. Nervös schüttelte Tara den Kopf. In diesem Augenblick trat der Mischling ein, umklammerte ihre Handgelenke und drückte sie auf die Decken und Felle hinab. Dann ließ er sie los und sprach mit der Indianerin, die ein Bündel holte, eine lange Schnur herauszog und vor Tara niederkniete.
»Nein!« wisperte Tara.
»Geben Sie mir Ihre Hände!« bat das Mädchen auf englisch und schaute zu dem blauäugigen Krieger hinüber. »Er wird Ihnen nichts tun.«
»Bitte, sagen Sie mir doch ...«, begann Tara flehend und verstummte sofort, als die Indianerin ihr einen warnenden Blick zuwarf.
Nun, sie würde sich nicht ohne Gegenwehr massakrieren lassen. Während ihr die junge Frau den Strick um die Handgelenke zu schlingen versuchte, gab Tara ihr einen Stoß und sprang auf.
Aber sie erreichte den Ausgang nicht. Blitzschnell ergriff der Mischling ihren Arm, zerrte sie zur Schlafstelle zurück und schleuderte sie darauf. Dann fesselte er sie eigenhändig. Das Ende des Stricks befestigte er an einem Deckenbalken.
Und was jetzt, fragte sie sich. In einem Buch hatte sie gelesen, manche Indianer würden Weiße gefangennehmen, um sie anläßlich irgendwelcher Festivitäten zu foltern.
Er ging zu der hübschen Indianerin mit den haselnußbraunen Augen und sprach leise auf sie ein. Sie nickte zögernd, als draußen laute Stimmen und Hufschläge erklangen. Die beiden eilten hinaus und ließen Tara allein. Sie lauschte angespannt, hörte Geschrei und Gelächter. Plötzlich herrschte tiefe Stille, und der erste Indianer, der ihr im Wald gegenübergetreten war — der Mann in der roten Hose —, betrat die Hütte.
Während er sie anstarrte, wagte sie kaum zu atmen. Langsam ging er zu ihr. Sie stand auf und preßte sich an die Wand. Er stellte eine Frage, die sie nicht verstand, und sie hoffte inständig, ihre Beine würden sie tragen.
Auch die hübsche Indianerin und der blauäugige Krieger kamen wieder herein. »Er will wissen, ob Sie die Frau des Weißen Tigers sind«, erklärte er in seinem gutturalen Englisch.
»Die Frau des — was?« Tara musterte den Mann, der vor ihr stand. Er hatte breite, hohe Backenknochen. Der Blick seiner kleinen braunen Augen wirkte intelligent — und gefährlich.
Ungeduldig seufzte die Indianerin. »Sind Sie McKenzies neue Frau?«
»Ja«, bestätigte Tara rasch, und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Ihr Mann wurde >Weißer Tiger< genannt? Erstaunlich, daß seine Freunde beim Militär ihn nicht längst aufgeknüpft hatten, nachdem er auf der Seite dieser Rothäute zu stehen schien. In ihrer Mitte ist Lisa gestorben, dachte sie. Und jetzt droht mir das gleiche Schicksal.
Erbost runzelte der Indianer in der roten Hose die Stirn, zeigte auf Tara und sprach mit dem Mischling.
»Er meint, man müßte Sie auspeitschen«, flüsterte ihr die Indianerin zu, »weil Sie Ihrem Mann gegenüber ungehorsam waren. Dadurch haben Sie sich in große Gefahr gebracht.«
»Sagen Sie ihm, er soll zum Teufel gehen!« fauchte Tara.
Diesen Wunsch erfüllte ihr das Mädchen natürlich nicht. Aber der Krieger schien den Sinn ihrer Worte zu erraten. Entrüstet starrte er sie an und sagte etwas, das die Indianerin übersetzte.
»Wenn Ihr Mann Sie nicht auspeitscht, würde er diese Aufgabe gern übernehmen.«
Bevor er sich zum Gehen wandte, warf er Tara einen letzten Blick zu, und sie glaubte nicht nur Zorn in seinen Augen zu lesen, sondern auch eine gewisse Bewunderung. Der blauäugige Krieger folgte ihm nach draußen, und sie atmete erleichtert auf. »Was wird mit mir geschehen?« fragte sie das Mädchen.
»Nichts.«
»Nichts?« flüsterte Tara verwirrt.
»Wenn Sie sich ordentlich benehmen. Sie hätten nicht allein in den Wald reiten dürfen.«
»Und diese Männer hätten mich nicht überfallen sollen! Ich ...«
»Schweigen Sie!« befahl die Indianerin und lief aus der Hütte. Die Tür fiel ins Schloß.
Verzweifelt versuchte Tara, den
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