Wechselspiel der Liebe
Hände dieser liebenswürdigen Frau zu ergreifen.
Mary sagte etwas in der Indianersprache. Sie schien ihren Stiefsohn zu tadeln. In höflichem, aber energischem Ton antwortete er, zuckte die Achseln und ging davon. Die drei Frauen betraten die Hütte.
»Bitte, setz dich.« Naomi berührte Taras Schulter. »Iß Brot mit uns.« Dann flüsterte Mary ihr etwas zu, und die junge Indianerin lächelte. »Sie sagt, du seist so schön, daß du das Auge blenden würdest.«
»Oh — bitte danke ihr in meinem Namen.«
»Mary versteht deine Sprache. Ihrem Mann zuliebe lernte sie Englisch, aber seit seinem Tod spricht sie's kaum noch.«
Da wandte sich Tara wieder zu Mary. »Vielen Dank.«
Nachdem sie Platz genommen hatten, tischte Mary Koonti-Brot mit Kürbis und getrocknetem Rehfleisch auf. Wie Naomi erklärte, züchteten die Indianer auch Rinder. »Aber in letzter Zeit haben wir viele verkauft. Man behauptet, wir müßten bald wieder flüchten.«
»Wieso?« fragte Tara. »Das ist euer Land.«
Seufzend zuckte Naomi die Schultern. »Ja, nach dem Vertrag von Moultrie Creek noch für einige Jahre. Daran scheinen die Weißen jedoch nicht mehr zu denken. Aber Krieger wie Osceola wollen nicht kapitulieren. Also werden wir nicht in den Westen ziehen.«
Nun mischte sich Mary ein, dann bedeutete sie Tara, tüchtig zuzugreifen.
»Sie sagt, die jungen Weißen würden uns nicht verstehen«, übersetzte Naomi. »Seit sie hierherkamen, wurden wir immer wieder aus unseren Dörfern vertrieben. Aber sie wird nicht in den Westen gehen. Hier ist sie zu Hause.«
»Das verstehe ich nicht.« Tara runzelte die Stirn. »Wenn Jarrett und James Brüder sind ...«
»Natürlich wird Jarrett niemals eine Waffe gegen seine eigenen Leute erheben«, erwiderte Naomi, »aber ebensowenig seinen Bruder und dessen Familie vergessen. Er hat uns ein Stück Land übergeben, einen Teil unseres Erbes, da James der Sohn Sean McKenzies ist. Aber die Gratwanderung zwischen zwei feindlichen Parteien ist nicht leicht. James hat sich für sein Indianerblut entschieden. Wenn der Krieg uns zur Flucht zwingt, wird er uns begleiten und beschützen — und letzten Endes auch die Weißen bekämpfen, wenn ihm nichts anderes übrigbleibt.«
»Vielleicht wird's nicht dazu kommen«, flüsterte Tara unglücklich.
Wieder ergriff Mary das Wort, und Naomi dolmetschte lächelnd: »Sie sagt, du hast ein gutes Herz, Tara, und sie ist froh, daß du Jarretts Frau bist.«
Erfreut nickte Tara ihrer Schwiegermutter zu. »Danke, Mary.«
»Und sie hofft, du wirst Jarrett viele Söhne schenken«, fügte Naomi hinzu.
»Oh ...« Tara spürte, wie ihr Herz schneller schlug. »Was — was ist mit Lisa geschehen, Jarretts erster Frau?«
Unsicher wechselte Naomi einen Blick mit Mary, die ihr zunickte, dann antwortete die junge Indianerin: »Sie starb hier, in unserem Dorf.«
Taras Atem stockte. »Aber ...«
»Warum behaupten die Weißen unentwegt, wir hätten sie getötet?« fragte Naomi bitter. »Nur weil sie in unserer Mitte starb ...«
»Ja — warum?« drängte Tara.
»Unglücklicherweise überlebte sie ihre Niederkunft nicht«, erzählte Naomi leise. »James und Jarrett waren gerade unterwegs. Damals versuchten sie noch, gewisse Dinge ohne Blutvergießen zu klären. Außerhalb von Fort
King fand eine große Versammlung statt, an der sie teilnahmen. Lisas Baby sollte erst in zwei Monaten zur Welt kommen. Aber eines Morgens beschloß sie, bei Mary und mir auf Jarrett zu warten. Davon wußten wir nichts. Nachts kam Jeeves zu uns, voller Sorge, weil sie ihn nicht von ihrer Ankunft in unserem Dorf benachrichtigt hatte.«
»Mein Gott! Was ...«
»Sie war vom Pferd gestürzt. Mitten im Wald fanden wir sie. Meine Schwiegermutter versteht sehr viel von heilsamen Kräutern und Wurzeln, und sie tat ihr Bestes. Aber Lisa und das Baby starben. Das Kind tat keinen einzigen Atemzug, und seine Mutter verblutete.«
»Um Himmels willen.« Tränen glänzten in Taras Augen.
»Bei ihrem Sturz hatte sie schwere innere Verletzungen erlitten. Kein weißer Arzt hätte sie retten können. Aber sie starb hier bei uns. Und du kannst dir denken, wie die Menschen, die uns hassen, die Wahrheit verdrehen.«
Bedrückt starrte Tara vor sich hin. Was mochte Jarrett empfunden haben, als er heimgekehrt war und vom Tod seiner geliebten Frau erfahren hatte? Auch der Verlust seiner kleinen Tochter mußte ihm sehr nahe gegangen sein.
Nun begann Mary wieder zu sprechen, in ernstem, eindringlichem Ton, und Naomi
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